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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Soll ich sterben, so muß ich sterben, und dann ist es gleich, ob es hier geschieht oder dort in Amadijah.«
    »Du willst in Dein Unglück rennen, aber Du vergissest, daß Du auch mich darein verwickelst.«
    Dies schien mir der einzige Weg, seiner Hartnäckigkeit beizukommen.
    »Dich? Wieso?« frug er.
    »Bin ich allein hier, so schützen mich meine Firmans; finden sie aber Dich bei mir, den Feind des Mutessarif, den entflohenen Gefangenen, so habe ich diesen Schutz verloren und verwirkt. Dann sind auch wir verloren, Du und ich, alle Beide!«
    Er blickte nachdenklich vor sich nieder. Ich sah, was sich in ihm gegen den Rückzug nach dem Thale Idiz sträubte, aber ich ließ ihm Zeit, einen Entschluß zu fassen. Endlich sagte er mit halber, unsicherer Stimme:
    »Emir, hältst Du mich für einen Feigling?«
    »Nein. Ich weiß ja, daß Du tapfer und furchtlos bist.«
    »Was wird Ali Bey denken?«
    »Er denkt ganz so wie ich, ebenso Mir Scheik Khan.«
    »Und die andern Dschesidi?«
    »Sie kennen Deinen Ruhm und wissen, daß Du vor keinem Feinde fliehest. Darauf kannst Du Dich verlassen!«
    »Und wenn man an meinem Muthe zweifeln sollte, wirst Du mich vertheidigen? Wirst Du öffentlich sagen, daß ich mit den Frauen nach Idiz gegangen bin, nur um Dir zu gehorchen?«
    »Ich werde es überall und öffentlich sagen.«
    »Nun wohl, so werde ich thun, was Du mir vorgeschlagen hast!«
    Er schob resignirt die Flinte von sich fort und wendete sein Angesicht wieder dem Thale zu, welches sich bereits in den Schatten des Abends zu hüllen begann.
    Gerade jetzt kamen die Männer zurück, welche vorher nach Idiz gegangen waren. Sie bildeten einen Zug einzelner Personen, welcher sich im Thale vor uns auflöste.
    Da erscholl vom Grabe des Heiligen her eine Salve, und zu gleicher Zeit kam Ali Bey herauf zu uns mit den Worten:
    »Es beginnt die große Feier am Grabe. Es ist noch nie ein Fremder dabei zugegen gewesen, aber der Mir Scheik Khan hat mir im Namen aller Priester die Genehmigung ertheilt, Euch einzuladen.«
    Das war nun allerdings eine sehr hohe Ehre für uns; aber Scheik Mohammed Emin lehnte sie ab:
    »Ich danke Dir, Herr; aber es ist dem Moslem verboten, bei der Anbetung eines Andern als Allah zugegen zu sein.«
    Er war ein Moslem; aber er hätte diese Abweisung doch in andre Worte kleiden können. Er blieb zurück, und ich folgte dem Bey.
    Als wir aus dem Hause traten, bot sich uns ein seltsamer, unbeschreiblich schöner Anblick dar. So weit das Thal reichte, flackerten Lichter unter und auf den Bäumen, am Wasser unten und auf jedem Felsen in der Höhe, um die Häuser herum und auf den Plattformen derselben. Das regste Leben aber herrschte am Grabmale des Heiligen. Der Mir hatte an der ewigen Lampe des Grabes ein Licht angebrannt und trat damit heraus in den innern Hof. An diesem Lichte zündeten die Scheiks und Kawals ihre Lampen an; von diesen liehen wieder die Fakirs ihre Flammen, und nun traten sie Alle heraus in das Freie, und Tausende strömten herbei, um sich an den heiligen Feuern zu reinigen.
    Wer den Lichtern der Priester nahe zu kommen vermochte, fuhr mit der Hand durch die Flamme derselben und bestrich dann mit dieser Hand die Stirn und die Gegend des Herzens. Männer strichen dann zum zweitenmal durch die Flamme, um den Segen derselben ihren Frauen zu bringen. Mütter thaten ganz dasselbe für ihre Kinder, welche nicht die Kraft besaßen, durch die dichte Menge zu dringen. Und dabei herrschte ein Jubel, eine Freude, die gar nichts Anstößiges hatte.
    Auch das Heiligthum wurde illuminirt. In jede der zahlreichen Mauernischen kam eine Lampe zu stehen, und über die Höfe hinweg zogen sich lange Guirlanden von Lampen und Flammen. Jeder Zweig der dort befindlichen Bäume schien der Arm eines riesigen Leuchters zu sein, und Hunderte von Lichtern liefen an den beiden Thürmen bis zu den Spitzen derselben empor, zwei riesige Girandolen bildend, deren Anblick ein zauberischer war.
    Die Priester hatten jetzt, zwei Reihen bildend, im inneren Hofe Platz genommen. Auf der einen Seite saßen die Scheiks in ihren weißen Anzügen und ihnen gegenüber die Kawals. Diese letzteren hatten Instrumente in der Hand, abwechselnd je Einer eine Flöte und der Andere ein Tamburin. Ich saß mit Ali Bey unter der Rebenlaube. Wo Mir Scheik Khan war, konnte ich nicht bemerken.
    Da ertönte aus dem Innern des Grabes ein Ruf, und die Kawals erhoben ihre Instrumente. Die Flöten begannen eine langsame, klagende Melodie zu spielen, wozu ein

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