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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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Sie da, Phineus?«
    »Ach ihr Götter, daran kann ich mich nicht erinnern!« Seine Stimme war leise und voller Gereiztheit. Ich hob meine Lippen von dem klebrigen Becher und sah Phineus an. Er musste zum damaligen Zeitpunkt eine Antwort gehabt haben – und die wollte ich hören. »Es geschah am letzten Tag«, bemerkte er auf seine abschätzige Art.
    Der junge Glaucus hatte mir von dem Programm berichtet. Während Phineus und ich auf den massiven dreibogigen Eingang des Forums zugingen, neben dem riesigen Komplex des Peirene-Brunnens, zählte ich die Veranstaltungen auf: »Tag eins: Ablegen des Eides der Athleten, Wettkämpfe der Herolde, Opferungen, Reden. Tag zwei: Pferdewettkämpfe (Wagenrennen und Wettreiten), der Pentathlon. Tag drei: Opferung der hundert Ochsen für Zeus, Laufwettbewerbe. Tag vier: Kampfsportarten – Ringen, Boxen, Pankration.«
    »Und der Wettlauf in voller Rüstung«, fügte Phineus hinzu. Pedantischer Drecksack.
    »Tag vier muss für anwesende Frauen besonders ermüdend sein, stelle ich mir vor. Zusammengepfercht, ohne viel mehr unternehmen zu können, als darauf zu warten, dass ihre männlichen Begleiter nach Hause kommen, und zu wissen, dass die Männer nur von Blut und Klopperei reden würden.«
    »So wie ich das sehe«, meinte Phineus aufgeblasen und ohne viel Mitgefühl, »müssen diese reichen Frauen wissen, auf was sie sich einlassen, wenn sie ihre Männer schon auf einer Sportreise begleiten.«
    »Meine Frau würde vermutlich sagen, alle Frauen unterschätzen, was Männer ihnen zumuten.«
    Wir waren jetzt am Brunnen. Wir standen auf den Stufen und wurden von Menschen angerempelt, die hektisch zu den Becken hinab- und wieder hinaufgingen. Sechs dramatische Bogen ragten über den düsteren Zisternen auf, die etwas unter dem Niveau des modernen Forums lagen. Ich fragte mich, ob das die ursprüngliche Höhe des Fundaments war, vor der brutalen Zerstörung durch Mummius, der Korinth im Namen Roms erobert hatte.
    »Marcella Naevia ist reiseerfahren, wurde mir gesagt, aber sie und ihre junge Nichte wussten vielleicht wenig über die Welt des Sports. Vielleicht waren
sie
nicht darauf vorbereitet, Phineus. War die Tante alleinstehend, verheiratet oder verwitwet?«
    »Sie war eine Nervensäge«, erwiderte Phineus. »Erhob ständig Protest. Hatte dauernd was zu meckern.« Demnach eine typische Sieben-Stätten-Kundin.
    »Sie hatte was gegen Sie?« Das war geraten, traf aber ins Schwarze.
    »Allerdings.«
    »Warum?«
    »Absolut keine Ahnung.« Ich hätte da ein paar Vorschläge gehabt. Wieder machte er dicht. Wieder wartete ich. »Die Frau war unvernünftig.«
    »Die Frau hatte ihre Nichte verloren, Phineus.«
    »Niemand wusste, dass das Mädchen tot war. Genauso gut hätte es mit einem langbeinigen Schnellläufer durchgebrannt sein können.«
    »Brennen auf Ihren Reisen regelmäßig Jungfrauen mit Athleten oder anderen Mannsbildern durch?«
    Phineus lachte derb. »Nein, für gewöhnlich sind sie am Ende schwanger. Meine Aufgabe besteht darin, den dicken Bauch rechtzeitig zu bemerken und sie nach Rom zu verschiffen, bevor sie das Kind kriegen – danach hat meine Firma nichts mehr damit zu tun!«
    »Das erspart Ihnen sicherlich eine Menge Ärger«, sagte ich. Er fasste es als Kompliment auf.
     
    Nach einer Weile schritten wir auf den breiten Brunnenstufen hinunter zu einem vom Wasser gekühlten offenen Innenhof. Die Becken befanden sich nach wie vor unter uns und waren über ein paar weitere Stufen zu erreichen. Wir hörten Wasser aus sechs löwenköpfigen Speirohren herabrauschen. Überschattet von den Umfassungsmauern, bewegten wir uns vorsichtig auf den feuchten Steinplatten. Bewundernd blickte ich zu der geschmackvoll bemalten Architektur hinauf und brachte Phineus wieder auf das vorherige Thema zurück. »Also – Tag vier vor drei Jahren: Was ist da passiert, Phineus?«
    »Die Männer hatten einen wirklich guten Tag bei den Kampfsportarten verbracht, und danach hatte ich ein Festmahl für sie organisiert.«
    »Vermutlich können Sie sie nicht zu dem offiziellen Siegerbankett mitnehmen? Das Prytaneion ist den Wettkämpfern vorbehalten. Also haben Sie für eine Alternative gesorgt – ähnlich derjenigen, die Sie für die momentane Gruppe organisiert haben?« Dabei würde es sich um einen langweiligen Abend mit abscheulichen Erfrischungen gehandelt haben, wie von dem wütenden Gruppenmitglied Sertorius geschildert. »War’s gut?« Ich konnte mir den Sarkasmus nicht

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