Delta Operator (German Edition)
Explosion ganz verstummt war, war das Wahrzeichen des modernen Teherans langsam in einer immensen Staubwolke versunken und hatte einhundertvier Moslems unter sich begraben.
Vom Rücksitz der schweren gepanzerten Limousine aus hätte Außenminister Victor Morales den Turm erkennen kö nnen, wenn er noch gestanden hätte. Nun starrte er müde aus dem Fenster auf den riesigen Schutthaufen, der vom Wahrzeichen übrig geblieben war und fragte sich, ob es ihm mit seinem ehrgeizigen Vorhaben wohl ähnlich ergehen würde. Seit gestern vormittags hatte er so gut wie nichts erreicht und die Zeit lief ihm davon. Er hatte keine Ahnung, wie er den abgrundtiefen Hass, der zwischen den Volksgruppen wie eine eitrige Wunde schwelte, überwinden und eine Einigung erzielen sollte – und das alles in so kurzer Zeit.
Unmittelbar vor seinem Wagen fuhren zwei Hummer-Geländewagen der Army, die mit schweren Maschinengewe hren vom Typ Browning, sowie mit Granatwerfern bewaffnet waren. Die schwarzen Läufe der tödlichen Waffen schwenkten von links nach rechts, die Schützen behielten die Fensterfronten der Häuser an der breiten Hauptstraße im Auge. Direkt hinter dem Botschafter folgten ebenfalls zwei Hummer, auf den Rückbänken saßen mehrere Soldaten des 75th Ranger Regiment aus Fort Benning.
Die Wagenkolonne bremste an einer Kreuzung und bog nach Süden ab. Das Hauptquartier lag nur mehr wenige Min uten entfernt, als die Dämmerung einsetzte und die Temperatur rasch zu sinken begann. Es war der zweite Tag der Regierungsbildungsgespräche unter Victor Morales, der nun zurück ins Hauptquartier fuhr und es sollte gleichzeitig sein vorerst letzter Tag als Außenminister der Vereinigten Staaten sein.
Die raketengetriebene Granate zog eine weiße Rauchspur nach sich und detonierte unterhalb der Beifahrertür des fü hrenden Hummers. Das schwere Fahrzeug bäumte sich auf und landete krachend auf der Seite. Der zweite Hummer konnte nicht rechtzeitig bremsen und krachte in das Wrack. Eine zweite Granate flog auf die nun stehende Kolonne zu und traf den letzten Hummer in der Reihe, bevor der Schütze am Granatwerfer auch nur einen einzigen Schuss abfeuern konnte. Die Explosion zerriss das Fahrzeug und schleuderte es gegen den letzten verbliebenen Hummer, der durch die Wucht des Aufpralls aufs Dach geworfen wurde und den Schützen des Granatwerfers einklemmte.
Die Limousine mit dem Außenminister war nun eingekeilt. Der Fahrer versuchte hektisch, sich zu befreien und ließ den starken Motor aufheulen. Mit aller Macht prallte der Wagen gegen den Hummer vor sich und schob ihn ein paar Zentim eter nach vorne. Dann legte der Mann den Rückwärtsgang ein und trat aufs Gas. Die Reifen drehten durch, als der Wagen einen Satz nach hinten machte und gegen das Militärfahrzeug krachte. Nun war genug Platz, um seitlich aus der Kolonne auszuscheren und auf der breiten Straße dem Angriff zu entkommen. Der Fahrer kurbelte am Lenkrad und trat wieder auf das Gaspedal. Dann sah er aus dem Seitenfenster, erspähte die weiße Rauchspur der Granate und wusste, dass er sterben würde.
Ötztal, Tirol
09. Jänner 2017
12:27 Ortszeit
Aus den dichten, grauen Wolken fielen erste Schneeflocken, die zuerst nur vereinzelt, dann aber immer zahlreicher die bestens präparierten Schipisten bedeckten. Die Schneewolken, die Stefan Berger oben auf knapp über dreitausend Metern Seehöhe von Süden heraufwandern gesehen hatte, waren überraschend schnell hier angekommen. Nun war vom Blau des Himmels nichts mehr zu sehen und die meisten anderen Schifahrer hatten sich bereits zum Apres-Ski in eine der vielen Berghütten oder hinunter ins Tal zurückgezogen.
Berger entschied sich, ein letztes Mal mit dem Lift rauf zu fahren und sich dann von einem Bekannten der Bergbahnen mit dem Skidoo auf den Grat bringen zu lassen. Diese spekt akuläre Auf- und schließlich Abfahrt sollte seinen Tag abrunden, er freute sich bereits darauf. Der Schneefall wurde etwas dichter, doch er war sich sicher, dass sich diese letzte Abfahrt noch ohne Probleme ausgehen würde. Was wirklich auf ihn zukam, ahnte er nicht im Geringsten.
Teheran, Iran
09. Jänner 2017
14:59 Ortszeit
Corporal Dafoe fiel aus dem rauchenden Hummer und landete auf dem Rücken. Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen, er hörte nichts außer einem monotonen Pfeifen. Er drehte sich zur Seite und versuchte, sich aufzurichten. Sein Rücken schmerze heftig, sein rechtes Bein fühlte sich taub
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