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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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antwortete ich ergriffen; »ich werde versuchen, ob hier ein Mensch noch helfen kann!«
    Die Kranke lag da mit offenen, heiteren Augen; aber ihre Pupillen waren sehr erweitert. Ihr Angesicht war stark geröthet, Athem und Puls gingen schnell, und ihr Hals bewegte sich unter einem krampfhaften Würgen. Ich frug gar nicht, wann die Krankheit ausgebrochen sei; ich war Laie, aber ich hatte die Überzeugung, daß die Kranke Belladonna oder Stramonium genossen habe.
    »Hat Deine Tochter gebrochen?« frug ich den Mann.
    »Nein.«
    »Hast Du einen Spiegel?«
    »Einen kleinen hier.«
    »Gib ihn her!«
    Der alte Hekim lachte heiser:
    »Der böse Geist soll sich im Glase besehen!«
    Ich antwortete ihm gar nicht und ließ das durch die Fensteröffnung eindringende Licht der bereits niedersteigenden Sonne so auf den Spiegel fallen, daß es auf das Gesicht der Kranken gebrochen wurde. Der blendende Strahl übte keine Wirkung auf die Iris der Kranken aus.
    »Wann hat Deine Tochter zum letzten Male gegessen?« frug ich.
    »Das weiß ich nicht,« antwortete der Vater. »Sie war allein.«
    »Wo?«
    »Hier.«
    »Es ist kein böser Geist in sie gefahren, sondern sie hat ein Aghy gegessen oder getrunken!«
    »Allah il Allah! Ist das wahr, Herr?«
    »Ja.«
    »Glaubt es nicht!« mahnte der Hekim. »Der Teufel ist in ihr.«
    »Schweig, alter Narr! Habt ihr Citronen hier?«
    »Nein.«
    »Kaffee?«
    »Ja.«
    »Könnt ihr Galläpfel bekommen?«
    »Deren wachsen viel in unsern Wäldern. Wir haben welche im Hause.«
    »Macht schnell einen sehr starken, heißen Kaffee fertig und kocht Galläpfel in Wasser. Schickt auch nach Citronen!«
    »Ha, er will den Teufel mit Galläpfeln, Citronen und Kaffee füttern!« verwunderte sich der Hekim, indem er vor Entsetzen die Hände zusammenschlug.
    Ich steckte in Ermangelung von etwas Anderm den Finger in den Mund der Kranken, um sie zum Erbrechen zu reizen, wobei ich den Finger durch den Griff meines Messers vor ihren Zähnen schützte. Nach einiger Mühe gelang das Experiment, wenn auch unter der schmerzlichsten Anstrengung des Mädchens. Ich wiederholte es, doch war die Entleerung nicht hinlänglich.
    »Gibt es eine Etschzaga in der Nähe?« frug ich, da ein Vomitiv nothwendig war.
    »In derselben Gasse.«
    »Komm schnell; führe mich!«
    Wir gingen. Mein Führer blieb vor einem kleinen Laden stehen.
    »Hier wohnt der Attar!« sagte er.
    Ich trat in die kleine Budika und sah mich von einem Chaos von allerlei nöthigen und unnöthigen Dingen umgeben. Ranzige Pommaden, Pfeifenrohre, alte, vertrocknete Pflaster und Talglichter, Rhabarber und brauner Zucker in einem Kasten, Kaffeebohnen neben Lindenblüten, Pfefferkörner und geschabte Kreide, Sennesblätter in einer Büchse, auf welcher ›Honig‹ stand; Drahtnägel, Ingwer und Kupfervitriol, Seife, Tabak und Salz, Brillen, Essig, Charpie, Spießglanz, Tinte, Hanfsamen, Gallizenstein, Zwirn, Gummi, Baldrian, Knöpfe und Schnallen, Theer, eingemachte Wallnüsse, Teufelsdreck und Feigen. – Alles lag hier friedlich bei-, neben-, unter-, über- und durcheinander, und dabei saß ein schmutziges Männlein, welches grad so aussah, als habe es alle diese Mittel und Ingredienzien so eben innerlich und äußerlich an sich selbst probirt. Welches Unheil hatte dieser Attar wohl bereits angerichtet!
    Ich konnte für meine Zwecke nur Kupfervitriol bekommen und nahm noch ein Fläschchen Salmiakgeist mit. Das Erstere wirkte nach unserer Rückkehr zur Kranken recht befriedigend. Dann gab ich ihr starken Kaffee mit Citronensaft und dann den Galläpfelaufguß. Hierauf schärfte ich zur Verhütung eines etwaigen Steck- und Schlagflusses ihren Verwandten ein, sie durch Schütteln, Bespritzen mit kaltem Wasser und Riechenlassen an dem Salmiakgeist möglichst am Einschlafen zu verhindern, und versprach baldigst wiederzukommen.
    Diese Behandlung war wohl keine ganz richtige, aber ich verstand es nicht besser, und – sie hatte Erfolg. Nun konnte ich, da die augenblickliche Gefahr entfernt zu sein schien, auch an Anderes denken. Ich blickte mich im Zimmer genau um und sah ein kleines Körbchen in der Ecke stehen, welches noch ziemlich mit Maulbeeren gefüllt war. Zwischen diesen sah ich mehrere – Tollkirschen liegen.
    »Willst Du den bösen Geist sehen, der in die Kranke gefahren ist?« fragte ich den Hekim.
    »Einen Geist kann man nicht sehen. Und selbst wenn dies möglich wäre, könntest Du ihn mir nicht zeigen, da Du nicht an ihn glaubst. Wenn das Mädchen nicht stirbt, so

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