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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Polystratus schüttelte den Kopf, woraufhin ich mich rasch zurücklehnte, um nicht von seinem dick aufgetragenen Haaröl besprüht zu werden. »Delphi macht jetzt für den Winter dicht. Das Orakel begibt sich in den Winterschlaf. Dort hat er seine Chance verpasst.«
    »Das haben Sie ihm erzählt und ihn völlig deprimiert zurückgelassen?«
    »Ja, ich habe ihn zurückgelassen.« Das sagte er ganz sachlich. Bei manchen Leuten würde ein so beiläufiger Ton ihre Ehrlichkeit bestätigen.
    »Sie haben ihn nicht ermutigt, sein Glück woanders zu versuchen – zum Beispiel in Lebadaia?«
    »Wo?«, fragte Polystratus. Er log. Der Kellner hatte gesagt, Polystratus habe mit Statianus über Lebadaia gesprochen.
     
    Ich verlor diese glitschige Meerschnecke aus dem Griff, und so wechselte ich das Thema. »Reden wir über Sie. Stammen Sie aus Griechenland, Polystratus?«
    »Aus Italien.«
    »Brundisium?«
    »Stimmt, daher kenne ich Phineus.«
    »Sind Sie beide gleichberechtigte Partner?«
    »Ich kenn ihn seit Jahren, Falco.«
    »Tja, er hat sich aus dem Staub gemacht.«
    »Gute Götter«, sagte Polystratus mit wissender Farblosigkeit.
    »Er war im Gefängnis. Ist aus seinen Ketten geschlüpft.«
    »Was mag ihn dazu veranlasst haben, Falco?«
    Ich verschwendete meine Zeit nicht mit dem Warum. Ich wollte nur wissen, wohin Phineus verschwunden war.
    »Er weiß, was er tut«, sagte Polystratus. »Er hat nichts verbrochen. Die Obrigkeit kann ihn nicht festhalten.«
    »Und – ist er mit Ihnen nach Delphi gereist?«
    »Warum sollte er? Den Auftrag hat er mir erteilt. Also ist er hiergeblieben.«
    »Wann sind Sie denn aus Rom hier eingetroffen?«
    »Vor etwa einer Woche. Spielt das eine Rolle?«
    »Könnte sein.« Ich hoffte, ihn durcheinanderzubringen. Wenn ich so darüber nachdachte, hätte es Polystratus sein können, den ich mit Phineus auf dem Forum gesehen hatte an dem Tag, als ich mit gesenktem Kopf vorbeiging, unterwegs mit Cleonymus nach Akrokorinth.
     
    Wein wurde uns gebracht. Ich konnte mich nicht erinnern, welchen bestellt zu haben. Vielleicht war Polystratus der Typ, dem automatisch eine Flasche Wein auf den Tisch gestellt wurde, wo immer er hinging. Der Wein war auch gar nicht schlecht. Ich sann darüber nach, ob mich das erstaunte.
    Aller Voraussicht nach würde ich derjenige sein, der die Rechnung zahlte. So ist das mit Männern, die vielfache Geschäftskontakte haben. Wenn sie einen nicht zu etwas verpflichten wollen – was nur Schlechtes bedeuten kann –, neigen sie dazu, aufzuspringen und zu gehen, kurz bevor die Rechnung kommt.
    Mein Vater pflegt sogar mit einer arroganten Geste die Rechnung zu verlangen – und sich zu verdrücken, sobald der Kellner die Summe addiert hat.
     
    Eine Weile trank ich schweigend. An Papa zu denken dämpft stets meine Stimmung.
    Dann bat ich Polystratus in beiläufigem Ton, mir zu erzählen, was bei seinem Besuch in Delphi passiert war.
    »Nicht viel.« Er zuckte mit den schmalen Schultern unter den etwas übergroßen Ausbeulungen seiner gelben Tunika und strich sich mit der Hand über das dunkle Stoppelkinn. »Ich wollte den Kunden mit hierher zurückbringen, damit er sich den anderen wieder anschloss, aber er weigerte sich. Als Rettungsmission war es zwecklos. Ich verbrachte einen Abend mit ihm in seiner Unterkunft – er erwähnte Sie, Falco. Und Ihre Gemahlin ist auch mit hier, nehme ich an?«
    Ich blieb bei der Sache. »Statianus erwies sich also als dickköpfig. Aber hat er Ihnen erzählt, was er als Nächstes tun wollte?«
    »Nein, hat er nicht.«
    »Und Sie haben dann Delphi verlassen?«
    Polystratus sah mich erstaunt an. »Ich musste zurück. Ich werde gebraucht. Unsere Reisegruppe ist hier gestrandet, wie Sie wissen dürften. Phineus hat mich nach Griechenland beordert, um dabei zu helfen, mit dem Büro des Quästors zu verhandeln. Der obergescheite Junge in Purpur will unsere Gruppe nicht gehen lassen.« Er gab vor, mir einen Seitenblick zuzuwerfen. »Könnte das was mit Ihnen zu tun haben, Falco?«
    »Aquillius hat aus vollkommen eigenen Stücken beschlossen, sie unter Hausarrest zu stellen.«
    Polystratus nickte, wenngleich er und Phineus es mir ankreideten. Aquillius könnte sogar behauptet haben, ich sei daran Schuld. »Wir versuchen an den Statthalter heranzukommen. Er sollte das Problem für uns lösen.«
    »Kennen Sie beide den Statthalter, Polystratus?« Mich würde nichts mehr überraschen.
    »Oh, Sie sind doch angeblich der Mann mit den bedeutenden

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