Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
aufbieten werde, um mich innerliche Qualen leiden zu lassen. Er sollte sich täuschen.
»Sprich!« sagte ich kurz.
»Kennst Du mich?«
»Ja.«
»Das glaube ich nicht. Woher solltest Du wissen, wer ich bin?«
»Meine Ohren sagen es mir, Abrahim Mamur.«
»Ah, wirklich, Du kennst mich; aber Du sollst mich noch besser kennen lernen! Denkst Du an Ägypten?«
»Ja.«
»An Güzela, die Du mir geraubt hast?«
»Ja.«
»Der Schellal hat mich damals nicht verschlungen, als ich in seine tosenden Fluten stürzte; Allah will also, daß ich mich rächen soll.«
»Ich war es selbst, der Dir das Leben rettete. Allah will also, daß ich Deine Rache nicht fürchte.«
»Meinst Du?« zischte er. »Warum hätte er Dich da in meine Hand gegeben? Ich habe damals in Kahira nach Dir geforscht und habe Dich nicht entdeckt; hier aber in Bagdad, wo ich nicht an Dich dachte, sah ich Dich – – –«
»Und bist vor mir geflohen. Abrahim Mamur, oder vielmehr Dawuhd Arafim, Du bist ein Feigling!«
»Stich nur, Skorpion; ich bin der Löwe, welcher Dich fressen wird! Ich wußte, daß Du mich verrathen würdest; daher ging ich; denn ich wollte mir mein schweres Werk nicht von Dir vernichten lassen. Ihr habt mich verfolgt und mir Alles wieder abgenommen; aber ich werde mir die Steine wieder holen; darauf kannst Du Dich verlassen!«
»Thue es!«
»Ja, ich thue es. Ich werde sie Dir bringen und zeigen; darum habe ich Dich nicht getödtet. Aber sterben wirst Du doch, denn Du bist schuld an tausend Qualen, welche ich erlitten habe. Du nahmst mir Güzela, durch welche ich ein besserer Mann geworden wäre. Du hast mich wieder zurückgeschleudert in die Tiefe, aus welcher ich mich erheben wollte; nun sollst Du Deine Strafe haben. Sterben sollst Du, aber nicht schnell durch das Messer oder die Kugel; nein, langsam und mit Millionen Schmerzen. Der Hunger soll Deine Eingeweide zerreißen, und der Durst Deine Seele auflecken, daß sie vor Qualen zischt wie der Wassertropfen, an dem das Feuer frißt!«
»Das traue ich Dir zu!«
»Spotte nicht und glaube ja nicht, daß Du mir entkommen kannst! Wüßtest Du, wer ich bin, so würdest Du versteinern vor Schreck.«
»Ich brauche es nicht zu wissen!«
»Nicht? Oh, Du sollst es doch erfahren, damit Du eine jede Hoffnung aufgibst und damit die Hand der Verzweiflung Dein Herz erfaßt. Ja, Du sollst Alles wissen, damit Du hilflos Deine Zähne zusammenknirschest. Weißt Du, was ein Tschuwaldar ist?«
»Ich weiß es,« antwortete ich, denn ich hatte mir viel von den Tschuwaldar erzählen lassen, welche vor gar nicht langer Zeit Constantinopel so fürchterlich unsicher gemacht hatten.
»Weißt Du auch, daß die Tschuwaldar eine Familie bilden, welche von einem Oberhaupte regiert wird?«
»Nein.«
»Nun so wisse, daß ich dieses Oberhaupt gewesen bin und daß ich es auch noch jetzt bin.«
»Prahler!«
»Zweifle nicht! Hast Du nicht in Ägypten gesehen, wie reich ich bin? Woher sollte ich den Reichthum haben, ich, der ausgepeitschte Beamte? Auch Afrak Ben Hulam aus Adrianopel wurde gesäckt, denn einer meiner Leute hatte viel Geld bei ihm gesehen. Man brachte mir die Briefe, welche er bei sich trug; ich öffnete sie vorsichtig, und als ich den Inhalt sah, beschloß ich, an seiner Stelle nach Damask zu gehen und den Laden auszuplündern, sobald die Zeit dazu gekommen sei. Da aber kamst Du, Giaur, und ich mußte mich mit Wenigem begnügen. Der Scheïtan öffne Dir dafür den heißesten Pfuhl der Dschehennah!«
»Du hast selbst das Wenige wieder verloren!«
»Ich bekomme es wieder; Du wirst es sehen. Aber das soll auch das Letzte sein, was Du auf Erden erblickst. Ich werde Dich dann hier an einen Ort schaffen, von welchem keine Wiederkehr ist. Ich kenne diesen Ort, denn wisse, daß ich in Sorheïr geboren wurde. Mein Vater lebte in diesen Gängen, als der Pascha von Ägypten nach Syrien kam und Männer und Söhne in die Reihen seiner Krieger steckte. Ich war ein Knabe; ich war bei ihm; wir durchschlichen die Finsterniß und durchforschten das Dunkel; wir lernten jeden Winkel dieser Tiefe kennen, und ich kenne den Ort, wo Deine Leiche faulen wird, wenn Du nach langer Qual verschmachtet bist.«
»Allah kennt ihn ebenso!«
»Aber Allah wird Dir nicht helfen, Giaur! So fest, wie Dich jetzt die Fesseln halten, so fest wird Dich das Verderben fassen, dem ich Dich bestimmt habe. Dein Tod ist besiegelt.«
»So sage mir zu dem Allen noch, wo sich jener Barud el Amasat befindet, welcher Senitza als
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