Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dem Feuer zu nah

Dem Feuer zu nah

Titel: Dem Feuer zu nah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
Reaktion das nicht gerade bewiesen?
    Seltsam, dachte sie, warum bin ich noch immer verunsichert und nervös, obwohl meine Arbeit gerade in den höchsten Tönen gelobt wurde? Fast ihr ganzes Leben lang hatte sie versucht, sich damit abzufinden, dass die Malerei nicht mehr als ein Hobby war, nicht mehr als das sein konnte. Sie erinnerte sich an die Zeiten, in denen sie überlegt hatte, ob sie Farben oder doch lieber einen Snack für die Mittagspause kaufen sollte. Meistens hatte sie sich für die Farben entschieden.
    Dem Himmel sei Dank, jene Tage waren endgültig vorbei. Schon lange. Sie hatte mit ihren Illustrationen ein unglaubliches Glück gehabt, und da es ihr Spaß machte, sie zu zeichnen, würde sie weitermachen. Aber in den Bildern, die sie ohne Auftrag malte, verwirklichte sie sich selbst.
    Bayou-Szenen und Porträtzeichnungen an Touristen zu verkaufen war etwas ganz anderes, als etwas zu sehen, das sie faszinierte, und es so zu malen, wie sie es sah.
    Lächelnd und mit vor Aufregung feuchten Händen wühlte sie in der großen Umhängetasche nach dem Hammer und dem Maßband. Sie hatte die Wand bereits vermessen, fand mühelos die Mitte und markierte die Stelle mit einem Bleistift. Und wartete darauf, dass Sissy den Hörer auflegte.
    „Soll ich noch warten oder kann ich hämmern, während Sie telefonieren?” Sie hielt den Haken hoch.
    „Fangen Sie an, Savannah”, bat die Sekretärin und beendete das Gespräch.
    Geschickt brachte Savannah den Haken an. Der Rahmen war aus schlichtem Kirschholz, von Regan ausgesucht. Genau richtig, dachte sie, während sie das Bild aufhängte und gerade rückte.
    „Die linke Ecke muss noch etwas nach oben … ja, gut.” Sissy stemmte die Hände in die Seiten und nickte zufrieden. „So ist es perfekt. Es wurde langsam Zeit, dass dieser Laden nach dem Chef aussieht und nicht mehr nach …”
    „Seiner Exfrau?”, beendete Savannah den Satz mit einem Blick über die Schulter.
    Sissy rümpfte die Nase. „Sagen wir, sie war sehr … dezent. Die Art von Frau, bei der kein Haar falsch liegt, die nie laut wird, sich nie einen Fingernagel abbricht.”
    „Sie muss etwas besessen haben, das Jared angezogen hat.”
    Sissy sah zur Treppe hinüber. „Sie war hübsch, aber sie wirkte zu vollendet, geradezu unberührbar. Die klassische, kühle Eleganz einer Grace Kelly, aber ohne die Wärme und den Humor. Und sie war brillant. Wirklich. Nicht nur in ihrem Beruf. Sie sprach fließend Französisch und spielte Klavier. Sie las Kafka.”
    „Oh.” Savannah hatte Mühe, kein verwirrtes Gesicht zu machen. Sie war nicht sicher, ob sie wusste, wer oder was Kafka war, aber sie war sicher, dass sie Kafka nie gelesen hatte.
    „Auf ihre Art war sie bewundernswert. Aber in etwa so unterhaltsam wie ein toter Frosch.” Sissy strahlte Savannah an. „Das kann man von Ihnen nun wirklich nicht behaupten”, sagte sie und nahm lachend den Hörer ab, als es läutete.
    Nein, dachte Savannah. Das konnte ihr tatsächlich niemand vorwerfen. Weder dass sie elegant oder brillant war noch dass sie Kafka las. Aber ein wenig Französisch beherrschte sie – wenn man das zählte, was die Cajuns sprachen.
    Fest entschlossen, sich von dem Bild der Frau, die Jared geheiratet hatte, nicht einschüchtern zu lassen, wickelte sie das nächste Bild aus.
    Während Sissy sich wieder an die Arbeit machte, hängte sie drei kleine Stillleben in den Eingangsbereich. Draußen prasselte der Regen, Sissys Computertastatur klapperte, und Savannah machte es Spaß, einen Raum umzugestalten und zum Leben zu erwecken. Als sie das Obergeschoss erreichte, summte sie fröhlich vor sich hin.
    Da sie nicht hämmern wollte, während Jared mit einem Mandanten sprach, lehnte sie die Bilder gegen die Wände, an die sie sie hängen wollte. Auf diese Weise wanderte sie den Korridor entlang, bis hinein in das Büro, das Jareds gegenüberlag.
    Das einstige Büro der einstigen Mrs. MacKade, dachte sie. Nein, nicht Mrs. MacKade, Jared hatte ihr erzählt, dass sie seinen Namen nicht angenommen hatte.
    Die Wände waren dunkelrosa gestrichen und mit einem Jadeton abgesetzt. Regan hatte den Raum in ein bequemes Wohnzimmer verwandelt. Es gab natürlich einen Schreibtisch, aber auch weiche Sessel mit flachen Tischen daneben, auf denen Bücher lagen. Und in dem Schrank, in den Savannah schaute, standen eine Kaffeemaschine und Tassen.
    Hier, so vermutete sie, empfing Jared seine Besucher in einer weniger förmlichen Atmosphäre. Aber vielleicht nutzte er

Weitere Kostenlose Bücher