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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aus einen wundervollen Anblick bieten müsse, und ging, um mir Halef zur Begleitung zu holen. Ich fand ihn auf der Plattform des Hauses bei dem Buluk Emini sitzen. Sie schienen sich in einem sehr animirten Gespräch zu befinden, denn ich hörte ihn sagen:
    »Was? Ein Russe wäre es gewesen?«
    »Ja, ein Russikow, dem Allah den Kopf abschneiden möge; denn wenn er nicht gewesen wäre, so hätte ich meine Nase noch! Ich haute wie wüthend um mich; dieser Kerl aber holte nach meinem Kopfe aus; ich wollte ausweichen und trat zurück. Der Hieb, welcher den Kopf treffen sollte, traf bloß die – – –«
    »Hadschi Halef!« rief ich.
    Es machte mir wirklich Spaß, die berühmte Geschichte von der Nase auch einmal unterbrechen zu können. Die Beiden sprangen auf und traten auf mich zu.
    »Du sollst mich begleiten, Halef; komm!«
    »Wohin, Sihdi?«
    »Dort hinauf zur Höhe, um zu sehen, wie sich die Illumination des Thales ausnimmt.«
    »O Emir, laß mich mit Dir gehen!« bat Ifra.
    »Ich habe nichts dagegen. Vorwärts!«
    Wir stiegen die nach Baadri zu gelegene Höhe hin an. Überall trafen wir Männer, Frauen und Kinder mit Fackeln und Lichtern, und von Allen wurden wir mit einer wirklich kindlichen Freude begrüßt und angeredet. Als wir die Höhe erreichten, bot sich uns ein geradezu unbeschreiblicher Anblick dar. Mehrere der Dschesidi waren uns gefolgt, um uns zu leuchten: ich aber bat sie, zurückzugehen oder ihre Fackeln zu verlöschen. Wer den Genuß vollständig haben wollte, mußte sich selbst im Dunkeln befinden.
    Da unten im Thale fluthete Flamme an Flamme. Tausend leuchtende Punkte kreuzten, hüpften und schlüpften, tanzten, schossen und flogen durch einander, klein, ganz klein tief unten, je näher aber zu uns, desto größer werdend. Das Heiligthum wallte förmlich von Glanz und Licht, und die beiden Thürme leckten empor in das Dunkel der Nacht wie flammende Hymnen. Dazu ertönte von unten herauf zu uns das dumpfe Wogen und Brausen der Stimmen, oft unterbrochen von einem lauten, nahen Jubelrufe. Ich hätte Stunden lang hier stehen und mich an diesem Anblicke weiden und ergötzen können.
    »Was ist das für ein Stern?« ertönte da neben mir eine Frage in kurdischer Sprache.
    Einer der Dschesidi hatte sie ausgesprochen.
    »Wo?« frug ein Anderer.
    »Siehe die Rea kadisahn da rechts!«
    »Ich sehe sie.«
    »Unter ihr flammte ein heller Stern auf. Jetzt wieder! Siehst Du ihn?«
    »Ich sah ihn. Es ist der Kjale be scheri.«
    Die vier Sterne, welche in unserm Sternbilde den Rücken des Bären bilden, heißen nämlich bei den Kurden ›der Alte‹. Sie meinen, daß sein Kopf hinter einer benachbarten Sternengruppe versteckt sei. Die drei Sterne, welche bei uns den Schwanz des großen Bären bilden (oder die Deichsel des ›Wagens‹, wie dieses Sternbild auch genannt wird), heißen bei ihnen die ›zwei Brüder und die blinde Mutter des Alten‹.
    »Der Kjale be scheri? Der hat doch vier Sterne!« meinte der erste Frager. »Es wird Kumikji schiwan sein.«
    »Der steht höher. Jetzt leuchtet es wieder. Ah, wir sind irr; es ist ja im Süden! Es wird Meschin sein.«
    »Meschin hat auch mehrere Sterne. Was meinst Du, Herr, daß es ist?«
    Diese Frage war an mich gerichtet. Mir schien das Phänomen auffällig.
    Die Fackeln und Lichter unter uns warfen einen Schein in die Höhe, der es uns unmöglich machte, die Sterne genau zu erkennen. Der Glanz aber, welcher von Zeit zu Zeit da drüben aufblitzte, um sofort wieder zu verschwinden, war intensiv. Er glich einem Irrlichte, das plötzlich aufleuchtete und augenblicklich wieder verlöschte. Ich beobachtete noch eine Weile und wandte mich dann zu Halef:
    »Hadschi Halef, eile sofort hinab zu Ali Bey und sage ihm, daß er sehr schnell zu mir heraufkommen möge! Es handle sich um etwas Wichtiges.«
    Der Diener verschwand mit schnellen Schritten, und ich trat noch eine Strecke weiter vor, theils, um den vermeintlichen Stern besser beobachten zu können, theils auch, um allen weiteren Fragen zu entgehen.
    Glücklicher Weise hatte Ali Bey gehört, daß ich heraufgegangen sei, und den Entschluß gefaßt, mir zu folgen. Halef traf ihn eine nur kleine Strecke unter uns und brachte ihn zu mir.
    »Was willst Du mir zeigen, Emir?«
    Ich streckte den Arm aus.
    »Blicke fest dorthin! Du wirst einen Stern aufblitzen sehen. Jetzt!«
    »Ich sehe ihn.«
    »Er ist wieder fort. Kennst Du ihn?«
    »Nein. Er liegt sehr tief und gehört zu keinem Bilde.«
    Ich trat an einen Busch und

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