Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
bekannt, dass er zum nächsten Termin, am 19. August, über weitere Anträge der Verteidigung und mögliche weitere Zeugenbefragungen entscheiden wird. Wegweisend gibt er den Anwälten jedoch den Hinweis, sich trotzdem auf ihre abschließenden Plädoyers und die Verkündung des Urteils vorzubereiten.
Wird die Farce der Verteidigung damit ein Ende finden?
Ich beteuere meine Unschuld !
Dienstag, 19. August 2008
Fünf Morde hat der 52-jährige Egidius S. begangen. Und heute wird endlich das Urteil fallen.
Zuerst jedoch hört das Gericht eine weitere Zeugin zu dem angeblichen Geständnis des Glasermeisters aus Herzogenrath-Merkstein. Nach ihrer Aussage sind sich Richter und Anklage sicher: Es gab keinen solchen Brief. Die Zeugin kann glaubwürdig schildern, dass die Aussagen von Renate G., die Witwe des Glasermeisters habe ihrer Mutter einen solchen Brief vorgelesen, unglaubwürdig sind. Und so bricht auch die letzte Bastion zusammen, die der Verteidiger in dem Anspruch, seinen Mandanten bis aufs Letzte verteidigen zu müssen, errichtet hat. Insgesamt hat der Mann im Verlauf des Prozesses mehr als 40 Beweisanträge gestellt und fordert nun trotz aller Gegenbeweise einen Freispruch für seinen Mandanten.
Das letzte Wort nach den Plädoyers hat der Angeklagte selbst. Er spricht mit gleichförmiger Stimme, wie immer ist keine Regung auf seinem breitflächigen Gesicht zu erkennen: »Ich kann nach wie vor beteuern, dass ich unschuldig bin.«
Um 13:30 Uhr betritt die Kammer nach einer kurzen Beratung erneut den Gerichtssaal. Verunsichert warten die Zuhörer, die eben erst Platz genommen haben, ob es nun endlich vorbei ist oder ob der Verteidiger noch einen dieser absurden Beweisanträge aus dem Hut zaubern wird. Das tut er diesmal nicht und so kann nun endlich der Vorsitzende Richter sprechen. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Egidius S. zwischen Juli 1983 und Juni 1990 fünf junge Frauen erdrosselt und zwei von ihnen zuvor vergewaltigt hat. Eine dritte Vergewaltigung ist zwar nachweisbar, jedoch inzwischen verjährt.
Der Vorsitzende Richter verkündet: »Leo Egidius S. wird wegen Mordes in fünf Fällen in Tateinheit mit zweifacher Vergewaltigung zu lebenslanger Haft verurteilt. Es wird die besondere Schwere der Schuld festgestellt.« Ein leises Raunen geht durch den Saal, man meint hören zu können, wie sich die Anspannung löst.
»Die Feststellung der Schwere der Schuld bedeutet«, erklärt der Richter den Anwesenden, »dass der Verurteilte frühestens nach 20 Jahren einen Antrag auf vorzeitige Entlassung stellen darf. Dann wird er 72 Jahre alt sein«. Die Kammer habe sogar vorgehabt, eine Mindeststrafdauer von 25 Jahren festzulegen, dies jedoch dann wieder verworfen.
In seiner Urteilsbegründung sagt der Vorsitzende Richter, dass für die Entscheidung der Kammer unter anderem das »drei bis vier Mal wiederholte Geständnis« des Angeklagten von Bedeutung gewesen sei. S. habe bei der Vernehmung durch Polizeibeamte und gegenüber dem Haftrichter die Taten eingeräumt. Das Gericht gehe nicht davon aus, dass dieses Geständnis durch Repressalien der vernehmenden Beamten geschehen sei. Als einer der wichtigsten Beweise gilt zudem die DNA-Spur des Serienmörders.
Da der Angeklagte die Taten nach wie vor bestreitet, konnte im Prozess nicht geklärt werden, warum die Mordserie 1990 plötzlich abbrach. Die Kammer geht jedoch im Fall von Egidius S. vom Schlimmsten aus. »Ob das alle Taten sind, die er begangen hat, wissen wir nicht«, sagt der Vorsitzende Richter.
Das »unendliche Leid der Betroffenen« werde nun durch das Urteil hoffentlich gemildert und Familien könnten endlich zur Ruhe kommen. Zuletzt schilt der Richter die Verteidigung. Die »viel zu enge Zusammenarbeit« mit den Medien sei für den Prozess und den Angeklagten nicht nützlich gewesen.
Der Verurteilte nimmt das Urteil ohne sichtliche Regung entgegen. Gleichmütig hört er, was der Richter verliest.
Die Angehörigen der fünf Opfer sind erleichtert. »Es ist eine Genugtuung und gibt ihnen eine gewisse Klarheit«, äußert einer der Nebenklageanwälte gegenüber der Presse, »[a]n dem unglaublichen Schmerz ändert das Urteil jedoch nichts. Von dem kann sie keiner erlösen.«
Der Verteidiger will sich mit dem Urteil nicht abfinden. »Mein Mandant war bereits vor dem Prozess verurteilt«, sagt er den anwesenden Journalisten, so als hätte er die Anmerkungen des Richters zu seiner Mediensucht gar nicht gehört.
Der Anwalt will, das erklärt
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