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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seid dennoch nicht unsere Gäste.«
    »Warum nicht?« frug ich verwundert.
    »Ihr wohnt allein in diesem Hause. Wo habt Ihr den Wirth, dessen Gast Ihr seid? Hättet Ihr verlangt, daß der Besitzer dieser Wohnung in derselben bleiben solle, so wäret Ihr unsere Gäste gewesen.«
    Hier bekam ich eine Lehre, welche mir später nützlich sein konnte.
    »Aber Dein Vater hat mir ja Sicherheit versprochen und gelobt!«
    »Er braucht sein Versprechen nicht zu halten, da Ihr nicht unsere Gäste seid.«
    »Mein Hund hat den Wirth getödtet. Ist dies bei Euch ein Grund zur Blutrache?«
    Er bejahte es, und ich examinirte weiter:
    »Wer ist der Rächer?«
    »Der Todte hat einen Sohn hier.«
    »Ich bin mit Dir zufrieden. Du kannst nach Hause gehen!«
    »Chodih,« rief er freudig erstaunt, »Ist dies Dein Ernst?«
    »Ja. Ich habe Dir gesagt, daß Du behandelt werden sollst ganz so, wie Du Dich verhältst. Du bist aufrichtig gewesen, und so sollst Du Deine Freiheit haben. Sage Deinem Vater, daß die Tschermaki sehr friedliche Leute sind, die zwar keinem Menschen nach dem Leben trachten, aber sich auch, wenn man sie beleidigt oder gar angreift, gehörig zu vertheidigen wissen. Daß der Wirth gestorben ist, das thut mir leid; aber er selbst trägt die Schuld daran, und ich werde den Rächer seines Blutes nicht fürchten.«
    »Du könntest ihm ja den Preis bezahlen. Ich will mit ihm reden.«
    »Ich bezahle nichts. Hätte der Mann uns nicht berauben wollen, so wäre ihm nichts Übles geschehen.«
    »Aber Herr, man wird Euch tödten, Einen wie den Andern, sobald der Tag anbricht!«
    »Obschon ich Dir die Freiheit und das Leben geschenkt habe?«
    »Ja, dennoch! Du bist gut gegen mich, und darum will ich Dich warnen. Man will Eure Pferde, Eure Waffen und auch Euer Geld haben, und so wird man Euch nicht erlauben, das Dorf zu verlassen, bis Ihr dies Alles hergegeben habt. Und außerdem wird der Rächer noch Dein Blut verlangen.«
    »Man wird weder unser Geld noch unsere Waffen und Pferde erhalten, und mein Leben steht in der Hand Gottes, aber nicht in der Hand eines Kurden. Ihr habt unsere Waffen gesehen, als ich nach einem Baum und einem Zweige schoß; Ihr werdet ihre volle Wirkung kennen lernen – erst dann, wenn wir auf Menschen zielen.«
    »Chodih, Eure Waffen werden uns nichts thun; denn wir werden uns in die beiden Häuser legen, welche hier gegenüber stehen, und können Euch durch die Fenster niederschießen, ohne daß Ihr uns zu sehen bekommt.«
    »Also eine Belagerung!« bemerkte ich. »Sie wird nicht lange dauern.«
    »Das wissen wir. Ihr habt nichts zu essen und zu trinken und müßt doch endlich geben, was wir verlangen,« meinte der junge Kurde.
    »Das fragt sich sehr! Sage Deinem Vater, daß wir Freunde des Bey von Gumri sind.«
    »Darauf wird er nicht hören. Ein Pferd ist mehr werth als die Freundschaft eines Bey.«
    »So sind wir fertig. Du kannst gehen; hier ist Dein Dolch!«
    »Chodih, wir werden Euch die Pferde und alles Andere nehmen, aber wir werden Euch als wackere und gute Männer ehren!«
    Das war so naiv, wie nur ein Kurde sein kann. Ich ließ ihn zur Thür hinaus, während sich hinter mir laute Stimmen erhoben.
    »Master,« rief Lindsay, »Ihr laßt ihn frei?«
    »Weil es besser für uns ist.«
    »So erzählt doch! Was sagte er? Muß Alles wissen! Yes!«
    Ich berichtete mein ganzes Gespräch mit dem Kurden, und die Nachricht, daß der Nezanum es sei, dem wir den Überfall zu verdanken hatten, brachte mir eine Fluth der kräftigsten Ausdrücke zu Gehör.
    »Und Du hast diesen Dieb freigelassen, Emir!« sagte Mohammed Emin vorwurfsvoll. »Aber warum?«
    »Zunächst aus Teilnahme für ihn, sodann aber auch aus Berechnung. Behalten wir ihn hier, so ist er uns hinderlich, und wir müssen ihn speisen, während wir selbst Mangel haben. Nun aber ist er voll von Dankbarkeit gegen uns und wird eher zur Sühne als zum Streite rathen. Wir wissen nicht, was vorkommen kann, und werden nur dann sicher sein und ohne Erschwerung handeln können, wenn wir unter uns allein sind.«
    Diese Ansicht erhielt die Zustimmung Aller. Vom Schlafe war ohnehin keine Rede mehr, und so beschlossen wir, auf unserer Hut zu sein.
    Da stieß mich Halef am Arm und sagte:
    »Sihdi, da hast Du doch nun Zeit, an das Geschenk zu denken, welches mir der Mann in Amadijah für Dich gegeben hat.«
    Ja richtig, an das Etui hatte ich ja gar nicht mehr gedacht.
    »Bringe es her!«
    Ich öffnete und konnte einen Ruf der Bewunderung nicht unterdrücken. Das Etui

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