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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Eroberungslust auf metaphysische Reiche, wo der Werth des kleinsten Fortschrittes den Preis eines neuentdeckten Erdtheiles übersteigt und dem siegreichen Vorwärtsdringen nicht Schranken gezogen sind, wie sie unser engbegrenzter Horizont den »Helden des Gedankens« entgegenstellt.
    Dann erst haben wir eine Geschichte, und ihre erste und hervorragendste Tochter wird eine Politik sein, die nicht mehr im Dunkeln tappt, sich an tausend unberechenbare Zufälligkeiten anklammern muß und nur hinter der Maske ihre Zwecke zu erreichen vermag, sondern die frei, offen und ehrlich vor Jedermanns Auge ihre Berechnungen macht und sich zum Schlagen ihrer Schlachten nicht mehr der Spitze des Degens, sondern der Schärfe des Geistes, der unwiderstehlichen Macht einer weltgeschichtlichen Idee bedient. Und jede einzelne dieser machtvollen Ideen richtet ihren Lauf nach einem Punkte, welcher mit göttlichem Magnetismus alles Seiende, alles Lebende und Wirkende an sich zieht und mit geheimnißvollem Zauber durchdringt, nach dem einen Punkte, welcher das A ist und das O, der Anfang und das Ende – – die Liebe.

Im Dunkel der Vorzeit
     
    »Es war finster in der Tiefe, und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser,« heißt es zu Anfange der mosaischen Versuche, die Entstehung der Erde in einer Weise darzustellen, welche dem beschränkten Denkvermögen des einfachen Menschen angemessen und leicht verständlich ist. »Es war finster auf der Tiefe,« und noch heut herrscht jene Finsterniß, welche uns jede Aufklärung verweigert, wenn wir es versuchen, in den Gang der Weltanfänge einzudringen. »Finsterniß bedeckte das Erdreich und Dunkel die Völker,« heißt es in einer späteren Stelle der biblischen Schriftensammlung, wie wir überhaupt in der letzteren sehr oft einer Hinweisung auf die »Finsterniß und Schatten des Todes« begegnen.
    »Tausend Jahre sind vor ihm wie ein Tag,« sagt die Schrift, und dieser »Tag des Geschehenen« hat seine Nacht, seine Dämmerung, seine Morgenröthe, seinen Sonnenaufgang, seinen Morgen, Mittag und Abend, wie ein jeder von einer einmaligen Umdrehung unsers Planeten hervorgerufene Erdentag. Wenn der orientalische Dichter sagt:
     
    »Wenn um die Berge von Befour
    Des Abends dunkle Schatten wallen,
    Dann tritt die Mutter der Natur
    Hervor aus unterird’schen Hallen,«
     
    so bezeichnet er mit der »Mutter der Natur« ganz richtig die Nacht als den Schooß, welcher verborgenes Leben in sich trägt, um es bei »siegender Morgenröthe« an das Licht zu gebären. Schwarz ist die Nacht, schwarz und farblos, aber nicht, weil sie keine Farbe hat, sondern weil sie alle Farben des Sonnenlichtes eingesogen hat und in ihrem Dunkel verborgen hält. So auch die große, lange Nacht, welche den Zeiten vorangeht,   die dem Auge des Geschichtsforschers leise und allmälig entgegendämmern. Sie ist nicht thaten-, nicht bewegungslos, wie es scheinen möchte, sondern es vollziehen sich in ihrer Verborgenheit die gewaltigsten physikalischen Ereignisse und Bewegungen; die natürlichen Gewalten, den himmlischen Gesetzen zwar unterthan, aber in einer scheinbar ungeregelten titanenhaften Thätigkeit, spielen, weltenschleudernd, mit den gigantischen Massen des unentwirrten Chaos; Sonnen fluthen durch Sonnen, Sterne thürmen sich über Sterne, brechen zusammen, durchkreuzen und umkreisen sich, suchen neue Bahnen, ziehen sich an, stoßen sich ab, bis allmälig – aber dieses allmälig umschließt Jahrmillionen – sichtbare Regel und Ordnung sich in den Bewegungen zeigt und jede einzelne Welt als ein in sich abgeschlossener Körper eine Individualität erhält, welcher es gegeben ist, eine selbstständige und unabhängige Geschichte zu entwickeln.
    Als Bestandtheil des Chaos gehörte die Erde vollständig dem Urstoffe der Schöpfung an; sobald sie anfing sich zu gestalten und ihre Trennung von der unendlichen Materie vollzog, begann sich ihre »Persönlichkeit« zu entwickeln, die erste Secunde ihres individuellen Daseins hatte begonnen, und die Geschichte durfte ihr theilnehmendes Auge auf den um die Sonne wirbelnden Sphäroiden richten, um die Geburtsstunde der irdischen Natur zu verzeichnen.
    »Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen – sind unvermögend, aus ihr herauszutreten, und unvermögend, tiefer in sie hineinzukommen. Ungebeten und ungewarnt nimmt sie uns in den Kreislauf ihres Tanzes auf und treibt sich mit uns fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arm entfallen.
    Sie schafft ewig nur Gestalten; was da

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