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Delphi sehen und sterben

Delphi sehen und sterben

Titel: Delphi sehen und sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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errichten. Die Straße führte uns bergan, die steile Steigung forderte unser Durchhaltevermögen heraus. Nux jagte mühelos voraus und kam wieder zurückgeschossen, ein kleines, aufgeregtes Fellbündel, die Ohren angelegt durch ihre eigene Schwungkraft und die Augen zu Schlitzen zusammengekniffen in dem Wind, den sie erzeugte. Schließlich nahm ich sie an die Leine, weil ich befürchtete, das verrückte Tier würde von einem Felsen hinabspringen. Je spektakulärer die Aussicht wurde, desto weniger Lust bekam ich, benommen über die Felswand hinunterzuklettern, um Nux von einem kleinen Vorsprung zu retten. Die durchgeknallte Hündin würde vor lauter Freude, mich zu sehen, in den Abgrund stürzen.
    Anfänglich erwies sich Cleonymus als erstaunlich guter Wanderer, wenn man seinen Weinkonsum bedachte, doch bald wurde klar, dass ich die längere Ausdauer hatte. Eine Weile keuchten wir schweigend und kamen dann ins Gespräch, als wir unseren Schritt gefunden hatten. Ich überließ ihm dabei die Führung. Er erzählte mir ein wenig von seinen Reisen, bevor ich ihn fragte, wie er und Cleonyma zu Minucia und Amaranthus gefunden hatten.
    »Ach, die haben wir erst auf dieser Reise kennengelernt.«
    Wir stiegen weiter, dann bohrte ich erneut nach. »Helena Justina meint, Minucia sei ein bisschen unwirsch zu Amaranthus.«
    »Minucia sagt nicht viel, aber sie scheint ihre Familie zu vermissen.«
    »Sie hat ihren Mann verlassen? Ihre Kinder auch?«
    »Ich glaube schon, Falco. Dazu Tanten, Schwestern – und einen ganzen Ententeich! Sie liebt ihr Zuhause und ist nur ausgerissen, um sich zu beweisen, dass sie es kann«, teilte mir Cleonymus mit. »Jetzt sehnt sie sich danach, den Brotteig wieder in ihrer eigenen irdenen Schüssel aufgehen zu sehen.«
    »Wird sie Amaranthus verlassen?«
    »Sie sind schon seit einer Weile zusammen, glaube ich. Cleonyma und ich meinen, dass die tragischen Vorkommnisse auf dieser Reise eine beunruhigende Wirkung haben.«
    »Plötzliche Todesfälle lassen einen an die eigene Lebenserwartung denken … War Amaranthus ebenfalls verheiratet?«
    »Nein, nie. Er ist ein eingefleischter Einzelgänger, wenn Sie mich fragen.«
    »Und wie sieht seine Vorgeschichte aus, Cleonymus?«
    »Er kommt aus dem Salzfischexport. Hat sich ein Vermögen damit verdient, Amphoren mit Seebarsch zu verschieben. Nach neuen Absatzmärkten zu suchen hat ihn aufs Reisen gebracht. Jetzt verbindet er die Arbeit mit dem Vergnügen. Außerdem ist er ein echter Sportliebhaber. Er war stinkwütend, als wir nach Olympia kamen und ihm klarwurde, dass keine Wettkämpfe stattfinden würden.«
    »War das ein Verkaufsfehler von Sieben Stätten?«
    »Laut denen nicht.«
    »Und laut Ihnen?«
    »Raten Sie mal! Die Tatsache, dass die Daten seit Nero durcheinandergekommen sind, wird nun verdreht und uns als Fehler angelastet. Wir hätten uns alle eingeredet, dass dieses Jahr das nächste Jahr sei, während Phineus behauptet, er und Polystratus – kennen Sie diesen Schleimscheißer übrigens? – hätten uns
niemals
irregeführt …«
    »Ja, ich habe Polystratus in Rom kennengelernt. Er hat komischerweise versucht mir die Olympischen Spiele für nächstes Jahr zu verkaufen.«
    »Also weiß er jetzt plötzlich das richtige Datum«, schnaubte Cleonymus. »Wie lautete Ihr Urteil über ihn, Falco?«
    »Ein echter Verkäufer – faul, hinterhältig, mit allen Wassern gewaschen. Er hat Helena Justina verärgert, weil er sie behandelte, als wäre sie ein geiziges altes Weib, das mir nichts gönnte.«
    »Das wundert mich nicht.« Cleonymus verzog den Mundwinkel. »Cleonyma hätte ihn fast mit ihrem Reiseschriftrollenkasten vermöbelt, als wir gebucht haben – das hätte eine prächtige Beule gegeben; Cleonyma hat eine
Menge
Reiseberichte.« Wir sparten uns den Atem für die nächsten paar Augenblicke. »Schade, dass sie es nicht getan hat«, murmelte Cleonymus, indirekter als gewöhnlich.
    Während sich der Weg hinaufwand, wurde die Aussicht besser, aber wir schwitzten mehr. Der Bergfelsen war fast senkrecht. Nur von der Westseite war er zu erklimmen, aber es war harte Arbeit. Hoch über uns konnten wir das ausmachen, was der andere Tempel des Apollon sein musste, auf dem Gipfel der Akropolis, zusammen mit verstreuten Dächern und Säulen diverser anderer Tempel. Die Auswirkungen langer Trinkgelage verlangsamten meinen Gefährten jetzt. Wir blieben mit der Ausrede stehen, das phantastische Panorama zu bewundern. Nux legte sich zu meinen Füßen und

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