Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
Kameras vorbei unbemerkt ins Gerichtsgebäude und wieder heraus gelangen könne.
Nun soll die Zeugin über intime Details ihres Zusammenlebens mit L. befragt werden. Die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen.
Zu einer Vernehmung von L.s Mutter, die an jenem Donnerstag im November ebenfalls geladen ist, kommt es nicht mehr – die Zeit ist zu weit fortgeschritten.
3. Prozesstag: 5. Dezember 2005
Ein windiger Montagmorgen im Dezember. Die Temperatur liegt bei fünf Grad über Null. Um 9:00 Uhr wird im Schwurgerichtssaal des Zwickauer Landgerichts das Verfahren gegen Mario L. fortgesetzt.
Am Vormittag ist zuerst die Mutter von L.s Lebensgefährtin Kathrin geladen. Sie beschreibt die Beziehung des Angeklagten zur Tochter und den Enkelkindern. Alles sei »ganz normal« gewesen, ihre Tochter, L. und die Kinder seien freundlich miteinander umgegangen. L. sei ein »liebevoller« und »aufmerksamer« Vater. Wenn es doch ab und zu Ärger gegeben habe, zum Beispiel wegen der Finanzen oder der Erziehung der Kinder, habe L. sich nicht lautstark gestritten, sondern sich zurückgezogen. Das muss wohl, laut Aussagen der Zeugin, seine bevorzugte Reaktion gewesen sein: Immer, wenn es Stress gab, machte L. die Schotten dicht und war dann nicht ansprechbar.
Nach all diesen Zeugen wird die Mutter des getöteten Kindes gehört. Mutter und Vater Aylas treten – vertreten durch ihre jeweiligen Rechtsanwälte – beide als Nebenkläger auf.
Sandy S. berichtet dem Gericht vom Morgen des 17. Mai. Sie erzählt, wie sie ihre kleine Tochter geweckt hat und sie nach dem Anziehen gemeinsam gefrühstückt haben. Dabei besprechen sie Dinge, die an diesem Tag in der Schule zu erledigen sind. Nachdem Ayla noch einmal im Bad gewesen ist, macht sie sich auf den Weg. Die Mutter schaut ihr kurz aus dem Fenster nach und kümmert sich dann um das Baby, das weint. Sie wundert sich nur kurz über das Auto, das eilig aus der Hofeinfahrt fährt.
Nach ungefähr 40 Minuten stellt Aylas Mutter fest, dass ihre Tochter die Turnschuhe vergessen hat. Sie macht sich auf den Weg, ihr diese in die Schule zu bringen…
Den Angeklagten Mario L., den Mörder ihrer Tochter, kennt Aylas Mutter von den Besuchen ihrer Schulfreundin. Er habe sich jedoch immer im Hintergrund gehalten, sei sehr still gewesen. Ihre Tochter habe ihn »komisch« gefunden.
Am Nachmittag des 5. Dezembers spricht ein Facharzt des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Leipzig. Er hat das getötete Kind obduziert. Vor Gericht erläutert er die Ergebnisse der Sektion. Es geht der Anklage darum, festzustellen, welche Verletzungen L. dem kleinen Mädchen zugefügt hat und woran es gestorben ist.
Medieninformation des Landgerichtes Zwickau
vom 5. Dezember 2005:
Am Nachmittag stellte der Gerichtsmediziner […] vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig das Sektionsgutachten vor. […] Danach hat der Täter das Kind gedrosselt und ihm anschließend zwei tiefe Schnitte im Halsbereich zugefügt, die den Tod durch Verbluten verursachten. Das Kind wurde zudem zu Lebzeiten durch Schnitte und Stichverletzungen im Bereich der Scheide und der Genitalien erheblich verletzt. Außerdem wies die Leiche weitere Schnitt- und Stichverletzungen auf, die postmortal erfolgt sein müssen […].
Ayla hat ihr eigenes Blut eingeatmet. Das heißt, sie lebte noch, als ihr die Schnittwunden im Halsbereich zugefügt wurden.
4. Prozesstag: 6. Dezember 2005
Der Morgen des 6. Dezembers ist kalt, nachts waren um die null Grad. Es ist ein trüber regnerischer Tag.
Am Vormittag sind zwei weitere Sachverständige vom Institut für Rechtsmedizin der Universität Leipzig geladen. Sie haben die gefundenen DNA-Spuren am Körper des Angeklagten und des Kindes analysiert.
Medieninformation des Landgerichtes Zwickau
vom 6. Dezember 2005:
Der Gerichtsmediziner […] erläuterte, dass sich an den Proben, welche aus der Scheide und dem After des getöteten Kindes entnommen wurden, Spermien fanden, welche mit 99,9999 % Wahrscheinlichkeit vom Angeklagten stammen. Ungeklärt blieb jedoch die Frage, zu welchem Zeitpunkt diese dorthin gelangt sind.
Der Diplom-Biologe […] gab anschließend die Ergebnisse der Untersuchungen des sonstigen Spurenmaterials bekannt. Bedeutsam waren seine Feststellungen, dass sich sowohl am Zwickel des Slips des Angeklagten, auf dem Abstrichmaterial von seinem Genitalbereich als auch an dem Multifunktionswerkzeug DNA-Material des Kindes fand.
L. gibt mehrfach zu Protokoll, dass er sich an
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