Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
fallen.Des Himmels Seraph flieht, verhülltVon Wolken, die sich rastlos jagen,Die Erde läßt, von Schmerz erfüllt,Den Blumen bittre Thränen tragen,Und um verborgne Klippen brülltDie Brandung ihre wilden Klagen.Da bricht des Morgens glühend Herz:Er läßt den jungen Tag erscheinen;Der küßt den diamantnen SchmerzVon tropfenden KarfunkelsteinenUnd trägt ihn liebend himmelwärts,Im Aether dort sich auszuweinen.«
Mein Elysium
Jeder Mensch, ob reich, ob arm,Muß ein Plätzchen haben,Wo er sich bei Freud’ und HarmTraulich kann vergraben.Meines ist ein Kämmerlein,Niedrig zwar und enge:Tief wird’s kaum vier Ellen sein,Sieben in der Länge.Wände hat es ihrer vier,Aber keine Decke;Denn statt dieser zeigt sich DirEine lange Ecke.Fast den allerkleinsten RaumFüllt des Fensters Zierde,Und vom Himmel seh ich kaumFünf Zoll in’s Gevierte.Was die Möbel anbelangt,Sind’s meist Invaliden;Denn was Andre abgedanktWohnt bei mir in Frieden.An den Wänden ringsherumSiehst Du große Geister,Im RepositoriumWerke dieser Meister.Noch ein Liebchen sei erwähnt,Das ich oft ergreife,Das dort traulich winkend lehnt:Meine lange Pfeife.Also schaut mein Plätzchen aus,‘s liebste mir auf Erden.Wär’ ich nicht ein lustig Haus,Möcht ich Klausner werden.
Himmelsgedanken
Widmung
Ich fragte zu den Sternen
wohl auf in stiller Nacht,
ob dort in jenen Fernen
die Liebe mein gedacht.
Da kam ein Strahl hernieder,
hell leuchtend, in mein Herz
und nahm all meine Lieder
zu dir, Gott, himmelwärts.Ich fragte zu den Sternen
wohl auf in stiller Nacht,
warum in jene Fernen
er sie emporgebracht.
Da kam die Antwort nieder:
»Denk nicht an irdschen Ruhm;
ich lieh dir diese Lieder;
sie sind mein Eigentum!«Ich fragte zu den Sternen
wohl auf in stiller Nacht:
»Gilt dort in jenen Fernen
auch mir die Himmelspracht?«
Da klang es heilig nieder:
»Du gingst von hier einst aus
und kehrst wie deine Lieder
zurück ins Vaterhaus!«
Meine Legitimation
Grüß Gott, du liebes Tröpflein Tau!
So einen Schmuck gibt es wohl nimmer:
Von jedem Hälmchen auf der Au
spitzt es wie Diamantenschimmer.
Entstammt der Erde, harrst du froh
dem holden Morgenlicht entgegen.
Tränkst deinen Halm und wirst ihm so
nicht nur zur Zierde, auch zum Segen.Kommt dann aus gold –\1brokathem Tor
die Königin des Tags gestiegen,
so strebst du sehnsuchtsvoll empor,
dich ihrem Strahle anzuschmiegen.
Du fühlst, du bist ihr untertan,
du kannst nicht ohne sie bestehen
und wirst gezogen himmelan.
In ihrem Kusse aufzugehen.Ein solches Tröpflein bin auch ich
am Lebensmorgen einst gewesen,
ein Tröpflein, das den andern glich,
nicht auserwählt, nicht auserlesen.
Ich hing nicht hoch, ich wurde nicht
von einer Rose stolz getragen;
tief unten sah ich auf zum Licht
und durfte kaum zu hoffen wagen.Da stieg sie auf, so himmlisch klar,
so gnadenreich, voll Welterbarmen,
und mich trieb es so wunderbar,
mit ihr die Menschheit zu umarmen.
Es war, als ob ich beten müßt:
»O komm, und stille mein Verlangen!«
Da hat die Liebe mich geküßt,
und ich bin in ihr aufgegangen.
Ragende Berge
Ich sehe Berge ragen
dort an der Steppe Rand.
Es soll mein Fuß mich tragen
hinauf ins bess’re Land.
Dort ladet, wie ich glaube,
zur Ruhe man mich ein,
und von dem Wanderstaube
werd ich gereinigt sein.Ich sehe Berge ragen
empor zum geistgen Ziel.
Es türmen sich die Fragen,
doch frage ich nicht viel.
Es wird ja doch beim Steigen,
halt ich zuweilen an,
sich ganz von selber zeigen,
wie weit ich schauen kann.Ich sehe Berge ragen
bis in des Lichtes Reich.
Der Glaube wird mir sagen
den Weg, den rechten Steig.
Dort find ich offne Türen:
Mein Engel tritt heraus
und wird mich weiter führen
bis in das Vaterhaus.
Ewig
Ihr sucht und sucht: »Wo ist die Ewigkeit?«
»Jenseits des Todes! Über unsern Sternen!
Hier ist die Zeit, und grad nur in der Zeit
hat für das ewge Leben man zu lernen.
Hier sind die Jahre, Monde, Tage, Stunden;
wir leben nach des Uhrenzeigers Lauf.
Hat er die Zwölf, die Mitternacht, gefunden,
so kommt die Ewigkeit, die Zeit hört auf.«So wird von euch gesprochen und gedacht;
so hören es die Schüler von den Meistern,
und während Einer frech darüber lacht,
läßt sich der Andere davon begeistern.
Ihr meint, die Ewigkeit sei nur zu glauben,
sei eine Zweifelssache, ein Vielleicht,
und sendet aus der Arche eure Tauben,
von denen keine auf zur Wahrheit steigt.So hört es denn: Die Ewigkeit ist dort,
ist hier, ist vor und nach euch, allerorten,
der
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