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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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hinterhältiger Gauner sein, und doch belog er mich mit volltönender, tiefstimmiger Aufrichtigkeit.
     
    XXXI
    »Ich hörte, Sie seien nach Kythera gereist.«
    »Oh – die Gruppe hat ein anderer Mann übernommen!«, erwiderte Phineus in abschätzigem Ton. Ich konnte nicht erkennen, ob das auf den Mann, die Gruppe oder auf beide gemünzt war. Vielleicht hatte der andere Reiseleiter Phineus den Kythera-Auftrag vor der Nase weggeschnappt – und damit auch die Trinkgelder.
    Wir gingen nebeneinander her. Die Kaschemme war zu intim gewesen, und wir wollten beide nicht, dass dieses Gespräch von dem neugierigen Besitzer und den Gästen mitgehört wurde. Korinth besaß viele Plätze und Kolonnaden, durch die man schlendern konnte. Wir waren unterwegs zum Hauptforum. Es war so grandios, dass zumindest ich mich dort anonym fühlte. Doch diese Mehrfachläden, immer mindestens sechs direkt nebeneinander, die sich an jeder Fassade des mit Friesen geschmückten Platzes entlangzogen, konnten voll wissbegieriger Ohren sein. Korinth musste seine Version römischer Spitzel besitzen – und wenn es nur Straßenspione waren, die dem Statthalter von den Aktivitäten solcher Sekten wie die der Christen berichteten.
    »Ich brauche Hintergrundinformationen von Ihnen«, sagte ich.
    »Über meine Kunden?«, fragte Phineus milde.
    »Zunächst über Ihr Unternehmen, bitte. Wie lange veranstalten Sie schon diese geführten Reisen?«
    »Seit Neros legendärer Griechenlandreise. Das war das erste Jahr, das Besucher anzog; ich erkannte, dass es von da an nur besser werden konnte.«
    Also war er seit zehn Jahren mit Touristen unterwegs. Ich schätzte ihn auf Anfang vierzig. »Was haben Sie davor gemacht, Phineus?«
    »Dies und das. Ich stamme aus dem Süden.«
    »Von Griechenland?«
    »Von Italien!«
    »Da war ich schon mal.« Ich war in Kroton gewesen, der Heimatstadt des ursprünglichen Ringerhelden Milon. Mir war es vorgekommen, als wäre der Süden Römern gegenüber feindselig eingestellt, die Städte voll starrender Augen und missgünstiger Gesichter. Helenas erster Mann stammte aus Tarentum und war ein übler Geselle. Automatisch wurde mein Ton säuerlich. »Aus welchem Teil?«
    »Brundisium.« Eine Hafenstadt. Immer anfällig dafür, Männer mit schlechter Moral hervorzubringen. Allerdings einer der Haupteinschiffhäfen für Griechenland und daher ein gutes Zuhause für einen Mann, der sich als Reiseunternehmer betätigte.
    Ich wandte mich von seiner Vergangenheit ab. »Wer hat beschlossen, Auslandsreisen zu vermitteln? Sind Sie der Besitzer des Unternehmens, oder sollte ich über eine höhergestellte Geschäftsführung Bescheid wissen?«
    »Das Reisebüro gehört mir.« Er klang stolz. Nach der momentanen Tour zu urteilen, hatte Kundenzufriedenheit für ihn keinen sehr hohen Stellenwert. Das ersparte es ihm, sich wegen mangelnden Lobes seiner Kunden niedergeschlagen zu fühlen. Ihm reichte es, sein Bankguthaben zu zählen.
    »Sie haben es Sieben Stätten genannt. Also nehme ich an, dass die ganzen sieben Weltwunder auf dem Reiseplan stehen?« Ich versuchte anzugeben: »Die Zeusstatue in Olympia, der Tempel der Artemis in Ephesos, der Koloss von Rhodos, die Hängenden Gärten von Babylon – Sie fahren nach
Babylon?
« Phineus lachte verächtlich. »Sie haben es also im Angebot und hoffen, dass niemand danach fragt. Das Mausoleum von Halikarnassos, der Pharos-Leuchtturm und die Bibliothek von Alexandria, die Pyramiden und die Sphinx von Giseh.«
    »Halikarnassos versuche ich ebenfalls zu vermeiden«, teilte mir Phineus vertraulich mit. »Das liegt auf halbem Weg zum Hades.« Wenn es um die Erkundung ferner Orte ging, schien er das bequeme Leben vorzuziehen.
    »Trotzdem haben Sie den Kunden die Möglichkeit gegeben, an einigen der berühmtesten kulturellen Brennpunkte ›Tiberius war hier‹ hinzukritzeln.«
    »Und genau das machen sie auch! ›Laminus sah dieses Monument und war verblüfft … Septimus hat in diesem Gasthaus gut geschissen und sich an der Schankkellnerin erfreut.‹ Für die mag das ja in Ordnung sein, Falco, aber ich muss an die Orte zurückkehren. Wütende Tempelpriester, die wissen, dass meine vorherigen Kunden fünfhundert Jahre alte Säulen verschandelt haben, kann ich überhaupt nicht brauchen. Und erst recht keine verbitterten Schankkellnerinnen, die sich daran erinnern, wie knickrig meine vorherigen Kunden mit dem Trinkgeld waren.«
    »Sie verteilen doch sicher Verhaltenshinweise, oder? ›Seien Sie diskret,

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