Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Staaten. Es hat die ihm anvertraute Gewalt nur zur Erreichung von Staatszwecken anzuwenden, nicht aber zur Befriedigung seiner Launen und Leidenschaften oder zu Privatzwecken, ist in seiner Person und unverletzlich heilig und in dieser Beziehung nur Gott verantwortlich. Die in der Staatsgewalt begriffenen Rechte (Staatshoheitsrechte, Staatsgewalten, Regalien) sind dem Volke gegenüber unantastbar und müssen von der Regierung gewahrt werden. Das Staatsoberhaupt muß rechtlich als fortdauernd gedacht werden und ist unabhängig von dem Wechsel der physischen Personen, durch die es vorgestellt wird.
Die Anwendung der Staatsgewalt in der Wirklichkeit ist die Staatsverwaltung, und die Grundsätze, nach denen sie von oben herab vollzogen wird, werden Staatsmaximen genannt. Sie kann entweder eine bureaukratische oder collegialische sein und geschieht im Auftrage des Staatsoberhauptes und in dessen Namen durch die Staatsbehörden. Dieser immerwährende und nie verlöschende Auftrag (resp. Verpflichtung) zu bestimmten Verwaltungsgeschäften, sobald sie nicht bloße mechanische Dienstleistungen sind, heißt Staatsdienst oder Staatsamt. Staatsbeamte sind also solche von dem Oberhaupt angestellte Personen, welche unter besonderen Verpflichtungen und auf die Dauer bestimmte Geschäfte zu öffentlichen Zwecken vorzunehmen haben. Die Beamten sind Repräsentanten der Staatsgewalt und werden also Beleidigungen gegen ihre amtliche Würde als Beleidigungen gegen die Staatsgewalt betrachtet und darnach bestraft.
Insofern die Staatsbeamten die Organe der Staatsregierung sind, bilden sie gewissermaßen den Gegensatz zu den Staatsbürgern, Staatsgenossen oder Staatsunterthanen, d.h. allen gesetzlichen Mitgliedern eines Staates, welche des Staatsbürgerrechtes theilhaftig sind. Dieses wird begründet durch Volljährigkeit, durch das Heimathsrecht und die Ansässigkeit im Lande und gewährt Anwartschaft zum Staatsdienste, zur Befugniß, als Abgeordneter oder Landstand gewählt zu werden oder auch bei dieser Wahl Theil zu nehmen, ein Gemeindeamt zu verwalten etc. und zwar dies alles außerhalb der allgemeinen Urrechte. Jeder Bürger ist verpflichtet zur Treue gegen das Oberhaupt, zum Gehorsam gegen das Gesetz, zur Beobachtung der Verfassung, zur Uebernahme der Staatslasten (Abgaben etc.) und zum Kriegsdienste. Die Thätigkeit der Staatsbürger, welche der angestrengten und fleißigen Erreichung ihrer erlaubten Privatzwecke und Sonderinteressen gewidmet ist (Reichthum, Ehre, etc.), dient zugleich zur Erfüllung der allgemeinen Staatszwecke und bildet den Inbegriff des sogenannten Staatslebens, welches nur bei einem gesicherten Rechtszustande und einer zeitgemäßen, den Entwickelungsgesetzen huldigenden Regierung ein kräftiges und gesundes sein kann. Dieses Staatsleben bedarf, wie überhaupt jedes andere Leben auch, einer materiellen Grundlage, eines Staatsgebietes und eines Staatsvermögens.
Das Staatsgebiet ist der von sämmtlichen Unterthanen und Bürgern bewohnte Landesbezirk und wird meist zur Erleichterung der Verwaltung in verschiedene Provinzen, Bezirke, Kreise, Aemter etc. eingetheilt. Da, wo die Civilisation ihre unteren Stufen überschritten hat, ist gewöhnlich das Eigenthum sehr vertheilt oder sollte es wenigstens sein, um der Gefahr der Eigenthumslosigkeit und der oft schädlichen Besitzesanhäufung zu begegnen. Die Grundeigenthümer und zwar vorzüglich die größeren, erfreuen sich gewöhnlich gewisser Vortheile und Begünstigungen, unter denen die besitzlosen Bürger leiden. Das Staatsvermögen oder Staatsgut ist der Inbegriff alles Dessen, was dem Staate als festes Eigenthum zusteht, sodaß der Gebrauch davon ohne Ausnahme nur allein dem Staatszwecke bestimmt ist. Dieses Vermögen nennt man wohl auch das unmittelbare, während man unter dem mittelbaren dann das Vermögen der Dorf-und Stadtgemeinden, der milden Stiftungen etc. versteht. Von dem allgemeinen Staatsgute unterscheidet man die Staatsgüter (Domänen). In Beziehung alles Staatseigenthumes und des Privatvermögens seiner Bürger hat der Staat die Verpflichtung, alle auswärtigen Staaten und Privaten von der Aneignung abzuhalten und sie von dem Gebrauche desselben, wenn nöthig, sogar mit bewaffneter Hand auszuschließen.
Die Sorge für die Herbeischaffung der zur Erreichung des Staatszweckes nöthigen Mittel liegt dem Staatshaushalte, der Staatswirthschaft oder Staatsökonomie ob, deren Lehren und Regeln in der Staatswirthschaftslehre begriffen sind. Diese
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