Delete: Thriller (German Edition)
alle infrage kommenden Verstecke in Berlin und Brandenburg durchsuchen«, wandte Eisenberg ein.
»Wir können davon ausgehen, dass Körner das Versteck schon länger kennt«, meinte Morani »Es muss ein Ort sein, den er bereits früher aufgesucht hat, vielleicht schon oft. Sein Vater ist 2003 gestorben, als Julius neunzehn Jahre alt war. Seitdem hat er allein in dem Haus gelebt. Wir sollten vielleicht sein familiäres Umfeld noch mal unter die Lupe nehmen.«
»Da gibt es nicht so viele Ansatzpunkte«, sagte Eisenberg. »Seine Eltern sind tot, die Großeltern ebenfalls. Der Vater war bei Julius Körners Geburt schon fast fünfzig. Er hat einen Onkel mütterlicherseits, mit dem ich gestern gesprochen habe. Der sagt, der Junge sei schon immer seltsam gewesen. Er hat versucht, Julius Körner nach dem Tod seines Vaters für unzurechnungsfähig erklären zu lassen, wahrscheinlich um an das Haus zu kommen, hatte jedoch keinen Erfolg. Seitdem gab es keinen Kontakt mehr zwischen den beiden.«
»Hat er etwas zu möglichen Verstecken gesagt?«, fragte Varnholt.
»Nein. Wenn es eine Familiendatsche gab, dann weiß er nichts davon.«
»Ich habe inzwischen beim Grundbuchamt nachgefragt, aber die haben nichts in ihren Unterlagen«, ergänzte Klausen.
»Was ist mit den Nachbarn?«, fragte Varnholt. »Wissen die nichts?«
»Alles, was wir bisher erfahren haben, ist, dass Körner sehr zurückgezogen gelebt hat«, sagte Eisenberg. »Er war freundlich, aber reserviert und sprach mit kaum jemandem. Die meiste Zeit blieb er zu Hause, fuhr nur hin und wieder zum Einkaufen. Er lebt offenbar von seinem Erbe.«
»Wenigstens können wir davon ausgehen, dass er sich jetzt ruhig verhält und wir nicht mit weiteren Morden rechnen müssen«, meinte Klausen.
»Ich weiß nicht. Ich habe ein ungutes Gefühl«, sagte Morani.
»Warum?«, wollte Eisenberg wissen.
»Ich frage mich, was er tun wird, wenn er merkt, dass sein Plan nicht funktioniert. Um es mit seinen Worten zu sagen: Wenn er begreift, dass die Admins das Experiment nicht beenden werden.«
57.
»Julius.« Die Stimme ist nur ein Flüstern in deinem Kopf. Du fährst herum. Licht. Wo ist das Licht? Schaltest die Taschenlampe ein, leuchtest den Raum ab. Da ist nichts. Nur Minas gleichmäßiges Atmen neben dir.
»Julius!« Ein Schauer läuft über deinen Rücken.
»Ja?«
Ein Kichern.
»Ich kann dich sehen, Julius.«
Du schluckst. »Hol mich hier raus!«, rufst du. »Bitte!«
Mina schreckt aus dem Schlaf.
»Was ist denn?«
Wieder dieses Kichern.
»Das geht leider nicht. Das Experiment muss weitergehen.«
Du spürst die Tränen kommen.
»Bitte, zeig mir die Wirklichkeit! Nur für einen kurzen Moment! Dann werde ich euch auch nie wieder stören. Zeig mir die Wahrheit, dann stelle ich mich der Polizei. Ich führe sie her und zeige ihnen, wo die Leichen liegen. Sie werden mich in eine Anstalt sperren, und alles wird sich wieder beruhigen. Dann habt ihr erreicht, was ihr wolltet.«
Mina beugt sich über dich. Sagt etwas zu dir. Du kannst es nicht verstehen. Obwohl sie nur flüstert, füllt die Stimme deinen Kopf vollständig aus.
»Aber wir haben es doch schon erreicht. Verstehst du es immer noch nicht? Du bist das Experiment!«
»Nein!« Du presst die Hände auf die Ohren. Willst die Stimme nicht hören. »Bitte nicht! Bitte, bitte nicht!«
Mina rüttelt an deiner Schulter, doch du stößt sie beiseite. Unbarmherzig fährt die Stimme fort.
»Wir wollten sehen, wie ein Sim reagiert, wenn er herausfindet, dass er nicht echt ist. Wir wollten wissen, ob er die Wahrheit verdrängt oder nach ihr sucht und wenn er sie findet, ob er sie erträgt. Du hast es uns gezeigt.«
»Dann holt mich endlich hier raus!«, schluchzt du. »Schaltet das Experiment ab!«
Die Stimme kichert wieder.
»Aber nein! Du bist ein Star, weißt du das denn nicht? Du bist die Nummer eins in den Charts! Wir können das Experiment jetzt nicht beenden! The show must go on!«
»Nein!«, schreist du. Du schlägst dir mit der Faust gegen die Stirn. Immer wieder. »Nein! Lasst mich in Ruhe! Lasst mich endlich in Ruhe!«
58.
Mina schreckte hoch. Es war stockdunkel, doch diesmal wusste sie sofort, wo sie war. Ihr Entführer hatte etwas gerufen.
»Was ist denn?«, fragte sie schlaftrunken und bekam eine Gänsehaut. Es war, als spreche er mit jemandem im Raum – jemand Unsichtbarem, Unhörbarem. Offenbar hatte er jetzt völlig den Verstand verloren. Sie tastete sich zu seiner Luftmatratze vor. Er hatte arglos
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