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Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Dickens
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folgen zu lassen, sich dann aber durch ein kleines Abendessen zu erquicken, bevor er sich wieder aufs neue mit dem Geschäft des Trinkens befaßte. Er saß an der gleichen Seite mit Herrn Weller, und so oft dieser Gentleman der Beobachtung seiner Frau entging, deutete er seinem Sohne die Regungen, die in der Tiefe seines Herzens versteckt lagen, dadurch an, daß er seine Faust über dem Kopfe des Hirtenhelfers hin- und herbewegte. Diese Geste machte seinem Sohne die ungetrübteste Freude, und sie war um so größer, als Herr Stiggins ruhig seinen Ananasgrog trank und gar nicht ahnte, was hinter ihm vorging.
    Die Unterhaltung führten hauptsächlich Frau Weller und der ehrwürdige Herr Stiggins. Das abgehandelte Thema aber betraf die Tugenden des Hirten, die Trefflichkeit seiner Herde und die schweren Sünden und Verbrechen aller übrigen Menschen: Abhandlungen, die der ältere Herr Weller gelegentlich durch halbunterdrückte Anspielungen auf einen Gentleman namens Walker und andere naheliegende Kommentarien unterbrach.
    Endlich ergriff Herr Stiggins, als er entschieden so viel Ananasgrog zu sich genommen, wie er schicklicherweise vertragen konnte, seinen Hut und verabschiedete sich. Gleich darauf wurde Sam von seinem Vater in sein Schlafgemach geführt. Der achtbare alte Herr schüttelte seinem Sohne feurig die Hand und schien geneigt, noch weiter sein Herz auszuschütten, aber als er sah, daß ihm Frau Weller folgte, gab er seine Absicht auf und wünschte ihm eine gute Nacht.
    Sam war am folgenden Tage beizeiten auf. Als er in aller Eile gefrühstückt hatte, schickte er sich zur Rückkehr nach London an. Er hatte kaum den Fuß aus dem Hause gesetzt, als sein Vater vor ihm stand.
    »Du gehst, Sammy?« fragte Herr Weller.
    »Bin gerade im Begriff«, erwiderte Sam.
    »Ich wünschte, du könntest diesen Stiggins unsichtbar machen und mitnehmen«, sagte Herr Weller.
    »Ich schäme mich für Euch, alter Knabe«, sagte Sam mit vorwurfsvollem Tone. »Warum leidet Ihr es denn, daß er seine rote Nase in den »Marquis von Granby« hineinsteckt?«
    Der ältere Herr Weller heftete einen ernsten Blick auf seinen Sohn und antwortete –
    »Weil ich ein verheirateter Mann bin, Samuel; weil ich ein verheirateter Mann bin. Wenn du einmal ein verheirateter Mann bist, Samuel, so wirst du eine Menge Dinge verstehen lernen, die du jetzt nicht verstehst. Aber ob es der Mühe wert ist, so viel durchzumachen, um so wenig zu lernen, wie jener Waisenknabe sagte, als er mit dem Alphabet zu Ende war, das ist Geschmacksache. Ich bin der Meinung, daß es nicht der Mühe wert ist.«
    »Na denn«, sagte Sam; »lebe wohl.«
    »Halt, halt, Sammy«, erwiderte sein Vater.
    »Ich habe nur noch das zu sagen«, sprach Sam, stehenbleibend: »wenn ich der Besitzer des »Marquis von Granby« wäre, und dieser Stiggins käme mir und fräße Buttertoaste in meinem Schenkstübchen, ich würde ihm –«
    »Was?« fragte Herr Weller mit großer Hitze. »Was?«
    »– Seinen Grog vergiften.«
    »Wirklich?« fragte Herr Weller, seinem Sohne feurig die Hand schüttelnd. »Würdest du das wirklich, Sammy?– Würdest du das?«
    »Ich würde es«, sagte Sam. »Anfangs würde ich zwar nicht so hart mit ihm verfahren, sondern ihn nur in die Wasserkufe stecken und den Deckel zuschlagen, und wenn ich dann fände, daß er gegen diese Güte unempfindlich wäre, würde ich ihn durch das andere Mittel zu bekehren suchen.«
    Der ältere Herr Weller heftete einen Blick hoher, unaussprechlicher Bewunderung auf seinen Sohn und drückte ihm noch einmal die Hand. Dann aber ging er langsam weg und gab sich den zahllosen Gedanken hin, die der Rat seines Erstgeborenen in ihm erweckt hatte.
    Sam sah so lange zurück, bis die Straße um eine Ecke bog. Dann verfolgte er seinen Weg nach London. Anfangs dachte er über die mutmaßlichen Wirkungen seines Rates und die Wahrscheinlichkeit oder Unwahrscheinlichkeit nach, daß sein Vater ihn befolgen würde. Schließlich aber schlug er sich diesen Gedanken mit dem Trost aus dem Sinn, daß das nur die Zeit lehren könne, und so zu verfahren, wollen wir auch dem Leser raten.

Neunundzwanzigstes Kapitel
    Ein heiteres Weihnachtskapitel, das die Erzählung von einer Hochzeit und einigen andern Lustbarkeiten enthält, die zwar in ihrer Weise ebenso löbliche Gebräuche sind wie eine Heirat, aber in diesen entarteten Zeiten nicht mehr so gewissenhaft gefeiert werden.
     
    So rührig wie Bienen, wenn auch nicht so leicht wie Feen, versammelten sich

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