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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit Dir gehungert und gedürstet, geschwitzt und gefroren; ich habe mit Dir und für Dich gekämpft; kein Feind hat meinen Rücken zu sehen bekommen, denn es wäre mir eine Schande gewesen, Dich zu verlassen. Und nun willst Du sehen, ob ich klug bin! Für dies Alles hast Du nichts als eine Beleidigung? Sihdi, ein Fußtritt hätte mir nicht weher gethan, als dieses Wort!«
    Der brave Mensch meinte es ernst. In seinen Augen bemerkte ich einen feuchten Schimmer. Es war natürlich weder meine Absicht gewesen, ihn zu kränken, noch ihn zu beleidigen; darum legte ich ihm beruhigend die Hand auf die Schulter und antwortete:
    »So habe ich es nicht gemeint, mein guter Halef. Ich wollte nur sagen, daß es eben jetzt eine Gelegenheit gibt, Deine Klugheit zu bethätigen.«
    Das stimmte ihn sofort um.
    »Sage mir diese Gelegenheit, Sihdi,« meinte er, »und Du wirst sehen, daß ich Deines Vertrauens würdig bin!«
    »Es handelt sich um den Mann, welchen ich während des Verhörs beobachtet hatte. Er scheint mir ein – –«
    »Ein Bekannter des Gefangenen zu sein!« fiel Halef ein, um mir zu beweisen, daß er nicht nur meine Gedanken errathen, sondern auch scharf nachgedacht habe.
    »Allerdings,« antwortete ich.
    »Vielleicht hat er die Absicht, ihm von Nutzen zu sein!«
    »Daran zweifle ich gar nicht. Dieser Barud el Amasat kann sein Heil nur in der Flucht finden. Wer ihn retten will, muß es ihm ermöglichen, zu entkommen. Der Fremde warf ihm beruhigende und ermunternde Blicke zu, und das hat er sicherlich nicht ohne eine ganz besondere Absicht gethan.«
    »Du bist ihm nachgegangen, um seine Wohnung zu erfahren?«
    »Ja. Auch seinen Stand und Namen weiß ich bereits.«
    »Was ist er?«
    »Er heißt Manach el Barscha, ist Steuereinnehmer in Uskub und logirt bei dem Handschia Doxati hier.«
    »W’Allah! Ich ahne, in welcher Weise ich meine Klugheit bethätigen soll!«
    »Hättest Du das wirklich errathen?«
    »Ja. Ich soll diesen Manach el Barscha bewachen.«
    »Ganz recht!«
    »Das kann ich aber nur dann, wenn ich auch bei Doxati wohne.«
    »Du wirst hinreiten, sobald es dunkel ist. Ich werde mitgehen, um Dir das Haus zu zeigen.«
    Da trat Osco, der Montenegriner, vor und sagte:
    »Auch ich werde wachen, Sihdi!«
    »Ah! Wo?«
    »Vor dem Zindan, in welchem sich der Gefangene befindet.«
    »Denkst Du, daß dies nöthig sein wird?«
    »Es ist mir ganz gleich, ob es nöthig ist oder nicht. Er hat meine Tochter als Sklavin verkauft und mir vieles und großes Herzeleid bereitet. Er ist meiner Rache verfallen. Du bist ein Christ. Du sagst, die Rache sei Gottes, und ich habe Dir Deinen Willen gethan, indem ich Barud el Amasat den Händen des Kadi überlassen habe. Will er sich denselben entziehen, so habe ich darüber zu wachen, daß er nicht auch mir entgehe. Ich verlasse Euch und werde es Euch sofort melden, wenn ich etwas Wichtiges beobachte.«
    Nach diesen Worten verließ er uns, ohne im Mindesten auf unsere Bemerkungen zu hören.
    Jetzt packte Halef seine Habseligkeiten zusammen und setzte sich auf sein Pferd. Er wollte sich den Anschein geben, als ob er erst jetzt in Adrianopel ankomme. Ich geleitete ihn zu Fuß bis in die Nähe der Hadschia und wartete, bis er in das Thor derselben eingeritten war. Dann begab ich mich nach dem Bazar zurück, um meine Kleidung wieder einzutauschen.
    Als ich Hulam’s Haus wieder erreichte, war es unterdessen dunkel geworden. Er machte uns den Vorschlag, ein Bad zu besuchen, wo es guten Kaffee, Karaschekler und ausgezeichnetes Aïswasperwerdesi gäbe. Wir erfüllten seinen Wunsch.
    Über die türkischen Bäder wird so viel geschrieben, daß eine Bemerkung hier überflüssig wäre. Die Schattenspiele, welche wir nach dem Bade in Augenschein nahmen, konnten nicht Anspruch auf Lob machen. Die Gelées mochten wirklich ausgezeichnet sein, sie waren aber nicht nach meinem Geschmack.
    Als wir das Hamam verließen, fanden wir den Abend so köstlich, daß wir uns entschlossen, noch einen kleinen Spaziergang zu machen. Wir verließen die Stadt auf der Westseite derselben und promenirten am Ufer des Arda dahin, welcher sich hier in die Maritza ergießt.
    Es war spät geworden, als wir umkehrten. Es mochte noch eine Stunde an Mitternacht fehlen; aber es war ziemlich hell. Noch hatten wir die Stadt nicht erreicht, als uns drei Reiter entgegen kamen. Zwei ritten auf Schimmeln; der Dritte hatte ein dunkles Pferd. Sie trabten an uns vorüber, ohne uns zu beachten. Dabei machte der Eine der Ersteren gegen den

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