Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
den Deckel aufklappte und den Inhalt auf dem Tisch ausbreitete.
Es waren fünf Umschläge aus dickem, beigem Papier, so wie sie in vornehmen Schreibgarnituren zu finden sind. Auf den verschlossenen Umschlägen standen in Matossis Handschrift je ein Name und ein Ort: Edith Buchmann, Colmar; Maja Studer, Rheinfelden; Kurt Fritschi, Aarau; Paul Hintermeister, Aarau; Ernesto De Cicco, Erlinsbach.
Neben die Umschläge legte Edith Buchmann einen filigran geschmiedeten silbernen Ohrring mit türkisfarbenen Steinen und sagte: „Das ist alles, mehr ist nicht im Schliessfach.“
Angela lief ein kalter Schauer über den Rücken; sie wechselte einen Blick mit Nick, der fast unmerklich den Kopf schüttelte.
„Sind Sie einverstanden, Frau Buchmann, wenn wir alle zurück in unser Büro fahren und die Gegenstände mitnehmen? Sie könnten Ihren Brief dort in Ruhe öffnen und uns sagen, was drin steht – nur wenn Sie wollen, natürlich. Wir besprechen dann auch, wie die anderen Briefe zu den Adressaten kommen, und was mit dem Schmuck passiert.“ Nick legte soviel Charme wie möglich in seine Stimme, denn jetzt war es absolut essenziell, dass Edith Buchmann mitmachte. Ohne ihre Kooperation wären die weiteren Ermittlungen in Frage gestellt.
Sie zögerte, ihr Blick ging von Nick zu Angela und wieder zurück. Sollte sie den zwei Polizisten vertrauen oder ihren Bruder schützen? Machte es überhaupt einen Unterschied? Sie stand auf, packte die Briefe und den Ohrring in ihre Handtasche, ging zur Türe und bat den Direktor herein. „Die Kassette ist jetzt leer, mein Bruder braucht das Schliessfach nicht mehr. Hier ist der Schlüssel. Schulde ich Ihnen noch etwas?“ Der Direktor verneinte, liess den Lift kommen und begleitete die Besucher nach draussen, wo er sich verabschiedete.
Erst dann sagte Edith Buchmann: „In Ordnung, ich komme mit Ihnen. Meine Bedingung ist, dass ich heute noch zurück ins Elsass fahren kann.“
Nick lächelte sie erleichtert an. „Danke, Frau Buchmann, vielen Dank. Ich schätze, dass Sie spätestens um die Mittagszeit losfahren können.“ Er öffnete die Beifahrertüre von Angelas Wagen. „Bitte steigen Sie ein, wir sehen uns gleich im Polizeikommando. Die Kaffeemaschine wartet schon auf uns.“
Er stieg in seinen eigenen Wagen und versuchte auf der kurzen Fahrt, den Gedanken an Andrew und Marina in der ersten Klasse eines Air France-Jets Richtung Karibik zu verdrängen. Gemäss Flugplan hatten sie vor kurzem in Paris abgehoben, und vermutlich tranken sie schon das erste Glas Champagner. Ein bitterer Geschmack breitete sich in seinem Mund aus, und beinahe hätte er den alten Mann auf dem Zebrastreifen übersehen. Er atmete tief ein und wieder aus; gerade jetzt konnte er es sich nicht leisten, die Konzentration zu verlieren. Er spürte, dass sie sich einer Lösung näherten.
*
Peter Pfister fing seinen Chef auf dem Weg zum Sitzungszimmer ab. „Angela hat mich angerufen, ich habe Croissants besorgt und die Kaffeetassen vorgewärmt. Jetzt wird es ja richtig spannend! Paul Hintermeister sitzt übrigens immer noch in Davos; sobald er sich bewegt, werden wir informiert.“ Er ist trotz allem immer noch begeisterungsfähig, dachte Nick, man muss nur wissen, wie man ihn richtig beschäftigt und einbezieht.
„Danke, Peter, dein Anruf beim Bankdirektor war sehr nützlich. Woher kennst du ihn eigentlich?“
„Nun ja, also, ähm, wie soll ich sagen – ach weisst du, ich erkläre es dir ein andermal. Wir sollten die Damen nicht länger warten lassen.“ Er öffnete die Tür, aber da sass noch niemand. „Also gut, ich gebe zu, dass ich den Direktor kenne, weil wir beide auf dem Driving Range in Unterentfelden unseren Abschlag üben.“
Nick staunte nicht schlecht. „Du und Golf? Das ist doch eher ein Sport für die oberen Zehntausend, oder?“
„Nicht in Spanien“, erwiderte Peter stolz, „in Las Rosas gehört ein Golfplatz zu unserer Siedlung, und die Mitgliedschaft kostet nur wenige Hundert Euro. Ich gehöre zwar noch zu den Anfängern, aber diesen Sommer erreiche ich hoffentlich die Platzreife. – Ah, bonjour Madame Buchmann, ça va bien? Désirez-vous un café?“
Nick schüttelt den Kopf und verkniff sich das Lachen; auch Angela prustete beinahe los, hielt sich aber gerade noch die Hand vor den Mund. Sie machten es sich bequem, bedienten sich mit Kaffee und Gebäck, dann übernahm Nick die Regie.
„Frau Buchmann, zeigen Sie uns doch bitte noch einmal, was sie im Schliessfach Ihres Bruders
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