Delia 3 - Delia im Wilden Westen
Oder soll ich ihn noch einmal fragen?“
„Nur Squaws und Feiglinge schwatzen.“
In diesem Ton hatte Akitu noch nie zu ihr gesprochen. Delias Unbehagen stieg. „Nein, Akitu, das ist...“, stotterte sie, „nein, das darfst du wirklich nicht tun! Er kann bestimmt nichts dafür, dass ...“
„Er wird sterben für das Leid, das die Bleichgesichter meinem Volk getan haben.“
„Aber wieso denn Leid, Akitu? Die Iowanokas kommen in eine Reservation. Was das ist, hat mir der Kommandant von Chickdown erklärt. Sie kommen in ein Gebiet, das ihnen gehört, in das kein weißer Mann hineindarf. Dort sind sie vor allen Verfolgungen geschützt.“
Akitu verzog die Lippen verächtlich. „Dort sollen sie als Gefangene der Bleichgesichter leben.“
„Nein, Akitu, sie bekommen Land, neues Land.“
„Alles Land gehört den Indianern. Die Bleichgesichter haben es nur geraubt. Wie können sie es dann verschenken?“
„Akitu“, sagte Delia eindringlich, „willst du denn nicht selber, dass dieser ewige Krieg endlich aufhört? Hast du denn nicht Sehnsucht nach einem friedlichen Leben?“
„Friede wird erst sein, wenn das letzte Bleichgesicht unser Land verlassen hat.“
„Oder wenn der letzte Indianer in einer Reservation ist“, platzte Delia heraus. Fast im gleichen Atemzug fügte sie hinzu: „O Akitu, entschuldige, aber es ist doch wahr!“
Er sah sie nur an, mit einem ausdruckslosen Blick seiner schwarzen schmalen Augen über den hohen Backenknochen. „Gefangener Mann ist Mann ohne Ehre“, sagte er. „Lieber will Akitu am Marterpfahl sterben, als in Gefangenschaft leben.“
„Ach“, sagte Delia zornig, „ihr Indianer seid ja alle verrückt! Ihr könnt bloß nicht auf das ewige Kriegspielen verzichten! Stell dir doch nur einmal vor, wie schön das sein muss ... keine Sorgen, keine Gefahren, nur noch jagen, fischen, klettern, schwimmen ...“
Akitu hörte gar nicht mehr zu. Delia sah, wie er den Hahn des Gewehres spannte, das schussbereit auf seinem Knie lag.
„Was willst du denn tun?“ rief sie.
„Den weißen Mann erschießen. Tapferes Eichhörnchen hat recht. Er ist nicht wert, den Martertod zu sterben.“
„Akitu“, schrie Delia, „tu’s nicht ... bitte, tu’s nicht! Der Trapper ist ja nicht dein Gefangener. Der Professor hat ihn gefangen, und ich habe ihm dabei geholfen!“
Bill, der Trapper, hatte dieser Auseinandersetzung, die in der Sprache der Iowanokas geführt worden war, natürlich nicht folgen können. Aber er hatte doch an Delias Gesicht und an ihrer Aufregung gemerkt, um was es ging, und als Akitu jetzt den Hahn der Flinte gespannt hatte, war er sehr blass geworden.
„Da siehst du selber, was dabei herauskommt, wenn man diesen Wilden Waffen in die Hand gibt“, sagte er.
„Ach, seien Sie doch still“, fuhr Delia ihn an, ohne ihren beschwörenden Blick von Akitu zu lassen. „Sie sind ja selber an allem schuld.“
Niemand hatte in den letzten Minuten auf den Mops geachtet, der, nachdem er seinen Anteil am Frühstück vertilgt hatte, wieder zum Urwald gestreift war. Diesmal war es Akitu, der zuerst auf ihn aufmerksam wurde, und Delia folgte der Richtung seines Blickes. Der Mops schleppte etwas Dunkles, Pelziges aus dem Wald, und zwar gerade von dorther, wo der Trapper vor einer guten Stunde zuerst vor den Kindern erschienen war.
„Akitu“, schrie Delia, „der Professor hat den Bären doch erlegt!“ Denn nichts anderes glaubte sie in diesem Augenblick.
Aber bald stellte sich heraus, dass sie sich geirrt hatte. Was der Mops heranschleppte, war kein junger Bär — das hätte ja auch seine Kräfte bei weitem überschritten —, sondern ein präpariertes und sorgfältig gegerbtes Biberfell. Er zog es zu Delia hin, die es zu Akitu weiterschob.
„Dieses Fell“, sagte Akitu mit steinernem Gesicht, „stammt aus dem Lager der Iowanokas.“
Genau das hatte auch Delia schon vermutet. „Sie haben also doch geplündert“, fuhr sie den Trapper an. „Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt?“
„Ist das etwa ein Verbrechen?“ rechtfertigte er sich. „Die Iowanokas sind fort und werden nie mehr wiederkommen. Hätte ich die Felle den Tieren des Waldes überlassen sollen?“
Darauf würdigte ihn Delia überhaupt keiner Antwort mehr. Sie legte drohend den Bogen mit dem vergifteten Pfeil auf den Trapper an, bat Akitu, dem aufgeregten Mops zum Versteck der Felle zu folgen.
Bald hatten Akitu und der Professor alle herbeigeschleppt, und es war ein ganz beachtlicher
Weitere Kostenlose Bücher