Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Gebäude im Hofe?«
»Nichts. Sie sind für die Pferde und für die Dienerschaft.«
»Und wie ist Ihr Name?«
»Ich bin Baruch Schebet Ben Baruch Chereb Ben Rabbi Baruch Mizchah; ich kaufe und verkaufe Brillanten, Schmuck und Alterthümer, und wenn Sie einen Diener brauchen, so bin ich bereit, Ihnen täglich diese Zimmer auszufegen, die Kleider zu reinigen und alle Wege zu gehen.«
»Sie haben ja einen recht kriegerischen Namen! Wo ist das Lager Ihrer Brillanten, Schmucksachen und Alterthümer?«
»Hoheit, ich habe grad jetzt Alles verkauft.«
»So gehen Sie zu dem reichen Bäcker Mohammad und sagen Sie ihm, daß ich das Haus miethen werde. Hier sind für ihn zehn Piaster, welche er wöchentlich bekommen soll, und hier sind noch zehn für Sie selbst, damit Sie sich Tabak kaufen mögen.«
»Hoheit, ich danke Ihnen,« rief er erfreut; »Sie verstehen es, mit einem Manne zu verkehren, der nur in Brillanten und Alterthümern Geschäfte macht! Aber Mohammad wird mich fragen, wer Sie sind. Was soll ich ihm antworten?«
»Zunächst nennen Sie mich nicht Hoheit! Mein Kleid ist zwar neu und ganz, doch ist es mein einziges. Ich bin ein sehr armer Jazidschi, der froh ist, wenn er Jemand findet, für den er schreiben darf; und dieser mein Freund ist ein armer Hammal, der auch nur wenig Geld verdient. Wir werden hier zusammen wohnen, und vielleicht findet sich noch Einer, damit der Miethzins dem Einzelnen nicht zu theuer kommt. Ob Sie bei uns Beschäftigung finden, werden wir uns erst überlegen, denn wir müssen sparsam sein.«
Ich sagte dies, weil wir wegen unserer gefährlichen Nachbarschaft so arm und gering wie möglich erscheinen mußten. Der Jude antwortete:
»O, Effendi, ich brauche nicht viel. Wenn Du mir täglich zwei Piaster gibst, so werde ich Dir Alles thun und besorgen.«
»Ich werde sehen, ob ich mir so viel verdiene, daß ich zwei Piaster geben kann. Wann können wir einziehen?«
»Sogleich, Effendi.«
»Wir werden heut noch kommen, und ich hoffe, daß wir das Haus dann nicht verschlossen finden!«
»Ich werde sofort zu dem Bäcker eilen und Sie dann hier erwarten.«
Somit war dieses Geschäft abgemacht, und wir verabschiedeten uns von unserem guten Baruch ›Wurfspieß‹, Sohn des Baruch ›Säbel‹, Sohn des Rabbi Baruch ›Beinschiene‹. Bei Isla angekommen, erzählte ich ihm nebst seinem Vater und Oheim unser Erlebniß, und als ich ihnen meine Vermuthungen mitgetheilt hatte, willigten sie ein, daß ich mit Halef und Omar das Logis des Bäckers beziehe. Auch Lindsay wollte mitgehen, aber ich mußte ihn zurückweisen, da er mir nur schaden konnte. Er war darüber so erzürnt, daß er erklärte, allein und ohne mich nicht bei Maflei bleiben zu können, und zog auch wirklich am Nachmittag nach Pera.
Nachdem alles Nöthige besprochen worden war, packten wir unsere Waffen zusammen und fuhren nach Baharive Keui; mein Pferd ließ ich natürlich zurück.
Der Jude erwartete uns in unserer neuen Wohnung. Er hatte sie von seinem Weibe nach Kräften reinigen lassen und freute sich königlich, als ich ihm darüber meine Zufriedenheit äußerte. Ich beauftragte ihn, Brod, Kaffee, Mehl, Eier, Tabak, einiges Geschirr und von einem Trödler drei gebrauchte Decken für uns zu besorgen, und als er sich entfernt hatte, konnten wir unbeobachtet unsere Gewehre auspacken. Sie kamen in dasjenige Zimmer, welches außer uns Niemand betreten sollte.
Baruch kehrte bald zurück; sein Weib hatte ihm geholfen. Die Alte glich einer lebendig gewordenen Mumie und lud mich ein, heut zu ihr zum Abendbrode zu kommen. Ich nahm diese Einladung an, da mir die beiden Alten nützlich sein konnten und ich mir deßhalb gern ihr Wohlwollen erwerben wollte. Daß mir dies bereits einigermaßen gelungen war, sollte ich schon eher als bei meinem Besuche sehen, denn sie brachten uns freiwillig einige Strohsäcke geschleppt, welche uns als Divan dienen sollten. Diese Säcke schienen zwar aus lauter Rissen und Löchern zusammengesetzt zu sein, aber Baruch war ja arm, und man sah die Liebe; er hielt uns für mittellos und meinte es gut.
Als sich die Beiden entfernt hatten, machten wir Licht und zündeten unsere Pfeifen an, denn es war unterdessen dunkel geworden. Isla hatte uns eine kleine Blendlaterne mitgegeben, welche uns gute Dienste leisten sollte. Wir besprachen, daß während meiner Abwesenheit Omar an der leise geöffneten Hausthür Posto fassen solle, um die Passanten des Nachbarhauses möglichst zu beobachten; Halef sollte in den
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