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Delete: Thriller (German Edition)

Delete: Thriller (German Edition)

Titel: Delete: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Olsberg , Karl-Ludwig von Wendt
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gekachelte Nische. Ein Plakat, das offenbar noch aus dem Kalten Krieg stammte, klärte über das Verhalten bei einem Atomangriff auf.
    Einen Moment lang war sie eher verwundert als besorgt. Sie konnte sich nicht erklären, wie sie hierhergekommen war.
    Dann fiel ihr der junge Mann im Rollstuhl wieder ein. Der Schock der Erkenntnis ließ sie einen Laut ausstoßen, als hätte ihr jemand in den Magen geschlagen. Sie war entführt worden. Aber warum? Das Gespräch mit ihm fiel ihr wieder ein, kurz bevor er sie überwältigt hatte:
    Bist du eine Kontakteinheit?
    Du weißt es? Ich bin froh, dass ich dich gefunden habe!
    Werde ich auch gelöscht?
    Mach dir keine Sorgen! Alles wird gut!
    Wenn er wirklich eine Kontakteinheit war, wenn all das hier nur eine Simulation war, wieso hatte er sie dann hergebracht? War Thomas auch hier? Sie stand auf. Übelkeit befiel sie. Ihre Knie waren weich. Sie stützte sich an der Wand ab und wankte zur schweren Metalltür, die den einzigen Zugang zu diesem Raum bildete.
    Verschlossen. Sie schlug mit der Faust dagegen. Ihre Kraft reichte nicht aus, um mehr als ein schwaches Pochen zu erzeugen.
    »He!«, rief sie, so laut sie konnte. »Lass mich raus! Hilfe!« Ihre Stimme klang erbärmlich.
    Zu ihrer Überraschung hörte sie auf der anderen Seite der Tür Schritte. Ein Schlüssel wurde gedreht und die Tür öffnete sich nach innen. Mina taumelte zurück, erfüllt von einer Mischung aus Hoffnung und Angst. Der junge Mann erschien, eine Thermoskanne und einen Teller mit zwei belegten Brötchen in der Hand. Sie erinnerte sich nur an seinen Screennamen: Schattenhand.
    Er wirkte erschöpft. Seine Augen waren gerötet und glasig, als sei er krank. Sein Gesicht war eingefallen, seine Wangen von Bartstoppeln beschattet. Doch er lächelte.
    »Hallo Mina. Entschuldige, dass ich dich so grob behandeln musste. Ich bin Julius.«
    Sie überlegte, ob sie versuchen sollte, ihn beiseite zu stoßen und zu fliehen. Für ein Mädchen war sie recht kräftig. Doch in ihrem jetzigen Zustand hätte sie ein Armdrücken gegen einen Sechsjährigen verloren. Also beobachtete sie ihn nur misstrauisch.
    »Hab keine Angst«, sagte Julius. Er stellte den Teller und die Thermoskanne auf den Tisch.
    »Was … was soll das?«, brachte Mina heraus. »Wo sind die anderen? Wo ist Thomas?«
    »Eins nach dem anderen«, sagte Julius. »Setz dich erst mal und iss etwas!«
    Sie blieb stehen. »Wo bin ich?«
    »In Sicherheit. Relativ jedenfalls.«
    »Was heißt das?«
    Er zuckte mit den Schultern, eine Geste der Hilflosigkeit.
    »Wirklich sicher ist man in dieser Welt nirgends.«
    »Also ist es wahr? Die Welt ist nicht real?«
    Er zog eine Augenbraue hoch.
    »Ich dachte, das wüsstest du schon.«
    Mina sah sich um. Sie war sich nicht mehr sicher, was sie glauben sollte. Das alles ergab überhaupt keinen Sinn.
    »Wieso bin ich hier?«
    Er wich ihrem Blick aus.
    »Ich … ich wollte nicht … dass dir etwas passiert.«
    »Dass mir was passiert?«
    Er starrte auf seine Füße.
    »Was mit den anderen passiert ist.«
    »Wo sind sie?«
    Er blickte sie an. In seinen Augen lag etwas Dunkles. Furcht? Scham?
    »Sie sind weg.«
    Mina schluckte.
    »Bist du … eine Kontakteinheit?«
    Er lächelte schwach.
    »Nein.«
    »Lässt du mich dann bitte gehen?«
    »Das kann ich leider nicht, Mina.«
    »Warum nicht?«
    »Sie würden mich eliminieren. Sie warten bloß auf eine Gelegenheit.«
    »Wer, sie?«
    »Die Admins.«
    »Du meinst diejenigen, die diese Welt erschaffen haben?«
    »Nicht die Programmierer. Ehrlich gesagt vermute ich, dass diese Simulation von Computern erzeugt wurde. Kein Mensch könnte etwas in diesem Detailgrad programmieren. Aber irgendwer kontrolliert, was hier passiert. Ich weiß nicht genau, warum sie das tun. Wahrscheinlich ist es ein Experiment. Aber ich weiß, dass sie da sind. Manchmal kann ich die Schläuche in meinem Hals spüren. Manchmal höre ich sogar ihre Stimmen.«
    Mina starrte ihn an. Plötzlich war ihr seltsam leicht zumute. Sie unterdrückte den irren Impuls, laut loszulachen.
    »Du bist verrückt!«, stieß sie hervor.
    Es war, als hätte sie einen unsichtbaren Schalter umgelegt und aus ihm einen anderen Menschen gemacht. Seine eben noch entspannte Haltung wurde steif. Sein Gesicht gefror zu einer Maske. Seine Augen verengten sich.
    »Was hast du gesagt?«
    Mina schüttelte den Kopf. Wie hatte sie nur so dumm sein können, auf diesen Blödsinn hereinzufallen! Sie wusste nicht, was dieser Julius getan hatte und warum,

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