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Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Theodor Fontane (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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werden wohl in einem anderen Hotel Wohnung genommen haben«, so hieß es, und niemand machte was davon. Es war auch durchaus gleichgültig für alle, nur für mich nicht. Wenn ich ihn nicht fand, so war ich zehn, zwölf Tage lang auf meinen roten Doppellouisdor gestellt. Ich hatte jedoch nicht Zeit, mich meinen Besorgnissen darüber hinzugeben, denn kaum daß wir uns an den englischen Waschtischen, mit ihrem Wedgwoodgeschirr in Riesenformat, ajustiert hatten, so hieß es auch schon: »Nun aber nach Greenwich, meine Herren; heute nämlich ist ›Greenwich-Fair‹ und Sie können englisches Volksleben nicht besser kennenlernen als bei solchem Meß- und Jahrmarktstreiben.« Und ehe zehn Minuten um waren, waren wir auch schon auf dem Wege. Der Herr, der uns von »Greenwich-Fair« etwas englisch Eigenartiges versprochen hatte, hatte nicht zuviel gesagt. Kaum daß wir in die Jahrmarktsgasse mit ihren Spiel- und Schaubuden eingetreten waren, so waren wir auch schon inmitten eines Treibens, das, wenn man vergleichen will, halb an Schützenplatz und halb an rheinischen Karneval erinnerte. Man hatte sofort die Fremden in uns erkannt, und Männer und Frauen, die letzteren vorauf, machten uns zum Gegenstand ihrer Neckereien. Die Mädchen hatten sogenannte brushes in Händen, also wörtlich übersetzt »Bürsten«, die aber, ihrer Konstruktion nach, unseren Knarren gleichkamen und den entsprechenden schrillen Ton gaben, wenn man mit ihnen über Arm oder Rücken eines Vorübergehenden hinfuhr. Einige von uns ärgerten sich darüber, was mich wiederum ärgerte, weil es mir unendlich kümmerlich und kleinstädtisch vorkam, solchem reizend ausgelassenen Treiben gegenüber den sächsisch-preußischen Philister spielen zu wollen.
    Erst zu später Stunde waren wir wieder in London zurück und trafen uns am andern Morgen beim Frühstück. Alle waren guter Dinge. Nur meine Stimmung war ein wenig belegt, denn von Freund Scherz und den übrigen Insassen des ersten Bootes war noch immer keine Nachricht da. Das mit den »übrigen Insassen« hatte für mich wenig Bedeutung, aber der fehlende Freund desto mehr, er, meine Rücklehne, die Säule, mit der ich stand und fiel! Die ganze Sorge vom Tage vorher war wieder da, nur noch gesteigert, und ich beschloß zunächst, auf die Suche nach ihm zu gehen. Um es kurz zu machen, ich fand ihn auch, und zwar gleich auf den ersten Griff; er hatte sich in dem benachbarten »London Coffee-House«, einem berühmten uralten City-Hotel, Ludgate-Hill, dicht bei St. Pauls, untergebracht, und in diesem Hotel blieb er auch. Die Folge davon war, daß ich ihn während des ganzen Londoner Aufenthaltes wenig zu Gesicht bekam, weil wir uns, durch die Wohnungsverhältnisse bedingt, verschiedenen Parteien anschlossen. Eigentlich kamen wir erst wieder zusammen, als wir zehn Tage später auf dem »Monarch« unseren Rückweg antraten. Und was das Allerschönste war, ich war, all die Zeit über, ohne jeden Anspruch an ihn ganz gut durchgekommen, ja, merkwürdig zu sagen, auch ohne meinen Doppellouisdor als letztes Aufgebot in die Front zu ziehen. Alles machte sich wie von selbst; »sie säen nicht, sie ernten nicht, und ihr himmlischer Vater ernähret sie doch«.
    So war es damals, und so ist es mir noch öfters gegangen.
    Ich schloß mich, wie gleich am ersten Tage, der Gruppe meiner Reisegefährten an, die, gleich mir, das Adelaïde-Hotel bewohnte. Vormittags suchten wir die Stadt ab, nachmittags machten wir Partien in die Londoner Umgegend.
    Es sei zunächst hier von unseren Nachmittagsausflügen erzählt.
    Einer dieser Ausflüge ging über Kew, Richmond, Eton – wo wir einen Einblick in die »Schule« nehmen durften – nach Windsor . Der Zauber dieses imponierenden Schlosses, mit seinem noch aus der Zeit Wilhelms des Eroberers herrührenden mächtigen Rundturm, verfehlte nicht eines großen Eindruckes auf mich. Ich kam aber nicht in die Lage, mich auf lange hin davon beherrschen zu lassen, weil ein zufälliges Ereignis, das der Tag gerade mit sich führte, meine Aufmerksamkeit von den baulichen Herrlichkeiten rasch wieder abzog. In verhältnismäßiger Nähe des Schlosses läuft eine großartige Avenue von alten Rüstern, neben der sich, flach wie eine Tenne, ein wohl mehrere Kilometer langes Blachfeld hinzieht. Unser Weg, ich weiß nicht mehr zu welchem Zweck und Ziel, führte uns durch die oben erwähnte Avenue, die zur Zeit ganz still und einsam war. Aber mit einem Male hörten wir in der Ferne Stimmen und Hurraruf,

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