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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und so beschlossen wir, daß er dann während des Essens von Isla und Osco überrascht werden solle, während wir drei Anderen dafür sorgen wollten, daß er nicht entfliehen könne.
    Wohl noch an die zwei Stunden vergingen, ehe wir den Schritt eines Pferdes vom Hofe herauf erklingen hörten, und eine Viertelstunde später benachrichtigte uns einer der Diener, daß der Herr mit seinem Gaste sich zum Abendmahle gesetzt habe. Wir gingen hinab.
    Das Thor war verschlossen, und der Wächter desselben hatte die Anweisung erhalten, keinen Menschen hinaus zu lassen. Wir näherten uns mit leisen Schritten dem Selamlik, welches jetzt durch eine Ampel hell erleuchtet wurde, und nahmen zu beiden Seiten hinter den Pfeilern Platz. Wir konnten jedes Wort hören, welches von den beiden Essenden gesprochen wurde. Hulam, der scharf aufmerkte, hatte doch unsere Annäherung wahrgenommen und gab nun dem Gespräche eine auf unser Vorhaben bezügliche Wendung. Er brachte die Rede auf Konstantinopel und fragte bei dieser Gelegenheit:
    »Bist Du oft in Stambul gewesen?«
    »Einige Male.«
    »So kennst Du die Stadt ein wenig?«
    »Ja.«
    »Ist Dir der Stadttheil bekannt, welchen man Maharive Keui nennt?«
    »Ich glaube, von ihm gehört zu haben. Liegt er nicht oberhalb Eyub an der linken Seite des goldenen Hornes?«
    »Ja. Dort hat sich jüngst etwas ganz Merkwürdiges zugetragen. Man hat nämlich eine ganze Gauner- und Mörderbande gefangen genommen.«
    »Allah ‘l Allah!« rief der Mann erschrocken. »Wie ist das zugegangen?«
    »Diese Menschen hatten ein Haus, in welches nur Diejenigen Zutritt fanden, welche das Wort ›el Nassr‹ sagten, und – –«
    »Ist’s möglich!« unterbrach ihn der Gast.
    Aus dem Tone, mit welchem diese zwei Worte ausgestoßen wurden, klang nicht der objektive Abscheu des unbefangenen Zuhörers, sondern der subjektive Schreck des Betheiligten. Ich war jetzt überzeugt, daß dieser Mann der Gesuchte sei, und zum Überfluß flüsterte mir Osco, welcher neben mir stand, leise zu:
    »Er ist es! Ich kann sein Gesicht deutlich sehen.«
    »Dieses Wort aber hat man belauscht,« fuhr Hulam fort, »und ist mit Hülfe desselben in das Haus eingedrungen.«
    Er erzählte nun die Begebenheit, und der Gast hörte ihm mit außerordentlicher Spannung zu. Der Letztere frug, als der Bericht beendet war, mit deutlich vibrirender Stimme:
    »Und war der Usta wirklich erschossen?«
    »Der Usta? Wer ist das? Wer wird so genannt? Ich habe das Wort ja gar nicht ausgesprochen!«
    »Ich meine den Anführer, den Du Abrahim Mamur nanntest.«
    Durch die Anwendung des Wortes ›Usta‹ hatte er sich verrathen. Auch Hulam mußte nun wissen, woran er war; doch ließ er sich nichts merken, sondern antwortete ruhig:
    »Nein, er war nicht todt; er hatte sich nur gestellt, als ob er von der Kugel getroffen worden sei. Aber am andern Tage fand er dennoch seinen Lohn. Er wurde von der Galerie des Thurmes zu Galata herabgestürzt.«
    »Wirklich? Schrecklich! Da war er todt?«
    »Ja, er und ein Grieche Namens Kolettis, welcher auch mit herabgestürzt wurde.«
    »Kolettis? ïa waïh! Wer hat sie herabgestürzt?«
    »Ein Araber aus Tunis, aus der Gegend des Schott el Dscherid, der eine Blutrache gegen einen gewissen Hamd el Amasat hat. Dieser Amasat hat einen fränkischen Kaufmann in Blidah ermordet, den Neffen desselben erschossen und dann auch den Vater jenes Arabers auf dem Schott umgebracht. Der Sohn sucht ihn nun.«
    »Allah kerihm! Was es für böse Menschen gibt! Das kommt aber daher, daß Niemand mehr an die Lehre des Propheten glaubt! Wird der Araber diesen Hamd el Amasat finden?«
    »Er ist ihm bereits auf der Spur. Dieser Mörder hat einen Bruder, welcher Barud el Amasat heißt und ein ebenso großer Schurke ist. Er hat die Tochter eines Freundes entführt und als Sklavin verkauft. Sie ist dem Käufer wieder entrissen worden, welcher kein Anderer als jener Abrahim Mamur war, und Isla Ben Maflei, ein Verwandter von mir, hat sie zum Weibe genommen. Er hat sich aufgemacht, diesen Barud el Amasat aufzusuchen und zu bestrafen.«
    Während dieser Rede war der Gast immer ängstlicher geworden; das Essen war ihm vergangen, und sein Blick hing mit wachsender Aufregung an den Lippen des Erzählers.
    »Wird er ihn finden?« fragte er.
    »Sicher! Er ist nicht allein. Osco, der Vater der Geraubten, ist bei ihm, sodann der fränkische Arzt, welcher Senitza befreite, sein Diener und endlich auch jener Araber, welcher Abrahim Mamur vom Thurme gestürzt

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