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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Muezzins besitzt. Im Innern erblickt man zwei Reihen Galerien, welche aus den kostbarsten Marmorarten zusammengesetzt sind und von 250 Fenstern erleuchtet werden. Zur Zeit des Ramasans brennen hier 12000 Lichter.
    Wir kamen von Kirkilissar und hatten die schlanken Minarehs der Selimje schon längst vor uns leuchten sehen. Von Weitem bot uns Adrianopel einen prächtigen Anblick dar; als wir es aber erreicht hatten und durch seine Straßen ritten, ging es wie mit allen andern Städten des Orientes: sie verlieren in der Nähe ihre Schönheit und erfüllen niemals das, was sie aus der Ferne versprechen.
    Hulam, den wir aufsuchen wollten, wohnte in der Nähe des Utsch Scherifeli, der Moschee Murad’s des Ersten, an deren terrassenförmigem, mit prächtigem Marmor gepflastertem Vorhofewir vorüberritten. Die vier und zwanzig von 70 Säulen getragenen Kuppeln wurden aus dem Schatz der Johanniter erbaut, welcher bei der Eroberung von Smyrna erbeutet wurde. Wir tauchten in eine sehr stark belebte Gasse und hielten vor einer mehrere Stockwerke hohen Mauer, durch welche ein jetzt verschlossenes Thor führte. Wir hatten in dieser Mauer die Straßenfronte des Hauses zu erblicken, welches uns gastlich aufnehmen sollte.
    Das Thor hatte in Kopfeshöhe ein rundes Loch, vor welchem auf das Klopfen Isla’s ein bärtiges Gesicht erschien.
    »Kennst Du mich noch, Malhem?« frug der junge Konstantinopolitaner. »Öffne uns!«
    »Maschallah, Gott thut Wunder!« erklang es von innen. »Du bist es wirklich, Herr? Komm eilends herein!«
    Das Thor wurde geöffnet, und wir ritten durch eine Art Durchfahrt nach einem ziemlich großen Hofe, welcher rings von den Innengalerien des Hauses umgeben war. Alles zeigte einen ungewöhnlichen Reichthum. Auch die Zahl der herbei eilenden Diener ließ ebenso auf denselben schließen.
    »Wo ist der Herr?« frug Isla einen Mann, welcher ihn mit tiefer Ehrerbietung begrüßte und, wie ich später erfuhr, der Hausmeister war.
    »Im Ischlik bei seinen Büchern.«
    »Führe diese Männer in das Selamlik, und sorge dafür, daß sie gut bedient werden. Auch die Pferde müssen gut untergebracht werden!«
    Er nahm Jacub Afarah bei der Hand und begab sich nach der Arbeitsstube des Hausherrn. Wir Andern wurden nach einem Raume geführt, welcher die Größe eines kleinen Saales hatte. Die vordere Seite bildete eine offene, von Säulen getragene Verandah, und die Wände der drei übrigen Seiten waren, golden auf blauem Grunde, mit Kuransprüchen verziert.
    Wir ließen uns trotz des Staubes, welcher an unseren Kleidern haftete, auf grünsamtne Divans nieder, und ein Jedererhielt eine Wasserpfeife und den Kaffee in Täßchen, welche anstatt der Fingans in einem silbernen Dreifuße stacken. Das Alles hatte den Anschein eines gediegenen Luxus, von welchem sich abermals auf den Reichthum des Besitzers schließen ließ.
    Wir hatten kaum den Kaffee gekostet, so erschienen Afarah und Isla mit dem Hausherrn. Dieser war eine höchst ehrwürdige, imposante Erscheinung, mit einem Barte, welcher an Länge und Fülle demjenigen von Mohammed Emin glich. Der Eindruck, welchen er machte, nöthigte unwillkürlich zum Aufstehen, auch wenn dies nicht von der Sitte gefordert worden wäre. Wir erhoben uns.
    »Sallam aaleïkum!« grüßte er, indem er die Hände wie zum Segen erhob. »Seid willkommen in meinem Hause und denkt, daß es das Euere sei!«
    Er ging von Einem zum Andern, um uns die Hand zu reichen, dann ließ er sich mit seinen beiden Verwandten bei uns nieder. Auch ihnen wurden Pfeifen und Kaffee gebracht, und dann gab er einen Wink, auf welchen sich die Diener zurückzogen. Darauf wurden wir ihm von Isla vorgestellt. Er betrachtete mich eine längere Zeit und reichte mir dann abermals die Hand, die er eine Minute lang in der seinigen behielt.
    »Du weißt vielleicht noch nicht, daß Du mir bekannt bist, Effendi,« sagte er. »Isla hat mir viel von Dir erzählt. Er hat Dich lieb, und so hast Du auch mein Herz besessen, obgleich wir uns noch nicht gesehen haben.«
    »Herr, Deine Worte machen meine Seele leicht,« antwortete ich. »Wir befinden uns nicht in der Wüste oder bei den Weideplätzen eines Beduinenvolkes, und es ist daher nicht überall gewiß, daß man willkommen geheißen wird.«
    »Ja, die schöne Sitte unserer Väter verliert sich von Jahr zu Jahr immer mehr; sie verschwindet in den Städten und zieht sich klagend in die Wüste zurück. Die Wüste ist der Geburtsort der Hülfsbedürftigkeit, aber Allah läßt auch

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