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Delirium

Delirium

Titel: Delirium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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sie flackern und leuchten wie das Licht einer Kerze, die kurz davor ist, ausgepustet zu werden.
    Das Schlimmste ist, dass es unmöglich ist, Alex mitzuteilen, dass ich ihn nicht treffen kann. Ihn anzurufen ist zu gefährlich. Ich hatte vor, zu den Labors zu gehen und es ihm persönlich zu sagen, aber als ich geduscht und angezogen runterkomme und auf die Tür zugehe, hält Carol mich zurück.
    Â»Wo wollen wir denn wieder hin?«, fragt sie scharf. Ich merke, dass sie immer noch wütend ist, weil ich vorhin widersprochen habe – wütend und wahrscheinlich beleidigt. Sie erwartet zweifellos, dass ich vor Begeisterung Luftsprünge mache, weil mir endlich ein Partner zugeteilt worden ist. Sie hat ein Recht, das zu erwarten – vor ein paar Monaten hätte ich wirklich Luftsprünge gemacht.
    Ich senke den Blick und versuche, so lieb und zahm wie möglich zu klingen. »Ich dachte, ich mache noch einen Spaziergang, bevor Brian kommt.« Ich bemühe mich krampfhaft zu erröten. »Ich bin irgendwie nervös.«
    Â»Du hast schon genug Zeit außer Haus verbracht«, fährt mich Carol an. »Und dann bist du nur wieder verschwitzt und dreckig. Wenn du was tun willst, kannst du mir helfen, den Wäscheschrank aufzuräumen.«
    Darauf kann ich nichts entgegnen, also gehe ich hinter ihr her zurück nach oben. Dort sitze ich auf dem Boden, während sie mir ein altes Handtuch nach dem anderen reicht, ich untersuche sie auf Löcher, Flecken und andere Schäden, falte und falte und zähle Servietten. Ich bin so wütend und frustriert, dass ich zittere. Alex weiß nicht, was mit mir los ist. Er wird sich Sorgen machen. Oder schlimmer noch, er wird denken, ich würde ihm absichtlich aus dem Weg gehen. Vielleicht glaubt er, der Ausflug in die Wildnis habe mich verschreckt.
    Es ist mir selbst unheimlich, wie aggressiv ich mich fühle – beinahe wahnsinnig und zu allem fähig. Ich will die Wände hochklettern, das Haus abfackeln, irgendetwas . Ich stelle mir mehrmals vor, wie ich eins von Carols blöden Geschirrtüchern nehme und sie damit erdrossele. Genau davor warnen all die Lehrbücher, Das Buch Psst und Eltern und Lehrer immer. Ich weiß nicht, ob sie Recht haben oder Alex. Ich weiß nicht, ob dieses Gefühl – dieses Ding , das in mir wächst – etwas Fürchterliches und Krankhaftes ist oder das Beste, was mir je passiert ist.
    Wie auch immer, ich kann es nicht aufhalten. Ich habe die Kontrolle darüber verloren. Und das wahrhaft Kranke ist, dass ich trotz allem froh bin.
    Um halb eins bugsiert mich Carol runter ins Wohnzimmer, das ganz offensichtlich aufgeräumt und geputzt worden ist. Die Bestellscheine meines Onkels, die normalerweise überall verstreut liegen, sind zu einem ordentlichen Stapel gehäuft, und keins der alten Schulbücher oder kaputten Spielsachen, die sonst auf dem Boden rumliegen, sind zu sehen. Carol setzt mich auf ein Sofa und fängt an, in meinen Haaren rumzumachen. Ich fühle mich wie ein Preis-Schwein, aber ich hüte mich, irgendetwas dagegen einzuwenden. Wenn ich alles mache, was sie sagt – wenn alles glattläuft –, habe ich vielleicht immer noch Zeit, zur Brooks Street 37 zu laufen, sobald Brian weg ist.
    Â»So«, sagt Carol, tritt einen Schritt zurück und mustert mich kritisch. »Besser wird’s nicht.«
    Ich beiße mir auf die Lippe und wende mich ab. Sie soll nicht merken, dass ihre Worte mich verletzen. Ich hatte ganz vergessen, dass ich ja eigentlich unansehnlich bin. Ich bin inzwischen so daran gewöhnt, dass Alex mir sagt, ich sei schön. Ich bin inzwischen so daran gewöhnt, mich in seiner Nähe schön zu fühlen . Plötzlich habe ich ein ganz hohles Gefühl in der Brust. So wird das Leben ohne ihn sein: Alles wird wieder gewöhnlich werden. Ich werde wieder gewöhnlich werden.
    Ein paar Minuten nach eins höre ich, wie das Gartentor sich quietschend öffnet, jemand den Weg entlanggeht. Ich war so mit Alex beschäftigt, dass ich gar keine Zeit hatte, wegen Brian Scharffs Besuch nervös zu werden. Aber jetzt habe ich den heftigen Drang, zur Hintertür zu rennen oder durch das Fenster zu entkommen. Bei dem Gedanken daran, was Carol wohl tun würde, wenn ich einen Bauchklatscher durch das Fliegengitter hinlegen würde, muss ich unkontrolliert loskichern.
    Â»Lena«, zischt sie mich an, gerade als Brian und seine Mutter

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