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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Kaushal
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melodiöse Stimme füllt meinen gesamten Kopf aus.
    »… wahre Kreativität kennt keine Regeln. Es gibt keine Formeln und Vorlagen …«
    Seine Worte umflattern mich wie Schmetterlinge. Ich kann sie nicht einfangen, kann ihre Bedeutung nicht entziffern und habe sie schon nach einer Millisekunde wieder vergessen.
    »… stellt euch Romeo und Julia beim Tangotanzen vor. Shakuntala , inszeniert als Tragödie oder herzerweichende Romanze … Stellt euch vor, wie jede Neuinterpretation die Sinne neu anspricht, einen Wiedererkennungseffekt auslöst und trotzdem ihre ganz eigene Symbolik hat …«
    Bin ich krank, habe ich Fieber? Oder bin ich vielleicht dehydriert und bilde mir deshalb Dinge ein?
    »… und das, Leute, ist das Faszinierende am Theater. Alles kann aus allen nur erdenklichen Blickwinkeln betrachtet werden. Alles wird kondensiert und vergrößert zugleich. Drama, Leidenschaft …«

    Sein – ebenfalls leidenschaftlicher – Blick trifft meinen. Zitternd sehe ich weg.
    Ich muss ihn wiedersehen. Der Gedanke daran füllt den restlichen Tag aus. Er wird immer lauter, begleitet mich im Bus nach Hause. Mit bunter Musik explodiert er in meinen Träumen.
    Er und ich treffen uns wieder. Das Zimmer ist unendlich, dunkel und heiß. Lichtblitze durchzucken es, die Musik ist betäubend: rot und blau und grün. Von jenseits der Musik sieht er mich an, von jenseits farbiger Wellen … Als sich unsere Blicke treffen, sieht er nicht weg. Ich auch nicht, ich kann den Blick nicht abwenden. Seine Augen lassen meine nicht los, sie brennen, werden größer und größer, und schließlich verschlingen sie mich. Seine Finger winden sich weich und hart und endlos um meine. Funken fliegen aus unseren ineinander geschlungenen Händen, explodieren und umgeben uns mit einer Feuerkugel. Im Zentrum der Kugel legt er seinen Arm um meine Taille, drückt sich an mich und ich schmelze, verschwinde …
    Als ich aufwache, habe ich großen Durst. Es ist zwei Uhr früh. Im Esszimmer brennt Licht; Ma ist noch wach. Ich schleiche ins Badezimmer, benetze mein Gesicht mit Wasser. Eine Woche später fahre ich mit dem Sammeltaxi nach Dhaula Kuan und steige in den Bus Richtung Universität.
    Das ist Wahnsinn, denke ich, als ich in dem schaukelnden Bus sitze und vor mich hin starre. Ich muss an
schleichender Demenz oder einer anderen schlimmen Krankheit leiden, bei der man langsam die Vernunft verliert – Rupa wüsste bestimmt, was es ist. Seltsam ist, dass ich weiß, dass ich verrückt bin, und dass ich trotzdem weiter verrückte Sachen mache. Irgendwo habe ich gelesen, dass Verrückte in der Antike gesteinigt wurden.
    Die Stadt saust am Busfenster vorbei. Ein Drachen hängt in einem Baum; ein Lastwagen steckt fest; ein kleiner Stau löst sich auf, ein Ochsenkarren, beladen mit merkwürdigen runden grünen Dingern, zieht vorbei. Die grünen Dinger sind in einem Muster angeordnet, das ich interessant finden würde, wenn ich wirklich hingesehen hätte. Aber ich sehe nicht hin. Ich kämpfe mit den inneren Dämonen, die es sich in mir gemütlich gemacht haben. Seit einer Woche kämpfe ich schon, und momentan weiß ich nicht, wer im Vorteil ist – sie oder ich.
    Es hat nichts bedeutet. Ich habe überreagiert. Die Sonne war zu stark. Ich hatte Kopfschmerzen wegen der Hitze. All diese Argumente habe ich meiner Vernunft wieder und wieder vorgetragen, aber leider glaubt sie mir keines. All diese blöden Liebespaare mit ihrer Turtelei und ihren ständigen SMS haben mir diesen Floh ins Ohr gesetzt. Die Jaimes und Brads, die Richas und Bobs’, die Keds’ und Nikkis … So flehte ich, aber meine Vernunft nickte nur und fragte mich, wieso ich, wenn das stimme, vor jeder Englischstunde so nervös sei? Wieso ich rot werde, wenn irgendjemand, und sei es die alte Q, den Theater-Workshop erwähnt? Eine Schwärmerei, es ist nur eine blöde Schwärmerei. So was hatte ich schon öfter ,
flehte ich weiter. Herzlos erinnerte mich meine Vernunft an die Schwärmereien davor – für Mr Beatty, den Tennislehrer, für den Hausmeister Jack Rooney, für Kevin, der bei Starbucks arbeitete und bei dem Ma immer ihren Kaffee kaufte, sogar für Kristen Haydays älteren Bruder Toby, der ein Schlangentattoo trug. Das alles waren sanfte Sommerbrisen im Vergleich zu dem dunklen Gewitter, das schon die ganze Woche lang in meinem Inneren tobt.
    Ich muss ihn mir einfach aus dem Kopf schlagen. An mir liegt es nicht. Ich bin keines dieser liebesromanlesenden, tagträumenden Mädchen, die an

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