Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Großbritannien zeichnen sich fast immer durch freiere, bessere und gediegenere Bildung besonders in Bezug auf Kunst und Literatur aus und stehen auch in gesellschaftlicher Beziehung auf einer höheren Stufe, als die meisten anderen Nationalitäten. Sie haben eine hochgewachsene schöne Gewalt, volle Körperformen, eine feine, zarte Haut, helles Haar, glänzende Zähne. Die Engländerin zählt zu den ersten Frauenschönheiten.
Ihr nahe steht die Amerikanerin, deren Charakter durch die fremdartigen Beimischungen allerdings wesentlich motivirt ist. Sie sind hübsch, aber oft ohne Leben, verblühen bald und nehmen gegen Unbekannte gern ein noch zurückgezogeneres Wesen als die Engländerinnen an. Ihre Sitten sind meist rein und die Ehen glücklich. Es gab eine Zeit, in welcher die Achtung vor den Frauen in Amerika fast bis zu einem Frauencultus getrieben wurde, was seinen Grund in dem Umstande hatte, daß bei der großen Anzahl männlicher Einwanderer eine große Nachfrage, aber kein Angebot von Frauen war.
Durch die Adern der Italienerin rollt das heiße Blut des Südens, ihre vollen, lockenden Formen schwellen unter dem Drange des raschen, glühenden Pulses und aus ihrem dunklen Auge blitzt der Strahl des Verlangens und Gewährens.
Dort wirkt das Klima verführerisch auf die Sinnlichkeit, die üppige Phantasie schreibt dem Kopfe und dem Herzen ihre zauberischen Romane vor, und die Liebe mit all’ ihren Genüssen ist ein unabweisbares Bedürfniß, welches sich weniger als sonst irgendwo von der Moral abhängig macht. Die Italienerin liebt nicht aus Laune, nicht zum Zeitvertreib, sondern aus Nothwendigkeit.
Die Glanz- und Versammlungspunkte der italienischen Schönheiten und Liebenswürdigkeiten sind Rom, Toscana, Florenz, Sicilien, Siena und Venedig, während die Frauen in den Alpen gedrungener, beleibter und also unschöner werden.
Die Sitte des Cicisbeates, welchem wir später ein besonderes Kapitel widmen werden, ist im nördlichen Italien durch den Einfluß der französischen Herrschaft fast ganz verschwunden, obgleich sie dort als nationale Gewohnheit tief in alle Kreise der Gesellschaft eingedrungen war. Ebenso spielt der Cavaliere servente nur an wenigen Orten noch eine wenig glanzvolle Rolle.
Die Spanierin trägt das Kennzeichen der orientalischen Abstammung noch deutlich in ihrem ganzen Aeußeren an sich. Ganz besonders schön an ihr ist das schwarze, große Auge, die Anmuth und Gewandtheit in ihren Bewegungen, die Zartheit in Bau und Umriß der Glieder und der Ausdruck in der graziösen Haltung. Bevorzugt ihrer Schönheiten wegen sind besonders Andalusien und Malaga.
Da das weibliche Geschlecht der pyrenäischen Halbinsel schnell heranreift, so werden die Mädchen in einem Alter von 13 bis 14 Jahren verheirathet und verblühen dann sehr schnell.
Die Spanierin liebt die Bequemlichkeit, doch giebt es Gegenden, wie z.B. Alt-Castilien und Biskaya, wo sich die Weiber den schwersten Arbeiten, sogar dem Schleichhandel unterziehen. Hervorstechende Züge sind Edelmuth, Offenheit und Lebhaftigkeit.
In der Liebe ist die Spanierin leidenschaftlich und fordert vollständige Ergebung. Untreue vergilt sie mit dem größten Hasse und einer rücksichtslosen Rache.
Die orientalischen Gebräuche in dem Hauswesen, besonders in Beziehung auf das Einschließen der Frauen und ihre ängstliche, eifersüchtige Bewachung, haben sich nach und nach immer mehr verloren. Ganz besonders ist dies in großen Städten der Fall, wo französisches Wesen Eingang gefunden hat, und es wird dem weiblichen Geschlechte schon längst jede anständige Freiheit erlaubt.
Die Erziehung läßt allerdings noch sehr viel zu wünschen übrig, und so kommt es, daß die Bildung der Spanierin keine bedeutende ist: Lesen, Schreiben und Musik, ein wenig Kochen und – Tanzen, das können sie, wie das Sprüchwort sagt, schon ehe sie auf die Welt kommen. Aber sie sind, trotz aller scheinbaren Freiheit, Ungezwungenheit oder gar Ungenirtheit, doch im Umgange mit dem andern Geschlechte nicht sittenlos und scheinen nur mehr zu versprechen, als sie halten und gewähren.
Die in Spanien sehr häufig vorkommenden Zigeunerinnen (Gitana’s) sind oft von großem Liebreiz oder gar bezaubernder Schönheit, nur schade, daß sie so schnell verblühen und dann eine gradezu abstoßende Häßlichkeit zur Schau tragen. Auch liegt in ihrem Charakter eine außerordentliche Liebe zur Ungebundenheit, welche in der Vereinigung mit der Neigung zu Trägheit, Feigheit, Betrug
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