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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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weichzuklopfen. Zunächst fragte sie nach Aelianus. Zwischen einzelnen Bissen erzählte uns Statianus, wie sie in Olympia Freunde geworden waren. Aulus schien Erfahrung mit tragischen Situationen zu haben und hatte Statianus überredet, ihm zu trauen. Er hatte Mitgefühl dafür gezeigt, wie Statianus im Laufe der Ermittlungen zu Valerias Tod vom Quästor unter Druck gesetzt worden war. Als die Gruppe nach Korinth gebracht und unter Hausarrest gestellt wurde, hatte Statianus es nicht ertragen, Aquillius erneut gegenüberzutreten. Er verzweifelte und beschloss, nach Delphi als letztem Ausweg abzuhauen. Aulus war mitgekommen.
    »Und wo ist er jetzt? Warum hat er Sie verlassen?«
    »Ich kann’s ihm nicht verdenken. Er hält es für eine Zeitverschwendung. Hier kann man nichts tun außer zu warten, Monat um Monat, während die Organisatoren im Tempel die Genehmigungen für Fragen austeilen, immer an andere Leute. Aulus sagte, meine Verbindungen seien nicht gut genug, um jemals eine Chance beim Orakel zu bekommen. Aber ich kann warten. Ich trainiere hier ein bisschen im Gymnasion. Manchmal laufe ich …«
    »Ja, wir wissen, dass Sie laufen können«, knurrte ich ironisch. »Sie benutzen die Trainingsbahnen hier beim Gymnasion?« Die Sportanlagen befanden sich auf zwei Ebenen, mit einer Waschgelegenheit dazwischen. Das untere Gebäude schien eine Palästra zu sein, mit dem üblichen großen Innenhof und Seitenräumen für das Boxtraining. Als ich für unser Picknick einkaufte, hatte ich gesehen, dass das obere Gebäude über eine gedeckte Halle mit Laufbahn verfügte, die bei heißen oder sonst ungünstigen Witterungsverhältnissen benutzt werden konnte, mit einem offenen Säulengang dahinter. Beide Bahnen hatten die Länge eines ganzen Stadions. »Aulus ist ziemlich sportlich. Hat er mit Ihnen trainiert?«
    »Ja, aber hier festzuhängen hat ihn gelangweilt. Er wollte mich überreden, das Orakel aufzugeben, doch ich bestehe darauf. Ich brauche die Hilfe der Götter, um herauszufinden, was mit meiner Frau passiert ist.«
    Etwas Rauhes hatte sich in seine Stimme geschlichen. Wir ließen ihn ein paar Minuten in Ruhe. Schließlich lenkte Helena ihn zurück auf den Anfang seiner Ehe, fragte, wie Valeria als seine Braut ausgewählt worden war. Statianus bestätigte, dass sich das Paar vor der Hochzeit kaum gekannt hatte. Valerias Mutter war vor Jahren mit seiner Mutter befreundet gewesen.
    »Sie war unbescholten, aber billig zu haben?« Meine Offenheit tat weh. Statianus straffte sich, als hätte er erkannt, dass er von mir härter ins Verhör genommen wurde, als er es bisher erlebt hatte. Aquillius Macer hatte ihn hartnäckig für schuldig gehalten, aber es mangelte ihm an Stoßkraft. Selbst Aulus wäre mit einem gleichrangigen Patrizier sanft umgegangen – er ließ selten seinen Charme spielen, bewahrte sich jedoch eine hochnäsige Höflichkeit für seine eigene Gesellschaftsschicht.
    Ungeduldig wegen meiner Grobheit, beugte sich Helena zu Statianus. »Wir waren bei Ihrer Mutter in Rom. Sie denkt an Sie, vermisst Sie. Sie möchte, dass Sie nach Hause kommen, damit sie sich um Sie kümmern kann.«
    Er stieß ein kleines Schnauben aus. Ich schätzte, er erkannte, dass Tullia Longina meinte, er solle mit seinem Leben weitermachen – was eine rasche Wiederverheiratung bedeutete.
    Ich ließ Helena die Befragung fortsetzen. Mitfühlender als ich, zog sie Statianus seine Version dessen, was mit seiner Frau in Olympia passiert war, aus der Nase. Die stimmte größtenteils mit dem überein, was wir gehört hatten. Valeria wollte sich mit Milon von Dodona treffen, um sich eine Rezitation anzuhören. Sie hatten sich darüber gestritten. Ihr Mann gab zu, dass sie sich häufig stritten.
    »Haben Sie Ihre Frau geliebt?«
    »Ich war ein guter Ehemann.«
    »Mehr kann niemand verlangen«, versicherte ihm Helena ernst.
    Bei ihr war es mehr. Viel mehr, und das wusste sie. Sie drückte kurz meine Hand, als befürchtete sie, ich wolle mich ungehalten einmischen.
    Sie sprachen über den unheilvollen Abend. Statianus war mit den Männern zum Essen gegangen. Er kam zurück, fand Valeria nicht vor und ging wieder los, um sie zu suchen. Keiner der anderen zeigte Interesse; er suchte allein. Er konnte sie nicht finden. »Sind Sie an dem Abend zur Palästra gegangen?«, fragte Helena.
    »Nein. Dafür habe ich mich schon tausendmal verflucht, aber es war ein privates Vereinshaus. Sie hatten Türsteher, die Nichtmitgliedern den Eintritt verwehrten.

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