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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Zecher wieder in der Nacht verschwanden.
     
    LX
    Ich mag gute Feste. Wer mag sie nicht?
    Glauben Sie mir, dieses gefiel mir absolut nicht.
     
    Ich versuchte vorzugeben, dass das Ereignis nicht stattfinden würde. Am folgenden Tag kehrte ich zum Lykabettos zurück und suchte nach der verträumten Philomela. Sie war nicht in ihrer Hütte. Ich blickte über die Ebene zum Meer und wünschte, ich wäre an Bord einer der Triremen oder Handelsschiffe, die ich gerade noch ausmachen konnte, vor Anker in dem fernen blauen Wasser. Ich wollte nach Hause.
     
    Bei meiner missmutigen Rückkehr in den Gasthof fand ich Helena beim Lesen von Platons
Symposion
vor, als Vorbereitung auf den Abend.
    »Wie schön für dich! Interessantes Zeug?«
    »Seitenweise Debatten über die Arten der Liebe. Ansonsten hat sich unter den Graubärten von Athen nicht viel geändert. Hör dir diesen Abschnitt an, Marcus …«
    »Ich bin nicht in der Stimmung für Platon, Herzchen.«
    »Das wird dir gefallen.«
    »Bleibt mir denn eine Wahl?«
    Während ich meine staubigen Stiefel auszog und sie grimmig säuberte, las sie mir vor: »›Plötzlich sei an der äußeren Tür gepocht worden, und es sei ein großes Geräusch entstanden, als hörte man Stimmen von Herumziehenden mit einer Flötenspielerin. Da habe Agathon gesagt: Leute, geht keiner nachsehen? Und wenn es von näheren Freunden einer sei, so nötigt ihn herein; wenn nicht, so sagt nur, wir tränken nicht mehr, sondern ruhten schon. Nicht lange darauf habe man im Vorhaus des Alkibiades’ Stimme gehört, der schon trunken schien und laut schrie, fragend, wo Agathon sei, und fordernd, zum Agathon gebracht zu werden. Sie hätten ihn also zu ihm geführt, von der Flötenspielerin unter den Arm gefasst und von einigen anderen seines Gefolges, er sei aber an der Tür stehen geblieben, geschmückt mit einem dicken Kranz von Efeu und Violen, und Bändern in großer Menge auf dem Kopf, und habe gesagt: Ihr Männer, seid gegrüßt. Ihr werdet jetzt noch einen schon tüchtig trunkenen Mann zum Mittrinken aufnehmen.‹ … Ich hab dir doch gesagt, dass Philosophie Spaß macht.«
    Ich lachte; wie immer hatte mich Helena besänftigt. »Ich gebe zu, dass es ein entsetzlich vertrautes Porträt eines sehr betrunkenen Mannes ist. Ich glaube, Minas von Karystos ist Platoniker.«
    Helena zuckte zusammen. »Und mein Bruder ist auf dem besten Wege, sein Alkibiades zu werden?«
    »Mach dir keine Sorgen«, erwiderte ich freundlich. »Alkibiades mag zwar ein Säufer gewesen sein, aber er war ein äußerst charismatischer Kerl!«
    »Das denken Besoffene gern von sich«, seufzte Helena.
     
    Das Fest fand in einem Gasthof statt, zum Glück nicht in unserem. Phineus und Polystratus hatten die Sieben-Stätten-Gruppe in einem heruntergekommenen Etablissement untergebracht, das näher an Piräus als an Athen lag.
    Die Reisenden hatten sich wenig verändert, seit wir uns in Korinth von ihnen verabschiedet hatten. Momentan maulten sie darüber, dass sie bei jeder Besichtigungstour mehrere Meilen hin und zurück wandern oder teure Transportmittel mieten mussten. Phineus hatte sie auf einen offiziellen Besichtigungsausflug nach Athen mitgenommen und sie danach sich selbst überlassen. Der Fremdenführer auf diesem Ausflug war nicht zu verstehen gewesen und hatte nur Interesse daran gehabt, sie zum Andenkenladen seines Onkels zu bringen. Volcasius hatte zu lange beim Niketempel verweilt, war unbemerkt zurückgelassen worden und hatte sich verlaufen. Bis er den Weg zurück zum Gasthof gefunden hatte, waren die anderen zu einem Essen aufgebrochen, das ihm entging. Drei Tage später stritt er immer noch mit Phineus darüber, da er für dieses Essen im Voraus bezahlt hatte. Die anderen stritten sich ebenfalls mit ihrem Reiseleiter, weil die versprochenen Tänzerinnen nicht aufgetaucht und der Wein ausgegangen war.
    »Alles wie immer«, teilte uns Marinus grinsend mit.
    Doch wir spürten Unterschiede. Uns blieb genug Zeit zur Beobachtung, da Minas von Karystos mit seiner Verpflegungsmannschaft auch zwei Stunden nach der vereinbarten Zeit noch nicht aufgetaucht war. Ein Fest zu organisieren mochte seine Stärke sein, aber er vollbrachte es
sehr
langsam. Ich hoffte, das bedeutete, dass er die Zeit für die Planung verwendete. Doch ich befürchtete, dass er zu einem anderen Fest gegangen und sein Versprechen an uns vergessen hatte.
    Die Reiseteilnehmer, oder zumindest ihre bis dato Überlebenden, hatten sich pünktlich eingefunden. Wir

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