Delta Operator (German Edition)
Dämmerung, zumindest kurz. Seine Augen suchten nach ihr, fanden schließlich die ihren und verharrten, bevor sein Blick wieder zu flackern begann, als die Schwärze erneut nach ihm griff. Tränen sickerten aus Ninas Augenwinkeln, tropften auf die schwarzen, kurzen Bartstoppeln auf seinen Wangen und blieben dort bewegungslos hängen. Sie hielt sein Gesicht mit beiden Händen und drückte ihre Stirn gegen die seine, als weitere Tränen sein Gesicht benetzten. Ihre Lippen öffneten sich und wanderten nach unten.
Dann küsste sie ihn.
Die Eishöhlen, Ötztal
10.Jänner 2017
09:33 Ortszeit
Verdammt, war dieser Osborne schwer, dachte Corporal Willy Jones, als er seinen verwundeten Kameraden langsam von seinen Schultern in den Schnee gleiten ließ. Osborne stöhnte, als er den kalten Boden berührte und Jones sah das Blut, das das frische Weiß in ein dunkles Rot färbte.
„Nur mehr da vorne runter, Corporal, dann müsste der Ausgang kommen“, sagte Sergeant Stark, der jetzt wieder mit dem Tragen an der Reihe war. Den größten Teil des Weges hatten die Männer ihren Kameraden gemeinsam getragen, doch dann hatten sie gemerkt, dass es in den engen Stollen sogar leichter war, wenn ein Mann den Weg beleuchtete und der zweite Mann den Verwundeten trug. Dies kostete zwar Kraft, doch daran fehlte es den Green Berets nicht.
Nun war es Stark, der sich den schweren Osborne mit Jones Hilfe auflud. Osborne stöhnte und murmelte irgendwas Unverständliches. Er befand sich bereits in einem deliriumsartigen Zustand, hatte viel Blut verloren und sah so aus, als ob er es nicht mehr lange schaffen würde. Das erkannte auch Jones.
„Los, Sergeant, sonst krepiert Osborne noch auf deinem Rücken.“
„Beleuchte mir lieber den Weg, Jones“, schnauzte Stark, „und halt deine verdammte Klappe.“
„Ach leck mich, Stark“, murrte Jones, ging an dem schwer beladenen Mann vorbei und achtete darauf, dass der Weg mit all seinen Stolperfallen und rutschigen Stellen ausreichend b eleuchtet war. Nicht dass Stark noch stürzte und sich was brach, dachte Jones. Dann würde er nämlich alle beide hier allein rausschleppen müssen. Wenn sie erst beim Hubschrauber waren, dann würde er sich hinhauen und schlafen und in der Nacht würden sie dann…
Instinktiv hob Jones sein M4 und zielte in die Dunkelheit vor sich, in der er Bewegung erahnt hatte. Irgendwas war durch das matte Licht gehuscht, das von weiter vorne durch den Ei ngang zu den Höhlen einfiel, da war Jones sich sicher.
Vielleicht die Piloten?
Sehr unwahrscheinlich.
Der verkackte John Rambo, der den Major gekillt hatte? Schon eher.
„Verdammte Kacke“, flüsterte Jones und entsicherte sein M4.
„Fuck!“ ergänzte er ängstlich.
„Sie kommen raus, Herr Oberleutnant“, flüsterte ein B eamter, der neben Wohlfarter im Schnee lag, zu. Wohlfarter nickte und hob sein StG77.
„Dann wollen wir sie mal gebührend empfangen“, sagte er. Dann erteilte er ruhig seine Befehle über Funk und sie wart eten auf die Green Berets.
Vorsichtig spähte Jones ins Freie. Er schwitzte stark, konnte aber im dichten Schneefall nichts erkennen. Alles war weiß und seine an die relative Dunkelheit der Höhle gewöhnten Augen schmerzten.
Er sah Fußspuren, die bereits wieder von einigen Flocken bedeckt waren, sodass er das Profil der Sohlen nicht mehr e rkennen konnte. Die Spuren führten nach links entlang der Felswand durch den Schnee. Es war also tatsächlich jemand da gewesen, erkannte Jones. Der Schatten war real gewesen, er hatte sich nicht geirrt.
Wo konnte er ihnen auflauern? Jones überlegte, von wo die Gefahr über sie hereinbrechen konnte und stellte fest, dass es überall und nirgends Deckung gab. Angreifer konnten buc hstäblich überall auf sie lauern, hatten dabei jedoch keine Deckung, die Kugeln abhalten konnte. Ein Angriff gegen zwei Berets musste also mutig und effektiv geführt werden, sonst musste man mit Gegenfeuer rechnen und das würde den Angreifer in seiner ungeschützten Position garantiert erwischen.
Außerdem war dieser Typ nur allein, dachte Jones. Und sie waren hier im Freien und zu zweit, wenn auch Stark durch Osbornes Gewicht auf seinem Rücken wesentlich eing eschränkt war. Sie hatten keine Wahl, entschied Jones, sie mussten raus aus der Höhle und rüber zum Helikopter.
„Los, Jones!“, befahl Stark hinter ihm.
Dann traten sie ins Freie.
„In Position bleiben, auf mein Kommando warten“, flüsterte Wohlfarter, der die drei
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