Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
bösartiger, rachsüchtiger Kerl mit einem harten Herzen, das nichts zu erweichen imstande ist, wie der tugendhafte Geistliche von dem alten wassersüchtigen Gentleman sagte, als dieser der Meinung war, im ganzen halte er es für besser, seine Habe seinem Weibe zu hinterlassen, als eine Kapelle damit zu bauen.«
»Aber bedenke, Sam«, setzte Herr Pickwick auseinander, »die Summe ist so unbedeutend, daß sie leicht bezahlt werden kann, und wenn du dir vorgenommen hast, bei mir zu bleiben, so solltest du auch daran denken, daß du mir weit mehr zu nützen vermagst, wenn du außerhalb dieser Mauern spazierengehen kannst.«
»Ich bin Ihnen sehr verbunden, Sir«, versetzte Herr Weller ernst, »aber ich habe das nicht im Sinn.«
»Was nicht im Sinn, Sam?«
»Nun, Sir, ich habe nicht im Sinn, mich so weit zu demütigen, um diesen gewissenlosen Feind um Gnade zu bitten.«
»Aber das heißt nicht um Gnade bitten, wenn du ihm sein Geld gibst, Sam«, urteilte Herr Pickwick.
»Bitte um Verzeihung, Sir«, versetzte San»: »aber eine sehr große Gnade wäre es für ihn, wenn ich es ihm gäbe, und die verdient er nicht; da liegt der Hase im Pfeffer.«
Als sich Herr Pickwick mit einer verlegenen Miene an der Nase rieb, fand es Herr Weller für gut, das Thema der Unterhaltung zu verändern.
»Ich fasse meine Entschlüsse aus Grundsatz, Sir«, bemerkte Sam, »und Sie fassen die ihrigen aus dem nämlichen Grunde, und dabei fällt mir der Mann ein, der sich aus Grundsatz tötete, wovon Sie natürlich schon gehört haben werden, Sir.«
Hier verstummte Herr Weller und warf einen verschmitztkomischen Blick auf seinen Herrn.
»Ich finde darin nichts Natürliches«, erwiderte Herr Pickwick, trotz der Unbehaglichkeit, in die ihn Sams Beharrlichkeit versetzt hatte, in ein Lächeln übergehend. »Der Nuf des fraglichen Mannes ist mir noch nie zu Ohren gekommen.«
»Nicht doch, Sir«, rief Herr Weiler. »Sie setzen mich in Erstaunen, Sir: es war ein Schreiber bei einer Regierungsbehörde, Sir.«
»So«, entgegnete Herr Pickwick.
»Ja, das war er, Sir«, versetzte Herr Weller: »und ein sehr artiger Herr dazu – einer von jener exakten und empfindlichen Art, der bei nasser Witterung seine Füße in wärmende Hüllen steckte und keine anderen Busenfreunde hatte als Hasenbälge. Er sparte sein Geld aus Grundsatz, trug jeden Tag ein frisches Hemd aus Grundsatz, sprach nie mit einem von seinen Verwandten aus Grundsatz (denn er fürchtete, sie möchten ihm etwas abborgen), und war in der Tat ein ganz scharmanter Mann. Er ließ sich aus Grundsatz alle vierzehn Tage das Haar schneiden und trug enge Kleider aus ökonomischem Grundsatz – drei Anzüge des Jahrs, die abgelegten schickte er zurück. Da er ein sehr ordnungsliebender Herr war, so speiste er jeden Tag an dem gleichen Orte, wo das Gedeck einen Schilling und neun Pence kostete, und es war wirklich einen Schilling und neun Pence wert, wie der Wirt mit Tränen in den Augen oft bemerkte, wenn der Herr zur Winterszeit das Feuer anzuschüren pflegte, was täglich wenigstens ein Verlust von fünfthalb Pen« für ihn war, um gar nicht den Verdruß zu erwähnen, den ihm dieser Anblick verursachte. Dabei war er auch außerordentlich vornehm. ›Die Post nach dem nächsten Herrn‹, singt er täglich dem Kellner vor, wenn er hereintritt. ›Sehen Sie nach den Times, Thomas: bringen Sie mir den Morning-Herald, wenn er frei ist, vergessen Sie nicht, mir das Chronicle zu bestellen: und holen Sie mir auch das Wochenblatt, wollen Sie so gut sein?‹ Und dann setzt er sich nieder, heftet seine Augen starr auf die Uhr und rennt gerade eine Viertelstunde vor der Zeit hinaus, um dem Boy in den Weg zu stehen, wenn er mit den Abendzeitungen kommt. Diese liest er dann mit einer Aufmerksamkeit und Beharrlichkeit, die die andern Gäste an den Rand der Verzweiflung und des Wahnsinns bringen, besonders aber einen reizbaren alten Herrn, auf den der Kellner während dieser Zeit ein besonders wachsames Auge haben muß, weil zu befürchten steht, er möge versucht sein, mit dem Tranchiermesser eine allzu rasche Handlung zu begehen. Gut, Sir: und hier sitzt er drei Stunden lang auf dem besten Platz und erquickt sich nach seinem Mittagessen mit nichts andern, mehr, als mit Schlaf. Dann geht er in ein Kaffeehaus, das einige Straßen weiter oben ist, und läßt sich eine kleine Kanne Kaffee und vier Milchwecken geben, worauf er nach seiner Wohnung zu Kinsington schlendert und sich zur Ruhe legt. Eines Abends
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