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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gerade in ihr die Palme der Bruderliebe wachsen. In der großen Stadt fühlt sich der Fremdling verlassener als in der Sahara, wo kein Dach ihm den Anblick von Allah’s Himmel raubt. Du warst in der Sahara, wie ich vernommen habe; hast Du nicht gefühlt, daß ich die Wahrheit sage?«
    »Allah ist überall, wo der Mensch den Glauben an ihn im Herzen trägt. Er wohnt in den Städten, und er blickt auf die Hammada; er wacht über den Wassern, und er rauscht durch das Dunkel des Urwaldes; er schafft im Innern der Erden und in den hohen Lüften; er regiert den leuchtenden Käfer und die blitzenden Sonnen; Du hörst ihn im Jubel der Luft und in dem Rufe des Schmerzes; sein Auge glänzt aus der Thräne der Freude und schimmert aus dem Tropfen, mit welchem das Leid die Wange befeuchtet. Ich war in Städten, wo Millionen wohnen, und ich war in der Wüste, von jeder Wohnung weit entfernt, aber niemals habe ich gefürchtet, allein zu sein, denn ich wußte, daß Gottes Hand mich hielt.«
    »Effendi, Du bist ein Christ, aber ein frommer Mann; Du bist werth, ein Moslem zu sein, und ich ehre Dich, als ob die Lehre des Propheten die Deinige sei. Isla sagte mir, daß Ihr kommt, um mich vor einem schweren Verluste zu bewahren. Sprich Du für die Andern!«
    »Hat er Dir nichts Näheres gesagt?«
    »Nein, denn ich mußte eilen, Euch willkommen zu heißen.«
    »So sage mir, ob ein Fremdling seit einiger Zeit in Deinem Hause wohnt?«
    »Es wohnt ein Fremder hier, ein frommer Mann aus Koniëh, der aber heute nicht in Adrianopel ist. Er ist nach Hadschi Bergas geritten.«
    »Aus Koniëh? Wie nennt er sich?«
    »Abd el Myrhatta ist sein Name. Er hat das Grabmal des berühmten Heiligen Myrhatta besucht, um ein Gelübde zu erfüllen; daher nennt er sich den Diener Myrhatta’s.«
    »Warum wohnt er bei Dir?«
    »Ich selbst habe ihn eingeladen, bei mir zu bleiben. Er will in Brussa einen großen Bazar errichten und wird hier bedeutende Einkäufe machen.«
    »Wohnt noch ein anderer Fremder bei Dir?«
    »Nein.«
    »Wann kehrt er zurück?«
    »Heute Abend.«
    »So wird er heute Abend unser Gefangener sein!«
    »Allah kerihm! Wie meinst Du das? Dieser fromme Moslem ist ein Mann nach Allah’s Wohlgefallen. Warum wollt Ihr ihn gefangen nehmen?«
    »Weil er ein Betrüger und noch etwas viel Schlimmeres ist. Er hat bemerkt, daß Du ein frommer Diener Allah’s bist, und hat, um Dir wohlzugefallen, die Maske der Frömmigkeit vor sein Angesicht gelegt. Er ist kein Anderer, als der Mann, welcher Senitza, das Weib Isla’s, aus ihrer Heimat entführte. Laß Dir Alles von Isla erzählen!«
    Hulam erschrack, und Isla erzählte. Auch als er geendet hatte, wollte der alte Handelsherr es noch nicht glauben, daß er es mit einem Verbrecher zu thun habe. Er konnte nicht glauben, daß eine Maske so geschickt getragen werden könne.
    »Seht ihn Euch erst an und sprecht mit ihm,« sagte er, »so werdet Ihr sehen, daß Ihr Euch täuscht!«
    »Wir brauchen gar nicht mit ihm zu sprechen,« warf Osco ein; »wir brauchen ihn nur zu sehen, denn ich kenne ihn, und Isla kennt ihn auch.«
    »Ihr braucht ihn weder zu sehen, noch zu sprechen,« fügte ich hinzu. »Ich bin gewiß, daß es Barud el Amasat ist. Abd el Myrhatta ließ sich auch Abrahim Mamur in Konstantinopel nennen, und ich vermuthe fast, daß auch Hamd el Amasat in Skutari den gleichen Namen angenommen hat.«
    »Aber mein Gast kann doch der richtige Abd el Myrhatta sein!« warf Hulam ein.
    »Das ist allerdings eine Möglichkeit, aber nicht wahrscheinlich. Wir werden also bis heute Abend warten müssen.«
    Weiter war nichts zu sagen und auch nichts zu thun. Wir erhielten nach alter, patriarchalischer Sitte ein Jeder ein Zimmer und reine Kleider, welche wir anlegten, nachdem wir ein Bad genommen hatten. Dann versammelten wir uns zum Mahle, welches ein dem Reichthum des Hauses angemessenes war. Mit Ungeduld erwarteten wir dann den Abend, indem wir uns die Zeit bis dahin mit Gespräch und Schachspiel zu verkürzen suchten; denn auszugehen war nicht gerathen, da ich es für sehr wahrscheinlich hielt, daß Barud el Amasat nur vorgegeben habe, nach Hadschi Bergas zu reiten. Jedenfalls hatte er Genossen in der Stadt, bei denen seine Gegenwart wohl etwas nöthiger war, als in dem kleinen Orte, wo er gar nichts zu suchen hatte.
    Endlich wurde es dunkel, und wir zogen uns, um beisammen zu sein, in das Zimmer zurück, welches Isla bewohnte. Hulam hatte uns gesagt, daß er mit seinem Gaste im Selamlik zu Abend speisen werde,

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