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Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin

Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin

Titel: Delia 1 - Delia, die weisse Indianerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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Finsternis, verlor Delia jedes Gefühl für Zeit. Wenn sie wenigstens eine Uhr gehabt hätte! Schlafen konnte sie auch nicht mehr, denn sie war überhaupt nicht müde. Ohne den Mops, mit dem sie doch immerhin im Dunkeln spielen und plaudern konnte, hätte sie es sicher nicht durchgehalten.
    Es dauerte viele, viele Stunden, bis ihr die veränderte Bewegung des Schiffes, das heftige Klatschen der Wellen gegen die Schiffswand verriet, dass sie die Elbe hinter sich gelassen und die offene See erreicht haben mussten.
    Jetzt wagte sie es, einmal nach vorn zur Treppe zu klettern. Sie zündete ihre Kerze an und sah zu ihrem Schrecken, dass der Aufstieg zum Zwischendeck versperrt war. Eine schwere Falltür war herabgelassen, die sich nicht aufstemmen ließ. Wahrscheinlich war sie von oben her verschlossen.
    Delia war es plötzlich, als bekäme sie keine Luft mehr. Es war ein schreckliches Gefühl, hier unten im Dunkeln eingesperrt zu sein. Dann hörte sie ihren Mops leise blaffen und wandte sich suchend nach ihm um. Der kluge kleine Kerl hatte im anderen Teil des Schiffsbauchs, dort, wo die Proviantkisten lagerten, einen zweiten Aufstieg entdeckt.
    Delia schlich sich zu ihm hin und blickte die Treppe hinauf. Ein schwacher Lichtschein drang herunter. Noch war es also Tag. Jeden Augenblick konnte noch einmal einer der Matrosen herunterkommen. Delia begriff, dass sie gut daran tat, sich rasch wieder zu verstecken.
    Aber bevor sie sich zurückzog, schöpfte sie Wasser mit einem kleinen Blechnapf, den Katinka ihr vorsorglich in den Mantelsack gesteckt hatte, trank und versorgte dann ihren Mops. Sie füllte den Napf noch einmal und balancierte ihn dann vorsichtig in ihr Versteck zurück. Sie fand den Ballen mit den Federbetten, auf dem sie in der vorigen Nacht so gut geschlafen hatte. Er war nur ein bischen zusammengequetscht von den Kisten, die neu dazugekommen waren. Sie richtete sich häuslich ein und löschte ihre Kerze wieder.
    Im Dunkeln nahm sie den großen Brotlaib, den sie sich als Proviant eingepackt hatte, schnitt einen Kanten ab und gab ihn ihrem Mops. Dann schnitt sie ein Stück Brot für sich selbst ab.
    Allmählich wurde sie wieder müde, und da sie nichts Besseres zu tun hatte, schlief sie ein.
    Als sie erwachte, wusste sie nicht, wie lange sie geschlafen hatte – eine Stunde oder acht? Nichts hatte sich hier unten verändert. Immer noch war es stockdunkel, und das große Schiff glitt stetig voran.
    Sie kletterte wieder aus dem Versteck heraus und nach vorn zu der Treppe, die der Mops entdeckt hatte. Jetzt war es oben dunkel; es musste Nacht sein.
    Delia entschloss sich, es zu wagen und an Deck zu steigen, um frische Luft zu schnappen. Als sie durch das Zwischendeck kletterte, hörte sie Schnarchen, Stöhnen, Weinen. Sie hielt sich nicht auf, stieg weiter – und dann hatte sie das Deck erreicht, und unendlich weit dehnte sich im Mondlicht das dunkel schimmernde Meer vor ihr aus. Es war ein unvergleichlicher Anblick.
    Die Luft war rein und rauh, sie schmeckte nach Salz und Ferne. Delia atmete tief. Sie fühlte sich frei und glücklich, und das Abenteuer, auf das sie sich eingelassen hatte, war wieder voller Glanz und Verheißung. Am liebsten wäre sie die ganze Nacht auf Deck geblieben. Aber die Gefahr, dass sie oder ihr Hund, der die Gelegenheit zum Auslauf benutzte, entdeckt würden, war zu groß. Wohl oder übel musste sie wieder hinunter in ihr dunkles Versteck.
    Die nächsten Tage – Delia versuchte sie zu zählen, aber sie war ihrer Sache nie ganz sicher – vergingen zwischen Schlafen, Warten, Essen, Trinken und den wenigen angstvollen und doch befreienden nächtlichen Ausflügen an Deck.
    So sparsam Delia ihre Rationen auch einteilte, der große Brotlaib schrumpfte immer mehr zusammen, und dennoch wagte sie nicht, sich blicken zu lassen, denn eines wusste sie ganz gewiss: Die „Gutenberg“ hatte noch keinen Hafen angesteuert. Vielleicht war sie geradewegs an England vorbeigefahren und befand sich schon mitten auf dem Atlantischen Ozean? Delia konnte niemanden danach fragen, und so blieb ihr nichts anderes übrig, als weiter durchzuhalten.
    Sie gewöhnte sich an ihr seltsames Leben, und ganz allmählich wurden ihre nächtlichen Ausflüge kühner. Bis eines Nachts das Unvermeidliche passierte: sie wurde entdeckt! Und das kam so:
    Sie hatte sich hinter einer Rolle Tauwerk an Deck niedergelassen, während der Mops, ein schwarzer, kleiner Schatten, schnuppernd umherlief.
    Plötzlich rief die Stimme eines

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