Dekan Diavolo
der Dunkelheit lagen die schrägen Weiden und Wiesenflächen wie blaues Wasser. Nirgendwo brannte ein Licht.
Suko drehte sich um. Verfolger konnte er ebenfalls nicht entdecken. Überhaupt kam ihnen die letzte Attacke vor wie ein Alptraum. Als wäre sie nicht vorhanden gewesen. Der zerstörte Wagen allerdings redete eine deutliche Sprache.
Gaby blieb stehen. Sie hob die schmalen Schultern. »Ich friere!« flüsterte sie. »Vorhin, als wir gegen den Baum fuhren, hatte ich das Gefühl, mein Kopf würde abgerissen. Vielleicht wäre es auch besser gewesen.«
»Wie meinen Sie das?«
»Nur so. Die Finsteren haben uns gezeigt, wo es langgeht. Dieser Mann auf dem Motorrad. Ich kann mir schon denken, wer es gewesen ist. Ja, ich bin sogar sicher.«
»Und wer könnte es gewesen sein?«
»Goran!«
Suko preßte für einen Moment die Lippen zusammen. Auch er kannte diesen Goran. Der Mann bezeichnete sich selbst als Stellvertreter Diavolos. Er war rücksichtslos, brutal und gefährlich. Ein Mensch wie er ging über Leichen.
»Sie sind also alle da!« murmelte Suko. »Zagreb haben sie verlassen, um in Deutschland weiterzuleben. Sagen Sie, Gaby, hat es denn schon neue Selbstmorde gegeben?«
»Nein, nicht.«
»Kennen Sie den Grund?«
»Die Zeit ist vorbei. Es wird jetzt etwas anderes gelehrt. Der Dekan kann sich nicht erlauben, seine Diener zu verlieren. Er braucht sie auch. Sie werden auf dieser Horror-Uni vorbereitet, um in die Städte zu gehen, wo sie andere Menschen anwerben und sie mit diesen Irrlehren vertraut machen.«
»Dann wird es höchste Zeit, daß wir die verdammte Horror-Uni schließen«, erklärte Suko.
»Das versuchen Sie mal.«
»Wollten Sie das nicht auch?«
»Klar, aber diese Warnung hat mir im Prinzip gereicht. Ich möchte am liebsten umkehren.« Zur Bestätigung ihres Vorhabens drehte sie sich herum.
Suko sprach dagegen. »Es kann ja nicht mehr zu weit sein. Außerdem habe ich meinem Freund John Sinclair eine Nachricht hinterlassen. Er und Will Mallmann werden sich nach ihrer Rückkehr auf den Weg machen und uns sicherlich finden.«
»Falls sie zurückkehren.«
»Wieso?« fragte Suko erstaunt. »Glauben Sie daran, daß man die beiden…?«
»Ich weiß nichts.« Sie lehnte ihren Kopf gegen Sukos Schulter. »Ich weiß überhaupt nichts mehr. Am liebsten würde ich hier stehenbleiben und anfangen zu heulen. Es ist alles so gekommen, wie ich es mir nicht vorgestellt habe.«
»Wir gehen weiter.«
»Und dann?«
»Schauen wir uns die Uni mal von innen an. Wenigstens ich. Sie können mir einige Tips geben.«
»Wenn Sie meinen.« Überzeugt klang es nicht.
Suko wußte, daß Gaby Trost brauchte. Er faßte sie bei der Hand, als sie ihren Weg fortsetzten. Beide gingen hinein in die Stille der Nacht. Nur ihre Schritte waren zu hören.
Ab und zu strich der Wind über die Höhen und fächerte gegen ihre Gesichter. Goran ließ sich nicht blicken. Die Straße lag frei vor ihnen, war leider nicht weit einsehbar, weil das graue Band sehr schnell von der Dunkelheit verschlungen wurde.
Den schwarzen Gegenstand entdeckten sie trotzdem. Er stand mitten auf der Fahrbahn und bildete ein Hindernis. Was es genau war, konnten sie nicht erkennen.
Erst beim Näherkommen wunderten sie sich über den geschwungenen Umriß, der an einer Stelle sehr schmal in die Höhe wuchs und aussah wie ein verlängertes Fragezeichen.
Zugleich wußten sie, um was es sich handelte. Wie durch eine Faust gestoppt, blieb Gaby Wittmann stehen. »Der Schwan!« keuchte sie.
»Das ist der schwarze Schwan. Das Zeichen des Ramis. Gütiger Himmel…«
»Bleiben Sie hier stehen!«
»Und Sie?«
»Ich sehe ihn mir genauer an.«
»Seien Sie vorsichtig. Die Schwäne enthalten den Geist des Ramis. Sie sind nicht harmlos.«
»Ich weiß.«
In Zagreb war es den Finsteren gelungen, mit Hilfe des Schwans zu entkommen. Goran hatte dafür gesorgt. Jetzt war Suko gewarnt. Neben dem Schwan blieb er stehen. Seine Gefühle waren schwer zu beschreiben. Er rechnete allerdings damit, beobachtet zu werden. Irgendwo in der Dunkelheit lauerten sie. Sie hatten ja auch den Schwan auf die Straße gestellt, also mußten sie Gaby Wittmann und Suko beobachtet haben.
Der Inspektor drehte sich um. Gaby stand unbeweglich auf der Straßenmitte. Er winkte ihr knapp zu, obwohl er sie kaum würde beruhigen können. Dann sorgte er für eine Beseitigung des Hindernisses.
Suko faßte den Schwan nicht an. Er schob ihn mit dem Fuß nach links, damit er seinen Platz im
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