Dem Himmel entgegen
klitzekleines Stückchen Schokolade ihr schon anhaben?” erwiderte Fannie. “Beruhigt euch mal wieder.”
Ella war zu wütend, um darauf zu antworten. Sie drehte sich zu Marion und sagte mit fester Stimme: “Du musst mir die Süßigkeiten geben. Du weißt, dass du sie nicht haben darfst. Sie machen dich krank.”
“Nein!” schrie Marion und war außer sich vor Wut.
Ella sah, wie das silberne Einwickelpapier einer Hershey’s Kiss aus Marions Tasche fiel. Sie wollte danach greifen, aber Marion, die sah, was passierte, war schneller und schnappte ihr die Schokolade vor der Nase weg.
“Das gehört mir! Meine Mama hat es mir geschenkt”
“Marion, gib mir die Süßigkeiten.”
“Das muss ich nicht. Du bist nicht meine Mama!”
“Marion …”, sagte Harris ernst.
“Du nimmst mir immer alles weg”, weinte Marion und lenkte ihren ganzen Zorn auf Ella. “Nie erlaubst du mir, Spaß zu haben. Du bist böse und hässlich, und ich hasse dich! Hier!” Sie warf Ella das Schokoladenstück entgegen und kletterte von ihrem Stuhl. “Ich wünschte, du wärest nie hierher gekommen!” schrie sie.
“Marion, Süße, nicht …”, sagte Ella und streckte die Arme nach dem Kind aus. Doch Marion wich ihr aus und rannte schluchzend aus dem Zimmer.
Ihre Schritte hallten auf der Treppe wider, und ihr hysterisches Weinen, das auch von der Erschöpfung des anstrengenden Tages herrührte, durchbrach das Schweigen. Ella senkte den Kopf, damit niemand ihren Schmerz sehen konnte und die Tränen, die in ihren Augen schimmerten. Sie kratzte mit zwei Fingern die schmelzende Schokolade aus ihrem Schoß. Ein Schokoladenfleck prangte auf ihrer Bluse – dort hatte Marion sie mit der Praline getroffen.
“Gib ihr nie wieder Süßigkeiten”, sagte Harris mit warnendem Unterton in der Stimme und drohte Fannie mit dem Zeigefinger.
“Werde ich nicht!” sagte Fannie und lehnte sich mit einem kurzen Lachen auf ihrem Stuhl zurück. Offenbar sah sie die Situation nicht so eng, hob beschwichtigend die Hände und murmelte: “Mein Gott!”
“Ich meine es ernst, Fannie”, sagte Harris, und seine Stimme klang vor Wut ganz rau. “Es geht um Marions Leben, und ich lasse nicht zu, dass du es mit deinem leichtsinnigen Handeln bedrohst. Was immer Ella sagt, gilt – hast du das verstanden?”
Fannie Grinsen erstarb, und sie schien zerknirscht zu sein. “Es tut mir Leid, Harris. Das habe ich nicht gewusst. Ehrlich, ich wusste es nicht. Das passiert nicht wieder. Ich verspreche es.”
Er war besänftigt und legte die Hand auf den Tisch. “Ich werde zu ihr gehen.”
“Nein, lass mich”, sagte Fannie und stand auf. “Ich bin diejenige, die hier einiges durcheinander gebracht hat. Ich werde ihr erklären, dass ich falsch lag. Und dass Ella Recht hatte. Okay?” Sie sah zu Harris und dann zu Ella. Ein süßliches Lächeln huschte über ihr Gesicht.
Nachdem sie den Raum verlassen hatte, um zu Marion zu gehen, sah Harris Ella an. Er war erschöpft.
Ella, die sich für die Tränen in ihren Augen schämte, senkte den Kopf und blickte auf ihren Teller. Das Essen war inzwischen längst kalt.
In jener Nacht hatte Marion den ersten Wutanfall seit Monaten. Ella wusste, dass die Emotionen hochschlugen und dass die angestauten Frustrationen des Kindes aus ihr herausgebrochen waren. Ella hatte sich zwar mental auf eine solche Reaktion eingestellt, aber obwohl sie stärker war als das Kind, musste sie alle ihre Kraft zusammennehmen, um die wild um sich tretende und schreiende Marion ins Badezimmer zu bringen, wo die Insulinspritze auf sie wartete. Ellas Arme und Beine waren mit kleineren Kratzern übersät, die Marion ihr in ihrer Wut zugefügt hatte, und sie fragte sich, ob das vielleicht die gerechte Strafe dafür war, dass sie zu stolz war, um Harris um Hilfe zu bitten. Eigentlich wollte sie Fannie ihre Kompetenz im Umgang mit dem kranken Kind demonstrieren, aber stattdessen stand Marions Mutter in der Tür zum Badezimmer, betrachtete das Fiasko und machte die ganze Sache nur noch schlimmer.
“Marion, Süße, hör auf, mich zu treten”, sagte Ella atemlos. “Du weißt doch, dass wir das hier tun müssen.”
“Nein!” schrie sie und trat weiter um sich. “Ich muss nicht tun, was du mir sagst. Ich will meine Mama!”
“Was machen Sie mit ihr?” rief Fannie aus dem Flur. Sie ergriff den Türpfosten und lehnte sich ins Zimmer. “Hören Sie auf, Sie tun ihr ja weh!”
Ella hielt Marions Schultern fest und wandte sich entschlossen zu
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