Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)
im Prozess noch eine bedeutsame Rolle spielen.
Broichweiden ist ein Stadtteil von Würselen, einem Ort mit knapp 40000 Einwohnern, der direkt an Aachen grenzt. Von Herzogenrath, wo Andrea W. die Diskothek verließ, um nach Hause zu trampen, bis nach Broichweiden sind es etwa acht Kilometer – weit ist der Täter nicht mit seinem Opfer gefahren. Die Gegend ist ländlich-vorstädtisch geprägt, viel Grün, zahlreiche kleinere Felder mit verschiedenen Kulturen, Einfamilienhäuser, Gehöfte, Kirche und Schule. Andreas Mörder muss sie auf dem Heimweg von der Disko am Straßenrand aufgegabelt haben. Später hat er die Leiche einfach auf einem Feldweg aus dem Wagen geworfen.
Der Glasermeister Hermann B. aus Merkstein gerät ins Visier der Polizei. Er wird vernommen, es gibt jedoch zu dem Zeitpunkt keine Beweise dafür, dass er die Tat begangen hat.
Drei: August 1984
Ende August ist es schon relativ kühl in Deutschland. Noch eine Woche vorher erreichen die Temperaturen mittags fast 30 Grad, aber bald darauf fallen sie rapide und in der letzten Augustwoche des Jahres 1984 beträgt die Höchsttemperatur nur noch 20 Grad.
Angelika S. ist 17 und geht auf eine Fachoberschule für Grafik und Design. Sie wohnt in Wegberg, das zum Kreis Heinsberg gehört, im Stadtteil Isengraben. Wegberg hat 30000 Einwohner und ist etwa fünf Kilometer von Erkelenz und reichlich 50 Kilometer von Aachen entfernt.
Am 31. August 1984, es ist ein Freitag, besucht Angelika gemeinsam mit ihrer Freundin die Diskothek Rockfabrik in der Borsigstraße in Übach-Palenberg. Bereits seit den frühen 80ern ist die Rockfabrik ein Treffpunkt für junge Leute aus dem Gebiet nördlich von Aachen. Angelika und ihre Freundin fahren per Anhalter nach Übach-Palenberg. Den Heimweg allerdings treten sie nicht gemeinsam an. Angelika kommt nie zu Hause an.
Am Sonntag, dem 2. September, wird ihre Leiche von einer Familie gefunden, die Brombeeren pflücken will – in einem Waldstück bei Süggerath, drei Kilometer von Geilenkirchen entfernt – nur mit BH und Strümpfen bekleidet. Angelika S. wurde vergewaltigt und dann erdrosselt.
Am 12. April 1985 berichtet die Fernsehsendung Aktenzeichen XY ungelöst über den Mord. Eduard Zimmermann moderiert den sechsten Fall dieser Sendung so an:
»Es gibt kaum ein Thema, über das wir in dieser Sendereihe so oft sprechen müssen, wie über das Fahren per Anhalter. Wir wissen natürlich, dass wir uns jedes Mal, wenn wir es tun, bei jungen Leuten, die trampen, unbeliebt machen. Dennoch halten wir es für richtig, auf die Gefahren, die mit der Anhalterei verbunden sind, immer wieder aufmerksam zu machen. Noch zumal es in erster Linie darum geht, jene Leute zu ermitteln, die das Trampen nun einmal so gefährlich machen.«
Das Verbrechen, das in dieser Folge von Aktenzeichen XY ungelöst gezeigt wird, ist seit einem Dreivierteljahr ungeklärt.
Im nun folgenden Filmbeitrag sieht man, wie eine Frau – es ist die Mutter des späteren Opfers – an einer Haustür ein Päckchen entgegennimmt. Die beiden Töchter der Familie haben sich bei einer kleinen Firma neue Anoraks bestellt, die eigens für sie angefertigt wurden. Der Bruder findet, die Jacke mache seine Schwester Angelika zu einer »Fledermaus«.
Danach wird gezeigt, wie sich Angelika am 31. August 1984 mit ihrer Freundin Margit, die im benachbarten Erkelenz wohnt, zu einem Diskobesuch verabredet. Kurz nach 20 Uhr wollen sich die beiden am Bahnhof treffen.
Man sieht die Schauspielerin, die die junge Angelika S. darstellt, mit dem Rad durch eine Einkaufszone fahren, bevor sie ihre Freundin trifft. Angelika nimmt von ihrer Wohnung bis nach Erkelenz zum Bahnhof fast immer das Fahrrad. Die zwei wollen nach Boscheln, das zu Übach-Palenberg gehört, einem kleinen Ort zwischen Aachen und Geilenkirchen, in die Diskothek. Außerhalb des Berufsverkehrs ist es fast unmöglich, mit öffentlichen Verkehrsmitteln an die gewünschten Orte zu gelangen und mit dem Rad ist es zu weit. Junge Leute suchen sich in dieser Zeit gern eine Mitfahrgelegenheit.
In der Szene am Bahnhof sieht man, wie die beiden jungen Frauen sich über das Trampen, und dass ihre Eltern dagegen sind, unterhalten. »Aber das ist Blödsinn. Wir passen da schon auf«, so der einhellige Tenor. Im Anschluss wird gezeigt, wie Angelika S. mit ihrer Freundin an einer Straße steht. Die beiden Mädchen warten nicht nebeneinander am Straßenrand, sondern versuchen an zwei verschiedenen Stellen, jedoch in Sichtweite
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