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Dem Himmel entgegen

Dem Himmel entgegen

Titel: Dem Himmel entgegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Monroe
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wünschte sich in die schützenden Arme ihrer eigenen Mutter zurück. Der Wind heulte auf und wehte die ersten Regentropfen zu ihr herüber. Sie sog die Luft ein und konnte ihre kühle Süße fast schmecken. Sie atmete schwer, und ihr Herz pochte wild. Sie fühlte sich, als stünde sie am Rande des Nestes und wartete auf den tödlichen Sturz.
    Ein Blitz versengte den Himmel, knisternd, den Donner, der folgte, ankündigend.
    “Ein Sturm kommt auf”, sagte Fannie, als sie auf die Veranda hinaustrat.
    Ella hörte auf zu schaukeln.
    “Marion schläft. Ich hoffe, das Gewitter weckt sie nicht wieder auf. Es war schwer, sie wieder zu beruhigen.”
    Ella begann wieder mit dem Schaukelstuhl vor- und zurückzuwiegen. “Ich weiß, was Sie tun.”
    “Und das wäre?”
    “Sie machen mich bei Marion zum Buh-Mann.”
    “Oh, bitte …”
    “Der böse Mensch, der ihr all die herrlichen Süßigkeiten wegnimmt und ihr Spritzen verabreicht und sie noch nicht einmal nicht fernsehen lässt.”
    Fannie rollte mit den Augen. “Ich habe ihr nur gesagt, dass sie keine Süßigkeiten mehr haben darf. Genau wie Sie es von mir verlangt haben.”
    “Wir wissen doch beide, dass, egal was Sie jetzt zu Marion sagen, sie glauben wird, dass Sie das Opfer sind. Genau wie sie. Dass
ich es Ihnen
nicht erlaube, ihr Süßigkeiten zu geben. Dass
ich Sie
dazu zwinge, mir dabei zu helfen, Marion die Spritzen zu geben. Und ich habe bemerkt, wie Sie zum Fernseher schleichen, um ihn anzuschalten, wenn ich in die Klinik verschwinde, so als wäre es ein Spiel. Sie benehmen sich wie ihre Spielkameradin, nicht wie ihre Mutter.”
    Fannie stemmte die Hände in die Hüften und ging auf Ella zu. Sie stand direkt vor ihr und blickte auf sie hinab. Die beiden Frauen funkelten sich wütend an, während draußen das Gewitter losbrach.
    “Wir wissen beide, dass das nicht der Grund für Ihren Zorn ist”, sagte Fannie, und ihre Augen glühten wie die Blitze am Himmel. “Sie sind in erster Linie wütend, weil ich Marion verlassen habe. Und nun bin ich zurückgekommen. Es macht sie fast wahnsinnig, dass ich mich jetzt in dieses kleine Liebesnest dränge, das Sie sich so schön aufgebaut haben.”
    Ella hörte auf zu schaukeln und wandte sich abrupt ab.
    “Aber was Sie richtig zornig macht, ist, dass Marion mich will, nicht Sie. Sie will
mich!”
    “Natürlich bin ich wütend!” weinte Ella und konnte den Gefühlsausbruch nicht unter Kontrolle halten. “Verletzt und wütend. Gott, ich bin so verletzt! Ich liebe dieses Kind. Ich will nur das Beste für sie. Sie haben mich in die Position gebracht, alles zu zerstören, was ich mir mühsam mit ihr aufgebaut hatte. Ich möchte mit Marion Spaß haben. Wir haben alles zusammen gemacht, und nun bin ich plötzlich die böse Hexe. Sie haben mich in diese Rolle gedrängt, und ja, das nehme ich Ihnen übel.”
    “Na und? Sie sind nicht ihre Mutter.”
    Das war wie ein Schlag in Ellas Gesicht, und sie rang nach Luft. “Ich weiß”, presste sie hervor.
    Fannie trat noch einen Schritt näher an Ella heran, lehnte sich vor, neigte die Schulter und flüsterte: “Und Harris ist mein Ehemann.”
    Ella sah Fannie in die Augen. “Ich weiß.”
    Inzwischen zuckten die Blitze ganz nah über ihnen, erhellten den Himmel und die Baumkronen, die sich im stärker werdenden Wind bogen, waren in gespenstisches Licht getaucht. Regentropfen peitschten auf die Veranda, während das Donnergrollen immer lauter wurde.
    Fannie wich zurück und strich sich wutentbrannt das Haar glatt. Sie schien wie elektrisiert zu sein und ging in die Ecke der Veranda.
    “Wissen Sie was?” begann Fannie und baute sich erneut vor Ella auf. “Ich bin auch sauer. Nicht auf Sie, sondern auf mich. Weil ich Mist gebaut habe. Richtig großen Mist. Ich habe die beiden Menschen, die ich am meisten auf dieser Welt liebe, verletzt. Ich habe furchtbare Dinge getan. Dinge, auf die ich nicht gerade stolz bin. Aber ich will mich ändern.”
    “Das habe ich schon mal gehört.”
    “Ich will es”, wiederholte sie. “Darum bin ich zurückgekehrt. Ich habe seit Monaten nichts mehr genommen. Ich bin clean. Ich bin wirklich clean. Und ich will mich ändern, um bei Marion einiges wieder gutzumachen. Ich weiß nicht, ob ich bei Harris etwas gutmachen kann. Vielleicht wird er mir nie verzeihen. Aber Marion … Sie hat in ihrem Herzen so viel Platz für mich.”
    Die Schleusen des Himmels öffneten sich, und es goss nun in Strömen. Die Tropfen prasselten auf das Vordach. Man

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