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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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haupt des Zeitalters an sich, dem er angehört, und in jeder einzelnen seiner Einrichtungen spricht sich die Durchschnittsstufe der menschlichen Erkenntniß aus, auf welcher sich die betreffende   Nation befindet. Darum steht das staatliche Wesen eben so sehr unter dem Einfluße derjenigen Entwickelung, welche sich alles irdischen Lebens bemächtigt hat, und muß dem Geiste der Zeit Rechnung tragen, welcher dem neunzehnten Jahrhunderte das Banner der Humanität in die Hand gedrückt hat.
    Keines der vorhergehenden Jahrhunderte hat so viel zur Verbreitung allgemeiner Bildung und zur Bethätigung echter Menschenliebe gethan, wie dasjenige, in welchen wir leben, und so groß und begründet auch die Vorwürfe sind, welche man ihm sonst zu machen gewohnt ist, grad’ diese Vorwürfe sind ein sicherer Beweis dieser Bildung und Humanität, welche ihren nothwendigen und unausbleiblichen Einfluß auf die staatlichen Einrichtungen auch ganz sicher üben werden. Alle jene alterthümlichen und mittelalterlichen Einrichtungen, unter denen das Gesammtwesen bis vor noch nicht längst vergangener Zeit zu leiden hatte, verschwinden mehr und mehr, die Abhängigkeit des Einen von dem Andern verschwindet ebenso, und vor allen Dingen ist es jetzt dem Unterthanen erlaubt, seine Stimme bis vor den Thron schallen zu lassen und durch seinen Vertreter den Wünschen Nachdruck zu geben, von deren Erfüllung sein Wohl und Wehe abhängig gemacht ist.
    Sclaverei und Leibeigenschaft, die beiden gesellschaftlichen Beulen der Vergangenheit, sind in dem Culturstaate nur noch in den leisesten ihrer Nachwehen, die endlich auch noch verschwinden müssen, zu bemerken; die Gesetzgebung aller Völker strebt darnach, dem Menschen den Besitz seiner angeborenen Würde zu erkämpfen und zu sichern, und selbst der Gefallene wird nicht mehr, wie früher, aus der menschlichen Gesellschaft, an der er sich versündigte, wie ein wildes Thier hinausgestoßen oder in klirrende Ketten geschmiedet, sondern die Liebe erbarmt sich seiner, als eines moralisch Kranken, dessen Heilung eine der größten und schönsten Pflichten des Staates ist.
    Einen Punkt freilich giebt es, welcher jedem Menschenfreunde als der dunkelste und traurigste der gegenwärtigen staatlichen Einrichtungen erscheint und gegen den sich die Angriffe fast aller zur Hebung und Besserung unserer Zustände Berufener richten, das ist der Krieg.
    Es war ein herrlicher Lobgesang, welchen die himmlischen Heerschaaren in der heiligen Geburtsnacht anstimmten: »Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!« Diese hier ausgesprochenen drei Forderungen hängen so eng zusammen, daß die Erfüllung   der einen ohne diejenigen der andern gar nicht möglich ist, und da auf den Frieden unter den Menschenkindern der meiste Nachdruck zu legen ist, und derselbe bisher nur eine Chimäre blieb, so darf man sich nicht wundern, wenn auch von einer wahren Verehrung Gottes und einem Leben im Wohlgefallen keine Rede sein kann. Die menschliche Schwäche und Leidenschaft ebenso wie die Verschiedenheit der Ansichten über die Verhältnisse der Politik, Religion etc. haben es zu keinem wahrhaften Frieden kommen lassen.
     
    »Sieh’, da zieh’n die wilden Blutvergießer,
    Mord in Händen, Mord im wilden Blick,«
     
    ruft Tiedge in seiner Urania, und Berthold Auerbach vergleicht den Degen des Cavaliers, den Säbel des Offiziers mit dem Schlächtermesser, welches vom vergossenen Blute raucht und der menschlichen Gesittung Hohn spricht. Trotzdem aber darf man bei den vergangenen und gegenwärtigen Verhältnissen dem Kriege nicht geradezu alle und jede Berechtigung absprechen. Es ist eine heilige Verpflichtung eines jeden staatlichen Körpers, sich gegen jede Verletzung irgend eines seiner von außen bedrohten Rechte mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln, und sei es mit der Waffe in der Faust, zu wehren, und ebenso darf er es nicht unterlassen, gefährliche innere Zustände, z.B. Revolution etc. mit aller Kraft zu unterdrücken, und hierzu bedarf es meist der Gewalt der Waffen. Ebenso muß zugegeben werden, daß durch die kriegerischen Beschäftigungen die Nationen gekräftigt und vor Verweichlichung bewahrt werden, wie auch unter dem Donner der Geschütze die Blume des Nationalbewußtseins, des Patriotismus und der Vaterlandsliebe am leichtesten erblüht; aber von diesen Vortheilen werden all’ die damit verbundenen Nachtheile nicht im Geringsten aufgewogen.
    Das edelste Naß heißt

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