Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
ein paar Wochen, wenn alles geklärt sei. Sie bat um die Adressen von Brockenhäusern, Antiquitätenhändlern und Räumungsfirmen, denn ausser Fotos wollte sie nichts mitnehmen. Peter versprach, ihr die Adressen zu liefern, wies sie aber darauf hin, dass man erst die Testamentseröffnung abwarten müsse, möglicherweise gebe es da noch Überraschungen, wie beispielsweise eine bisher verborgene Freundin, die Anspruch auf den Inhalt der Wohnung habe.
Madame Buchmann lächelte erstaunt und sagte, daran habe sie gar nicht gedacht – irgendwie hoffte sie, dass diese Dame auftauchen würde. Dann wüsste man wenigstens, dass ihr Bruder nicht so einsam gewesen sei, wie es den Anschein mache.
*
Auf dem Heimweg kaufte Nick fürs Nachtessen ein: breite Nudeln, tiefgekühlten Blattspinat, Rauchlachs aus dem Nordatlantik, Nüsslisalat, Toastbrot. Alles andere für die Zubereitung von Pappardelle al salmone hatte er im Vorrat; auch ein kleines Döschen Foie Gras zum Salat lagerte im Keller. Zur Foie Gras passte ein Elsässer Tokai Pinot Gris, zu den Teigwaren mit Lachs konnte man dabei bleiben oder einen Bordeaux trinken. Er freute sich auf den Abend; den Gedanken, dass es so etwas wie ein 'last supper' war, liess er gar nicht aufkommen. Die Geschichte mit Andrew und St. Martin war nur ein hässliches Missverständnis, das sich innert Kürze auflösen würde.
Zuhause am Schreibtisch übertrug er die Fotos auf seinen Laptop. Sie waren nicht besonders scharf, aber mit dem Bearbeitungsprogramm liessen sich noch einige Verbesserungen erreichen. Er speicherte alle Bilder auf einem Memory Stick, den er im Vorratsregal im Weinkeller versteckte – zwischen Grissini und Erbsen war er viel sicherer als unter Socken oder T-Shirts, und die akribische Angela würde ihn trotzdem finden, falls ihm etwas zustossen sollte. Von den zwei besten Bildern druckte er je zwei Kopien aus, steckte sie in einen Umschlag, den er in der Innentasche seiner Winterjacke verstaute, dann löschte er die Fotos auf dem Laptop wieder und leerte den elektronischen Papierkorb.
Seine Strategie war klar: erstens würde er Toggenburger mit den Fotos dazu zwingen, den Polizeikommandanten anzurufen und seine Klage über Nick zurückzuziehen. Zweitens sollte Toggenburger sich selbst anzeigen wegen Steuerbetrugs, und drittens würde man sehen, ob er sogar der Mörder von Matossi war. Wenn sich der Unternehmer weigerte, den Forderungen nachzukommen, wären die Bilder innert Stunden bei Steff Schwager und einen Tag später auf der Frontseite der Aargauer Zeitung – der politische Tod für Regierungsrätin Monika Brugger und Grossrat Adrian Toggenburger, aber wohl auch das berufliche Aus für Nick Baumgarten.
Er rief Angela an und bat sie, über das Direktionssekretariat der Tomet AG herauszufinden, wo sich der Chef morgen früh aufhalten werde. „Du musst irgendeinen Grund erfinden, warum du anrufst, zum Beispiel dass du Journalistin bist und ganz dringend einen Gesprächstermin mit Toggenburger brauchst, weil du bei einer anderen Partei einen Skandal entdeckt hast, oder sowas in der Art. Ich muss nur wissen, wo er morgen zwischen acht und zehn Uhr ist. Danke, ciao.“
Dann wusch er den Salat, holte den Tokai Pinot Gris und eine Flasche Pichon Longueville Comtesse de Lalande, Marinas Lieblingsbordeaux, aus dem Keller und ging unter die Dusche. Er wollte sich eine Stunde hinlegen und den verpassten Schlaf der letzten Nächte nachholen.
Kurz vor sechs Uhr kam eine SMS von Angela: 'Du musst früh aufstehen morgen, T. ist ab halb sieben im Büro, erste Sitzung um acht. Viel Vergnügen.'
'Kein Problem, danke. Melde mich morgen wieder', schrieb er zurück und begann mit den Vorbereitungen für das Nachtessen. Er hackte eine Schalotte, schnitt den Rauchlachs in feine Streifen, erwärmte den Blattspinat mit etwas Knoblauch und setzte das Wasser für die Nudeln auf. Er öffnete den Pinot Gris und schenkte sich ein Glas ein – Köche müssen etwas zu trinken haben, das hatte schon seine Grossmutter immer gesagt – dann präparierte er den Nüsslisalat mit wenig Sherry-Essig und Olivenöl, verteilte ihn auf zwei Salatteller und legte je zwei dünne Scheiben Gänseleber daneben. Das Wasser kochte genau in dem Moment, als Marina zur Tür hereinkam und ihren Mantel ablegte. Er ging auf sie zu und nahm sie in seine Arme.
„Schön dass du gekommen bist. Ich habe dein Lieblingsessen vorbereitet.“ Er hielt sie von sich weg und schaute ihr in die Augen, aber sie wich seinem
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