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Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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Kamera. »Du bist hilflos und dann ist dein Leben praktisch zusehens zerfallen. Das war für mich eine Katastrophe.« Er schüttelt dabei den Kopf, gestikuliert, atmet schwer. »Das ist schlimm«, fügt er noch hinzu und schaut nach unten. Dann schlägt er die linke Hand vor die Augen, schüttelt erneut den Kopf, steht dann auf und verschwindet auf der Toilette. Anke S. bleibt mit betretenem Gesichtsausdruck am Tisch zurück.
    Glaubt der Mann, was er da von sich gibt? Seine Frau jedenfalls scheint ihm zu glauben. Sie kämpft mit den Tränen, sagt: »Das kann ich nicht einfach so aufgeben.« Was meint sie damit? Ihren Mann? Den Glauben an seine Unschuld?
    In der nächsten Szene sehen wir Anke S. auf einer Nebenstraße vor einem Haus aus roten Ziegelsteinen stehen. Der Kommentator erklärt, dass sie zum ersten Mal wieder an jenen Ort zurückgekehrt ist, an dem sich ihr ganzes Leben veränderte. In dem Reihenhaus, vor dem sie jetzt steht, lebte Anke S. bis zur Verhaftung ihres Mannes im August 2007. Großaufnahme auf das Gesicht. Der Wind bläst das fadendünne Haar der Frau durcheinander. Ahnungslos sei sie von einem Arzttermin gekommen, an jenem 16. August, erzählt sie. Da seien »die« schon »fleißig am Durchsuchen« gewesen.
    Beim Lesen des Durchsuchungsbefehls sei für sie eine Welt zusammengebrochen. Es sei ihr ein »unangenehmer Gedanke, das Zuhause mit einem Serienmörder in Verbindung zu bringen«, äußert die 44-Jährige. Heute habe sie das Gefühl, sie sei »nirgendwo mehr zu Hause«. Traurige Musik wird eingespielt. Anke S. wendet sich ab und geht davon.
    Dann sehen wir das jetzige Zuhause der Frau. Nach der Festnahme ihres Mannes ist sie mit ihrer Mutter und dem Sohn umgezogen, weil sie sich das Haus nicht mehr leisten konnte.
    Anke S. sitzt mit ihrer Mutter auf der Wohnzimmercouch. Die beiden Frauen betrachten ein Album. Ein Foto von Egidius und Anke aus früheren Tagen wird eingeblendet und die Mutter kommentiert es mit: »Wer die Bilder sieht, glaubt bestimmt nicht, dass der ein Mörder ist. Da kann man sich dat nich vorstellen.«
    »Ich kann es mir bis heute nicht vorstellen«, antwortet ihr die Tochter.
    »Man hat eine andere Vorstellung von dem, wie so jemand sein muss«, erklärt Anke S. anschließend dem Interviewer. »Dass der vorher schon innerhalb der Familie Gewalt ausübt, dass der einfach ein gewalttätiger Mensch ist. Und das war mein Mann überhaupt nicht.«
    Auf einem kleinen Spielplatz sehen wir dann, wie Anke S. mit einem Jungen wippt. Das Gesicht des Kindes ist verfremdet. Die Verhaftung des eigenen Vaters sei ein großer Schock für den heute Elfjährigen gewesen, hören wir. »Der« sei wie versteinert gewesen, fügt die Mutter hinzu, habe keinerlei Emotionen gezeigt und es habe über ein Dreivierteljahr und Therapien gebraucht, bis »der« sich geöffnet habe. Noch immer werde er ausgegrenzt, geschlagen, gemobbt. Auch seine Mutter wird gemieden.
    Und doch will die Frau bis heute nicht glauben, dass der Versicherungsmakler, in den sie sich damals verliebt hat – »Er war meine große Liebe« – ein Vergewaltiger und Serienmörder sein soll. Ihrer Mutter dagegen, so der Sprecher, war Egidius schon immer suspekt. »Er konnte sehr hilfsbereit sein. Aber er konnte auch sehr eklig sein«, sagt diese, während sie den Betrachter über den Rand ihrer Brille hinweg ansieht. »Den Blick hier –« sie zeigt auf ein Foto »das ist das, was ich an dem so gehasst hab.« Anke S. hat davon »nichts bemerkt«.
    »Haben Sie ihm so etwas zugetraut?« fragt der Interviewer Egidius S.’ Schwiegermutter. Sie überlegt kurz, nickt dann. Die Kette an ihren Brillenbügeln wippt heftig. »Ja.«
    Sie nickt noch einige Sekunden weiter. Am Tag der Verhaftung ihres Schwiegersohnes hat die 77-Jährige einen Herzinfarkt erlitten.
    In dem Film trifft sich Anke S. dann mit Stephan Harbort. Für den Kriminalkommissar und Fallanaylytiker, der sich lange mit dem Fall beschäftigt hat, sei eindeutig erwiesen, dass Egidius S. die fünf Frauen ermordet hat, erklärt der Kommentator. Heute will Harbort Frau S. überzeugen, dass ihr Mann die Morde tatsächlich begangen hat.
    Anke S. und der Fallanalytiker sitzen im Wohnzimmer auf plüschigen Stühlen.
    Harbort erklärt der Frau in dem nun folgenden Filmabschnitt, dass ihr Mann in dem ausgedruckten Geständnis handschriftlich Dinge ergänzt habe, die nur jemand wissen konnte, der die Taten begangen hat; Dinge, die nicht einmal die Vernehmungsbeamten wussten.
    Anke S.

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