Dem Feuer zu nah
dass er sterben würde, obwohl jetzt die Angst größer war als der Schmerz seiner Wunden.
Als er schließlich starb, erwachte Jared mit klopfendem Herzen. Savannah bewegte sich neben ihm. Und diesmal, dieses eine Mal, drehte sie sich zu ihm. Im Schlaf legte sie die Arme um ihn.
Es war mehr, als er erwartet hatte. Viel mehr. Er war zufrieden. Für diese Nacht.
10. KAPITEL
M it drei Bildern unter den Armen schob Savannah die Tür zu Jareds Kanzlei auf. Der Regen tropfte vom Schirm der Baseball-Kappe, die sie von Bryan ausgeliehen hatte, bevor sie sich auf die Fahrt nach Hagerstown gemacht hatte. Als Sissy sie bemerkte, sprang sie auf.
„Kommen Sie, ich helfe Ihnen.”
„Danke.” Savannah übergab der jungen Sekretärin die drei eingewickelten Gemälde. „Im Wagen sind noch mehr.”
„Ich lege die hier rasch ab, dann helfe ich Ihnen, die anderen hereinzuholen.”
„Nicht nötig. Wozu sollen wir beide nass werden?” Savannah warf einen kurzen Blick auf die gerade erst in zartem Grün gestrichenen Wände, das bequeme rotbraune Sofa und die Bibliothekssessel. „Es sieht schon ganz anders aus.”
„Ja, das tut es.” Sissy legte die Bilder auf den Couchtisch. „Ich fühle mich, als hätte ich bisher in einem Karton gearbeitet. Jetzt hat jemand den Deckel geöffnet und frische Luft hereingelassen. Warten Sie, ich gebe Ihnen einen Regenschirm.”
„Den könnte ich gar nicht halten. Außerdem bin ich schon nass. Bis gleich.”
Savannah eilte hinaus und rannte zu ihrem Wagen. Der Regen war heftig, aber wenigstens warm. Niemand hatte mehr Angst vor einem dürren Frühling, wie Mrs. Metz ihr freudestrahlend berichtet hatte, als sie einander vorhin im Postamt begegnet waren. Das Wetter, so unangenehm es im Moment auch sein mochte, ließ Savannahs Garten wachsen und gedeihen.
Als sie das letzte Bild hereingetragen hatte, war sie bis auf die Haut durchnässt, und in ihren Schuhen stand das Wasser.
„Ist der Chef da?” Sie legte das Bild hin, nahm die Kappe ab und fuhr sich mit den Fingern durch das feuchte Haar. „Vielleicht möchte er sich die Bilder noch einmal ansehen, bevor ich sie aufhänge.”
„Er hat einen Mandanten.” Sissy lächelte. „Aber ich kann es kaum erwarten, die Bilder zu sehen.” Sie nahm eine Schere vom Schreibtisch. „Darf ich?”
„Natürlich. Sie müssen ja auch mit ihnen leben.”
„Ich kann es noch immer nicht fassen, wie schnell sich hier alles verändert hat.” Rasch schnitt Sissy die Schnur des obersten Pakets durch. „Wenn der Chef sich erst einmal entschieden hat, gibt es kein Halten mehr. Kein Zögern, kein Getue, kein … Oh, ist das schön!”, rief sie begeistert aus, als sie das Packpapier zur Seite schlug.
Es war eine Straßenszene, und die bunt gekleideten Menschen strahlten eine ungeheure Lebendigkeit aus. Die Häuser im Hintergrund hatten Balkone mit kunstvoll geschnitzten Geländern, an denen wilder Wein und leuchtende Blumen hingen. Beim näheren Hinsehen entdeckte Sissy einen Fiedler, der mit dem Fuß den Rhythmus aufs Pflaster klopfte, eine schwarze Frau in einem wallend roten Kaftan und drei kleine Jungs, die hinter einem gelben Hund herrannten. Fast konnte sie die Musik und die Rufe der Kinder hören.
„Es ist wunderschön. Bitte, sagen Sie mir, dass es hier im Sekretariat hängen soll.”
„Ja, genau hier habe ich es mir vorgestellt.” Überrascht und erfreut strich Savannah sich noch einmal über das Haar. „Es ist New Orleans. Das.French Quarter. Ich dachte mir, es sorgt im Wartebereich für etwas Farbe und Lebendigkeit.”
„Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid ich es war, diese pinkfarbenen Blumen in der grauen Vase anzustarren. Jeden Morgen beim Hereinkommen habe ich gehofft, die Blumen wären über Nacht vertrocknet.” Sissy schmunzelte. „Aber das hier könnte ich ewig betrachten. Haben Sie auf dem College Kunst studiert?”
Die unschuldige Frage ließ Savannahs Lächeln gefrieren. „Nein. Ich war nicht auf dem College.”
„Ich hatte ein Semester Kunst”, fuhr Sissy fort und hielt das Bild hoch. „Und man erklärte, ich hätte absolut keinen Sinn für Perspektiven. Ich habe es gerade noch geschafft, den Kurs mit einer Vier abzuschließen.” Als das Telefon läutete, seufzte sie irritiert, lehnte das Bild vorsichtig gegen den Tisch und kehrte an den Schreibtisch zurück.
Es ist dumm, sich unterlegen zu fühlen, sagte Savannah sich streng. Nein, sie war nicht auf dem College gewesen, aber sie konnte malen. Hatte Sissys
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