Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
anpaßte, und wenn auch nicht dem Geiste nach, doch wenigstens äußerlich ihr anzugehören schien.
Bei diesem Benehmen des berühmten Publizisten gegen Herrn Winkle kann man sich leicht denken, daß gewaltige Überraschung auf dem Gesichte dieses Herrn zu lesen war, als eines Morgens, während er allein frühstückte, Herr Pott hastig die Tür aufriß und ebenso hastig wieder zuschlug. Dann schritt er majestätisch auf ihn zu, stieß seine dargebotene Hand zurück, knirschte mit den Zähnen, als ob er dadurch seinen Worten noch größere Schärfe geben wollte, und donnerte ihm mit ingrimmiger Stimme zu:
»Schlange!«
»Sir!« rief Herr Winkle, von seinem Stuhle aufspringend.
»Schlange, Sir«, wiederholte Herr Pott, indem er seine Stimme erhob und sie dann plötzlich wieder dämpfte: »ich sagte Schlange, Sir – nehmen Sie den Ausdruck in seiner schärfsten Bedeutung.«
»Wenn du bis morgens um zwei Uhr in der vertrautesten Kameradschaft mit einem Manne zusammen saßest, und er kommt um halb zehn Uhr mit der ernsten Begrüßung: ›Schlange!‹ zu dir, so kannst du mit Fug und Recht schließen, daß sich in der Zwischenzeit irgend etwas Unangenehmes zugetragen hat.«
So dachte auch Herr Winkle. Er erwiderte Herrn Potts eherne Blicke und nahm auf Verlangen dieses Herrn die »Schlange« so stark er konnte. Er wußte sich aber die Sache so wenig zu erklären, und antwortete nach einem tiefen Stillschweigen von einigen Minuten:
»Schlange, Sir? Schlange, Herr Pott? Was meinen Sie damit, Sir? – Sie belieben zu scherzen.«
»Scherzen, Sir?« rief Pott mit einer Bewegung der Hand, die ein starkes Verlangen verriet, seinem Gaste den Teetopf aus britischem Metall an den Kopf zu schleudern. »Jawohl – Scherzen! Doch nein, ich will ruhig sein: ich will ruhig sein, Sir«; setzte Herr Pott hinzu, und warf sich zum Beweis seiner Ruhe mit schäumendem Munde in einen Stuhl.
»Mein lieber Herr!« versetzte Herr Winkle.
»Mein lieber Herr?« erwiderte Herr Pott. »Wie können Sie sich unterstehen, Sir, lieber Herr zu mir zu sagen? Wie können Sie es wagen, mir ins Gesicht zu sehen und so zu sagen?«
»Schon gut, mein Herr«, antwortete Winkle; »wenn es aber so gemeint ist, wie können Sie es wagen, mir ins Gesicht zu sehen und mich eine Schlange zu nennen, Sir?«
»Weil Sie eine sind«, erwiderte Herr Pott.
»Beweisen Sie es, Sir«, sagte Herr Winkle aufgebracht. »Beweisen Sie es.«
Grimme Wut spiegelte sich auf dem tiefsinnigen Gesichte des Redakteurs, als er den Unabhängigen von diesem Morgen aus der Tasche zog. Er legte den Finger auf einen bestimmten Artikel und warf das Blatt Herrn Winkle über den Tisch zu.
Herr Winkle nahm es und las wie folgt:
»Unser obskurer und schmutzig gesinnter Kollege hat die Frechheit gehabt, in einigen Ekel erregenden Bemerkungen über die letzte Wahl für diesen Flecken die unantastbare Heiligkeit des Privatlebens zu verletzen und auf eine Art, die nicht mißverstanden werden kann, die persönlichen Angelegenheiten unseres letzten Kandidaten, Herrn Fizkins, zu begeifern, der übrigens trotz seiner unverdienten Niederlage, wie wir mit Sicherheit hinzusetzen, das nächste Mal den Sieg davontragen wird. Was beabsichtigte unser erbärmlicher, feiger Kollege damit? Was würde der Schurke sagen, wenn wir, gleich ihm, alle dem Publikum schuldigen Rücksichten des Anstandes beiseite setzen und den Schleier lüften wollten, der glücklicherweise sein Privatleben vor dem allgemeinen Gelächter, um nicht zu sagen, vor dem allgemeinen Abscheu, noch schützt? Was würde er sagen, wenn wir Tatsachen und Umstände bezeugen und erklären wollten, die notorisch genug sind und von jedermann gesehen werden, nur nicht von unserem maulwurfsäugigen Kollega? Was würde er sagen, wenn wir nachfolgendes Gedichtchen drucken lassen wollten, das uns ein talentvoller Mitbürger und Korrespondent zugeschickt hat, als wir eben die ersten Worte dieses Artikels niederschrieben:
»Auf einen messingenen Pott.«
«Pott! hättest damals du gewußt,
Wie falsch das Weib an deiner Brust,
Vergangen wäre dir der Dünkel.
Du hättest sie (und wie so gern)
Gelassen jenem süßern Herrn,
Den sie jetzt küßt und drückt, dem W…«
»Was«, sagte Herr Pott feierlich, »was reimt sich auf Dünkel, mein feiner Herr?«
»Was sich auf Dünkel reimt?« erwiderte Madame Pott, die in diesem Augenblick eintrat und dem Befragten zuvorkam. »Was sich auf Dünkel reimt? Nun, ich dächte Winkle.«
So sprechend, lächelte
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