Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
Blick aus.
„Gibst du einer abgearbeiteten Geschäftsfrau ein Glas Wein, bitte?“ fragte sie und wand sich aus einen Armen, aber er hielt sie fest.
„Gleich“, sagte er, „aber ich muss dich zuerst etwas fragen. Liebst du mich?“
Sie schluckte, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. „Ja“, sagte sie leise.
„Warum gehst du dann mit Andrew fort?“
„Weil es eine einmalige Gelegenheit ist, weil es in St. Martin keinen eiskalten Winter gibt, weil ich mit meinem Leben hier unzufrieden bin, weil ich einen Tapetenwechsel brauche – du kannst auswählen.“
Jetzt weinte sie, die Belastung der letzten Tage hatte sie aus dem Gleichgewicht gebracht. „Ist es nicht möglich, dass wir heute einen letzten gemeinsamen Abend verbringen, ohne ständig darüber zu reden? Ausser Diana, die sich freut, dass ihre Chefin für ein paar Wochen aus dem Hause ist, wollen mich alle davon überzeugen, dass es keine gute Idee ist. Sogar Dr. Hivatal hat sein Missfallen geäussert, allerdings ganz diskret.“
„Und weil alle dagegen sind, kannst du erst recht nicht mehr zurück, nicht wahr?“ sagte Nick, der diese Art von Reaktion von sich selbst gut kannte. Er brachte Marina ein Glas Wein und setzte sich ihr gegenüber. „Du darfst jederzeit absagen, weisst du. Ein Anruf an Andrew genügt.“
Marina schüttelte wütend den Kopf. „Warum ist es für alle so schwierig, meine Entscheidung zu verstehen oder zumindest zu akzeptieren?“ Sie riss ein Küchentuch von der Rolle und trocknete ihr Gesicht. „Ich bin fast fünfzig und hatte in den letzten Monaten immer das Gefühl, etwas zu verpassen. Jetzt bietet sich mir diese Chance, und es gibt einfach keinen anderen Weg für mich, als sie zu packen und für ein paar Wochen in eine andere Welt einzutauchen.“ Sie nahm seine Hände und hielt sie ganz fest. „Ich bin an Weihnachten wieder zuhause, Nick, ich fahre nur zur Probe, nichts ist definitiv.“
„Ausser dass du übermorgen wegfliegst.“
„Ja, und ich komme zurück, das verspreche ich dir.“ Sie hob ihr Glas. „Auf meine Rückkehr?“
Er zögerte, begriff aber im Grunde, dass ihm nichts mehr blieb als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
„Auf deine Rückkehr.“
Sie tranken, dann stand er auf und machte sich konzentriert am Herd zu schaffen. Während Marina den Tisch deckte, warf Nick die Pappardelle ins kochende Wasser und erhitzte ein wenig Öl in einer Pfanne. Er zog die Schalotten darin an, dann kam der Lachs dazu, etwas grob gemahlener Pfeffer, und eine Tasse Halbrahm. Während die Sauce vor sich hin köchelte, tropfte er den Blattspinat ab, prüfte die Bissfestigkeit der Nudeln und goss sie ab, sobald sie al dente waren. Den Spinat mischte er unter die Nudeln, dann schmeckte er die Sauce mit wenig Salz ab und gab sie dazu. Sorgfältig rührte er die Zutaten untereinander, und fertig war das Pastagericht, das Marina so liebte und von dem er immer mehr als genug kochte, so dass für den nächsten Tag genügend Reste blieben.
Nach der Vorspeise wechselten sie zum Rotwein, und es dauerte nicht sehr lange, bis Teller und Flasche leer waren, denn weder Marina noch Nick neigten dazu, bei Stress oder Wut oder Traurigkeit den Appetit zu verlieren, im Gegenteil. Gemeinsam räumten sie auf, während Nick von seinem Fall erzählte, allerdings ohne zu erwähnen, dass er suspendiert war oder dass er sich an der Grenze zum Illegalen bewegte.
Gegen elf Uhr machten sie sich zu Fuss auf den Weg zu Marinas Wohnung an der Schifflände. Sie sprachen wenig, hingen den eigenen Gedanken nach; beiden war klar, dass sie sich nicht mehr sehen würden bis Samstag.
„Schreibst du mir?“ bat Nick, als sie sich vor ihrem Haus zum letzten Mal umarmten.
„Vielleicht“, antwortete sie, küsste ihn und öffnete die Tür. „Pass auf dich auf.“ Sie winkte und verschwand im Hauseingang. Nick wartete, bis in ihrer Wohnung das Licht anging, dann machte er sich mit schwerem Herzen auf den Heimweg.
Freitag
„Guten Tag, Herr Toggenburger, mein Name ist Nick Baumgarten von der Kantonspolizei. Haben Sie einen Moment Zeit?“ Toggenburger hatte gerade seinen Wagen auf dem reservierten Parkplatz vor seiner Firma abgestellt. Als er die Tür zuschlug und sich umdrehte, trat ihm Nick entgegen.
„Was fällt Ihnen ein, mich einfach so zu überfallen? Überhaupt sind Sie doch suspendiert und haben hier gar nichts zu suchen. Verschwinden Sie.“ Er trat einen Schritt vor und baute sich vor seinem Besucher auf; Nick erinnerte sich an
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