Delphi Werke von Charles Dickens (Illustrierte) (German Edition)
unterhielt sich mit den umstehenden Knechten und Schaffnern über den Fall. Es wurde laut geschrien, gezischt und geflucht, aber Bologna hüllte sich in eisiges Schweigen und rührte kein Glied. Schließlich wurde ihm gedroht, Gewalt anzuwenden. Grimaldi war außer sich vor Entrüstung über solches Betragen seines Reisegefährten, der tatsächlich erst der rohen Gewalt wich, und erst sich dazu bequemte, auf das Verdeck in die kalte Morgenluft hinauszuklettern, als zwei stämmige Postknechte ihn an den Beinen aus dem Wagen zu zerren anfingen.
In Islington stieg Grimaldi aus, gab aber dem Schaffner und dem Postillon das doppelte Trinkgeld, weil er sich nicht mit dem knickerigen Bologna über einen Kamm scheren lassen mochte.
Nach einigen Tagen traf er sich wieder mit Bologna, und als er sich erkundigte, wie es ihm amKassenschalter der letzten Station ergangen sei, bekam er die Antwort:
»O, ganz gut! Gebrummt und gewettert haben sie ja; aber das geht bei mir zum einen Ohre hinein und zum andern hinaus.«
»Das merkt man«, sagte Grimaldi.
»Aber ich bitte Sie! So behält man doch sein Geld in der Tasche! Wären die Leutchen höflich und manierlich gewesen, so hätte ich doch ein Trinkgeld geben müssen. Solch unmanierlichem Gesindel gibt man doch aber keinen Heller. Ich bin dabei ganz gut gefahren.«
Bologna hatte manche recht löbliche Eigenschaft, und Grimaldi ist ihm immer ein guter Freund geblieben; aber auf eine gemeinschaftliche Reise mit ihm hat er sich nicht wieder eingelassen.
Einundzwanzigstes Kapitel
»Baron Münchhausen«. – Wie Ellar, der Harlekin, durch den Mond sprang und dabei sich die Hand verstauchte. – Grimaldi wird Miteigentümer von Sadlers-Wells. – Anekdoten vom Herzog von York, von Sir Godfrey Webster, einer goldenen Tabaksdose, Ihrer hochseligen Majestät, von Newcastle-Lachs und einem Kohlenbergwerk.
Grimaldi hätte nicht so eilig wieder nach London zurückzukehren brauchen, denn in Covent-Garden hatte er erst im November wieder aufzutreten, und auch da nur ein paar Abende in La Perouse. Da es aber leicht möglich war, daß er in ein paar Tagen spielen mußte, trug er Bedenken, sich auf länger als acht Tage zu einem Gastspiele in der Provinz zu verpflichten.
Das Theater in Sadlers-Wells wurde geschlossen, gerade als er in London eintraf. Die letzte Saison war so kläglich gewesen, daß verschiedene Besitzanteile von der Direktion veräußert wurden. Grimaldi hatte dadurch, daß man sein Engagement nicht erneuerte, keinen Schaden gehabt in finanzieller Hinsicht, unddabei bei weitem nicht soviel Mühe und Anstrengung aufwenden müssen, als wenn er dort weitergespielt hätte. Zu seiner im vorigen Kapitel genannten Gastspiel-Einnahme kamen noch die Beträge von 150, 70 und 100 Pfund, die er in Birmingham, Leicester und Chester löste, so daß er im ganzen für 56 Spielabende nahezu 1750 Pfund bekommen hat. In Sadlers-Wells hätte er es aber, einschließlich der Benefiz-Abende, nur auf 660 Pfund in 186 Vorstellungen gebracht, so daß er also 130 Abende weniger hätte zu spielen brauchen und doch um 1075 Pfund annähernd besser wegkam.
Die Weihnachtspantomime in Covent-Garden hieß »Baron Münchhausen« und wurde mit ebenso großem Beifall aufgenommen wie seit einigen Jahren alle vorhergehenden Stücke. Während ihrer Aufführung trug sich ein Vorfall zu, der als ein Beispiel menschlicher Brutalität erwähnt zu werden verdient.
In Sadlers-Wells war ein Tagarbeiter beschäftigt, der unter anderm auch mit verwandt wurde, einen Teppich zu halten, in welchem die Spieler bei den Sprüngen, die sie auszuführen hatten, aufgefangen wurden. Dieser Mensch trat eines Tags zu dem Harlekin Ellar, hielt den Teppich hoch und sagte, ein so knochentrockener Lappen wie das Ding da, sei ihm noch nicht vorgekommen. Diese Redensart des Tagarbeiters bedeutete nichts weiter, als daß ihm ein Trinkgeld gegeben werden möchte. Ob nun Harlekin Ellar gerade mit wichtigeren Dingen beschäftigt war, oder andere Gründe hatte, sich, still zu verhalten, kurz, er ließ den Tagarbeiter stehen und ging seiner Wege, der andere knurrte ihm ein paar grillige Worte hintendrein, und verschiedene, die sie mit angehört hatten, sagten Ellar am andern Morgen, daß er sich vor dem Menschen vorsehen möchte, denn er habe gedroht, an ihm Rache nehmen zu wollen.
Ellar lachte über die Drohung. Bis zum dritten Abend ging alles ganz gut; in der Szene aber, in der Ellar durch den Mond springen muß, kamen ihm am
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