Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
persönlicher Sicherheit, welcher die Wohnungen der Menschen zusammenlegt, sondern die Nothwendigkeit der gegenseitigen Unterstützung für die Erreichung friedlicher Lebenszwecke, die jetzt um so schneller und leichter erreicht werden, als bei der immer fortschreitenden Erweiterung des Horizontes es Jedermann ermöglicht ist, Ort, Zeit und Weise seiner Thätigkeit seinen Wünschen und Befähigungen anzupassen. Daher war die Einführung der Freizügigkeit und die Aufhebung des Zunftwesens von allen Seiten als eine Nothwendigkeit zu erkennen und mit Dank zu begrüßen.
Die Bibel erzählt von Kain und Abel als den Ersten, welche sich einer bestimmten Berufsthätigkeit hingaben. Kain war Jäger und Abel ein Ackersmann. Während die Jagd längst zu einer Nebenbeschäftigung, ja zu einem Vergnügen geworden ist, wird man in der Landwirthschaft zu allen Zeiten die eigentliche Grundbedingung gewerblicher Thätigkeit und volkswirthschaftlichen Wohlstandes erkennen. Die Bodencultur liefert nicht nur den verschiedensten Gewerben die nöthigen Materiale und Producte, sondern ist in Beziehung auf die Erbauung unsrer Nahrungsmittel der Menschheit vollständig unentbehrlich und giebt in den Preisen, welche sie für dieselben fordert, den Werth aller Arbeitserzeugnisse an. Je mehr oder weniger man für Getreide etc. zahlt, desto höher oder tiefer stellt sich auch der Betrag, welchen man für alles Uebrige zu entrichten hat.
In der Landwirthschaft ergreift der Mensch Besitz von der Erde, die ihm von dem Schöpfer übergeben worden ist. Er macht sie sich zum unanfechtbaren Eigenthum und zwingt sie, ihn als Trägerin seiner Wohnstätte und Erzeugerin seiner sämmtlichen Bedürfnisse dienstbar zu sein. Darum wurde der Ackerbau bei allen alten Völkern hoch geachtet, sodaß selbst Könige vom Throne stiegen und in feierlichem Aufzuge den Pflug durch den Acker führten.
Hochberühmte Männer rief der bedrängte Staat vom furchenziehenden Joche hinweg, zu welchem sie zurückkehrten, sobald sie das siegreiche Schwert aus der Hand gelegt hatten, und noch heut’ kommt es hier und da wohl vor, daß ein Regent den Landbau durch die ceremonielle Führung eines pflügenden Gespannes ehrt.
In den ersten Zeiten war der Landwirth gezwungen, nicht nur sein Haus selbst zu bauen, sondern auch alle Werkzeuge und Geräthe, deren er bedurfte, mit eigener Hand zu fertigen. Dadurch wurde seine Zeit und Arbeitskraft zersplittert und zum ansehnlichen Theile dem eigentlichen Berufe entzogen, auch abgesehen davon, daß eine solche Zersplitterung immer verhindert, in einem bestimmten Fache etwas wirklich Nennenswerthes zu leisten. Sobald sich aber eine größere Anzahl Landbewohner zusammenfanden, trat die besondere Geschicklichkeit eines jeden Einzelnen für eine bestimmte Arbeit hervor und es war leicht einzusehen, daß es gerathen sei, diese Geschicklichkeit für sich und Andere nutzbar zu machen. So legte sich der Eine auf die Holz-, der Andere auf die Eisenarbeit; ein Dritter fertigte Haus- und Zimmergeräthschaften; ein Vierter wurde bei dem Bau von Wohnungen zu Rathe gezogen, und jeder von ihnen erhielt seinen Lohn oder den Preis für seine Erzeugnisse in den Producten des Ackerbaues ausgezahlt.
So entwickelte sich nach und nach eine Arbeitstheilung, welche mit der Zeit zur Bildung bestimmter Handwerke führte, deren Zahl sich um so mehr vergrößerte, je zahlreicher die Bevölkerung und mithin auch die Bedürfnisse wurden. Das gegenseitige Ineinandergreifen der Gewerbe fand zunächst auf dem Wege des Tausches statt; doch stellten sich hier bald Schwierigkeiten heraus, die man zu umgehen suchen mußte. Der Besitzer einer Heerde von Kameelen, Rindern und Pferden konnte natürlich blos mit diesen Thieren bezahlen, und das, was er kaufte, hatte in den wenigsten Fällen einen Werth, welcher grad’ und genau für dieses Zahlungsmittel paßte. Eins seiner Thiere war mehr werth, als der Bogen, den er brauchte, oder die Decke, welche ihm angeboten wurde, und selbst wenn er von einem dieser Gegenstände mehr nahm, als er eigentlich bedurfte, so war die Ausgleichung doch immer mit Schaden für einen der handelnden Theile verknüpft. Es stellte sich also die Nothwendigkeit eines allgemeinen Werthzeichens heraus, mit welchem es möglich war, Alles zu kaufen und genau zu bezahlen: man schritt zur Einführung des Geldes.
Als solches wurden zunächst die verschiedenartigsten Gegenstände angewandt, wie man ja heut’ noch bei vielen uncivilisirten
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