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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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selbst als Amateur. Er war bleich, dünn und offensichtlich sehr nervös. Eine unbefriedigende himmelblaue Tunika hing schlaff über seinen Schultern, als würde sie immer noch auf der Stange einer Marktbude stecken. Schriftrollen ragten aus einer verschlissenen Umhängetasche, die quer über seine Hühnerbrust geschlungen war.
    Als ich ihn anfunkelte, senkte er den Blick. Ich hielt meinen weiter auf ihn gerichtet.
    »Was gesehen, das Ihnen gefällt?«, blaffte ich ihn an. Ich ließ es klingen, als würde ich eine prompte Antwort verlangen, und das verdammt schnell, sonst würde etwas passieren, das ihm bestimmt nicht gefallen würde. »Ich suche nach Tullius Statianus. Kennen Sie ihn?«
    Die Worte kamen wie ein jämmerliches Blöken heraus. »Ich versuche ihm aus dem Weg zu gehen.« Na, das war mal eine Überraschung.
    Die Männer im Becken hatten das Herumspritzen eingestellt und hörten zu. Daher führte ich den Fremden nach draußen, wo ich ihn ohne neugierige Ohren befragen konnte.
    »Mein Name ist Falco, Didius Falco. Ich bin Römer und vertrete den Kaiser, aber lassen Sie sich davon nicht abschrecken.«
    »Lampon.«
    »Sind Sie Grieche, Lampon?« Das war er. Außerdem war er ein Dichter. Ich hätte es an seiner Fahrigkeit erkennen sollen. Ich war selbst Freizeitdichter, was mich aber nicht zu kollegialen Gefühlen gegenüber berufsmäßigen Schreiberlingen veranlasste. Sie waren weltfremde Parasiten. »Also, mein verseschmiedender Freund, warum verstecken Sie sich vor Statianus – und weswegen haben Sie mich angestarrt?«
    Er schien froh, sich mir anvertrauen zu können. Und so fand ich bald heraus, dass Lampon nicht nur irgendein Dichter war. Er war ein Dichter, von dem ich schon gehört hatte – und er war sehr, sehr verängstigt.
    Früher im Jahr war er in Olympia gewesen, wo er eines Abends von Milon von Dodona angeheuert worden war. Milon wollte, dass Lampon eine Dichterlesung für Valeria Ventidia hielt, in der Hoffnung, sie würde dann ihren Mann und ihre Mitreisenden überreden, Milons Statue zu finanzieren. Lampon wusste, dass Valeria in jener Nacht ermordet worden war, und hatte auch vor kurzem von Milons Tod erfahren.
    »Sie haben allen Grund, nervös zu sein«, teilte ich ihm unverblümt mit. »Aber mir davon zu erzählen ist das Beste, was Sie hatten tun können.« Da er Dichter war, neigte Lampon sowohl zur Feigheit als auch zu Zweifeln. »Ich bin genau der richtige Mann für diese Situation, Lampon. Sie erzählen mir alles – und können sich dann darauf verlassen, dass ich auf Sie aufpasse.«
     
    Er war leicht zu überzeugen. Bereitwillig erzählte er mir alles, was er wusste.
    Lampon und Milon hatten an jenem Abend vergeblich auf Valerias Auftauchen gewartet. Dann hatten sie den Rest der Nacht damit verbracht, sich zu betrinken. Milon war unglücklich über sein Versagen, Sponsoren aufzutreiben, und Lampon gab vor, der Wein helfe ihm, kreativ zu sein; wie die meisten Dichter trank er nur einfach gerne. Zusammen leerten sie viele Flaschen. Da sowohl Athleten als auch Schriftsteller eine Menge Übung im Weintrinken haben, blieben sie trotzdem wach. Also konnte Lampon jetzt für Milon von Dodona bürgen, der bis zum Morgengrauen bei ihm geblieben war. Milon konnte Valeria nicht getötet haben. Wäre er noch am Leben gewesen, hätte der mächtige Milon Lampon dasselbe Alibi geben können. Trotz Milons Tod war ich bereit, den Schreiberling zu entlasten. Ich kannte mich mit Dichterlesungen aus. Ich wusste alles darüber, wie es war, mit seinen Schriftrollen anzukommen und kein Publikum vorzufinden. Während Saufen ein natürlicher Trost sein würde, war das Umbringen eines Mädchens, das nicht erschien, für einen Dichter nicht der Mühe wert.
    Was Lampon mir als Nächstes erzählte, war sogar noch wichtiger. »Das Mädchen hatte ein besseres Angebot.«
    »Sie haben das bessere Angebot
gesehen?
«
    Lampon blickte beschämt. »Ich hab es Milon nie erzählt.«
    »Haben Sie es jemand anderem erzählt?«
    »Ich bin am nächsten Tag mit Milon zu den Zelten gegangen. Er wollte wissen, warum sie nicht gekommen war. Er kapierte einfach nicht, wenn Leute kein Interesse an ihm hatten …« Der Dichter verfügte eindeutig über mehr Erfahrung.
    »Was ist beim Zelt passiert?«
    »Uns wurde berichtet, dass sie ermordet worden war. Milon war entsetzt – und nervös, falls man ihm die Schuld geben sollte. Zwei Männer redeten mit ihm, dann schickten sie ihn weg. Während sie sich unterhielten, sah ich

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