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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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verkneifen.
    »Natürlich. Am nächsten Morgen wurde das blöde Mädchen vermisst, ihre verdammte Tante kreischte wie verrückt herum, wir mussten unsere Abreise verschieben und einen ganzen Tag mit der erfolglosen Suche nach der lieben kleinen Caesia verbringen. Das werde ich nie vergessen. Es schüttete wie aus Eimern.«
    »Sie war über Nacht verschwunden?«
    »Die Tante meldete es, als wir aufbrechen wollten. Ich glaube, sie hatte bis zum Morgen gewartet.« Phineus sah, wie ich ihn von der Seite musterte. »Falls die liebe kleine Caesia sich einen Freund gesucht und bei ihm hatte bleiben wollen.«
    »Hatten Sie einen Grund für diese Annahme?«
    »Dass sie einen Freund gefunden hatte? Kann ich mir nicht vorstellen. Sie war eine prüde kleine Maus. Zuckte zusammen, wenn jemand sie auch nur ansah. Schien Männer nicht zu mögen.«
    Das war mir neu. Außerdem unrichtig. Ihr Vater hatte gesagt, es habe zu Hause in Rom einen Vorfall mit einem Mann gegeben. »Sie dachten, sie hätte keine Erfahrung?«
    »Sie versteckte sich auf der ganzen Reise hinter den Röcken älterer Frauen.« Versteckte sich wovor, fragte ich mich.
    »Wer machte ihr schöne Augen?«
    »Niemand.« Phineus blickte verärgert. »Verdrehen Sie meine Worte nicht. Das habe ich nie gesagt.«
    Ich ging das Thema von einer anderen Seite an. »Haben Sie ihren Vater kennengelernt – hinterher?«
    Jetzt war Phineus derjenige, der zusammenzuckte. »Warum? Was hat ihr Vater behauptet, Falco?«
    »Sind Sie aber empfindlich! Das war nur eine schlichte Frage.«
    »Ich bin ihm begegnet«, gab Phineus zu. »Ich war höflich zu ihm. Er hatte sein Kind verloren, und ich empfand Mitleid. Es gab nur überhaupt nichts, was ich tun konnte, um dem Mann zu helfen. Ich wusste nicht, was mit Marcella Caesia passiert war.« Er hielt inne. Ich konnte nicht erkennen, was er dachte, hatte aber erneut das Gefühl, dass es durchaus Dinge gab, die Phineus verheimlichte. »Außer dem einen, Falco – wenn Caesia wirklich in der Nacht vor unserer Abreise verschwand, dann hat ihr mit Sicherheit keiner der männlichen Mitreisenden aus dieser Gruppe etwas angetan. Das wäre unmöglich gewesen. Alle waren an Tag vier mit mir zusammen, von dem Moment an, als wir die Frauen an dem Morgen verließen – einschließlich Caesia, bei bester Gesundheit.«
     
    XXXII
    Aquillius und ich hatten lange gebraucht, Phineus zu finden, und es war viel Lauferei gewesen. Außerdem hatte mir das Reden mit ihm das Hirn vernebelt. Ich wusste, dass er mich beschwindelte. Nachdem ich ihn verließ, war mir unwohl. Ein Blick hinauf zum Bergfels mit den fernen, traumverlorenen Tempeln erfüllte mich mit Trägheit. Ich hatte das Interesse verloren, heute nach Akrokorinth hinaufzuklettern.
    Ich kehrte zum Elefant zurück, erfuhr, dass Helena einkaufen gegangen war, und griff auf die ehrliche Ausrede eines Ermittlers zurück – meine Notizen zu vervollständigen. (Es gibt andere Ausreden, weniger einleuchtend, wenn auch oft mit mehr Spaß verbunden.) Rein zufällig verrichtete ich diese sinnvolle Arbeit im Innenhof der Stute, wo mir schließlich ein Mittagsmahl angeboten wurde. Da ich einen ihrer Tische besetzte, wäre es unhöflich gewesen, abzulehnen.
    Als Helena kam und mich schuldbewusst über einer Schale und einem Becher vorfand, blieb mir wegen ihres eigenen schlechten Gewissens eine Rüge erspart. Sorgfältig ordnete sie die Falten ihres leichten Rockes und der anmutigen Stola – eine Verzögerungstaktik, die ich kannte. Dann gestand sie mir, antike Vasen eingekauft zu haben. Wir konnten uns diese Antiquitäten leisten, für die Korinth einst berühmt gewesen war, doch Helena hatte vor, die meisten für das Geschäft meines Vaters nach Rom zu exportieren. Ich sagte ihr, was ich davon hielt. Helena fand, ich sei ungerecht zu Papa. Wir hatten eine befriedigende Kabbelei über die Bedeutung von »ungerecht«, nach der wir, da keiner von unserer Reisegruppe anwesend war, in unser Zimmer schlichen, unsere Kleider von uns warfen und uns gegenseitig daran erinnerten, worum es beim Zusammenleben ging.
    Was niemanden sonst etwas angeht.
    Einige Zeit später fiel mir ein, Helena den Brief von ihrem Bruder zu geben, den mir Aquillius gebracht hatte.
     
    Unser vagabundierender Student war immer noch davon überzeugt, wir wären auf seinen Pfiff hin Hals über Kopf nach Griechenland geeilt. Wie er erraten hatte, dass wir durch Korinth kommen würden, wurde nicht erklärt. Aulus hatte eine nüchterne,

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