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Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Dem Leben entrissen: Aktuelle authentische Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Puhlfürst
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S. verschwindet in dem Gebäude. Einmal im Monat besucht sie ihren Mann im Gefängnis – seit drei Jahren. Die Frau im roten Pullover spricht nun in die Kamera. Sie sei sehr aufgeregt, weil sie ihren Mann so lange nicht gesehen habe, freue sich aber, ihn zu sehen. Dabei lächelt sie.
    »Ich liebe einen Mörder!« heißt die Dokumentation. Hohe Mauern, Stacheldrahtrollen, vergitterte Fenster, Überwachungskameras überall.
    Der Film beginnt mit einer Rückblende. Ein untersetzter Mann mit grauem Bart und ebenso grauem Pullover wird gezeigt, wie er sich in einem Gerichtssaal neben einen Anwalt setzt. Es ist der 19. August 2008.
    Der Sprecher erklärt den Zuschauern, dass es sich bei dem Mann um Egidius S. handelt, der in den 80er Jahren als »Anhalter-Mörder« von Aachen Schlagzeilen machte. Er nennt auch hier den vollen Namen des Mörders. Kurz werden die Verbrechen erläutert, die Egidius S. zur Last gelegt werden. Egidius S. ist der »Würger von Aachen«. Er wurde 2008 rechtskräftig verurteilt. Egidius S. hat fünf Frauen umgebracht.
    Dann sehen wir wieder Anke S. Sie steht an der Pforte des Gefängnisses und gibt Ausweis und Handy ab. Danach setzt sie sich im Eingangsbereich auf eine Sitzgruppe. Wir hören, dass Anke S. ihren Mann erst 1995, also nach den Taten, kennengelernt hat. Sie haben ein gemeinsames Kind. »Für mich reichen die Beweise, dass er schuldig ist, nicht aus«, sagt sie in die Kamera.
    Dann wird die Zelle gezeigt, in der ihr Mann 20 Stunden am Tag sitzt. Ein schmaler Raum mit einem Bett; Regale, an der Wand ein paar Kleiderhaken, die Nasszelle ohne Tür. Egidius S. sitzt auf dem Bett. Er trägt einen orangefarbenen Pullunder, sein Bart ist sauber gestutzt, die Haare kurz. Er raucht eine Zigarette. Über dem Heizkörper hängen Handtücher.
    S. erzählt nun von den »schönen Momente[n] mit seiner Familie«, »Situationen wo man viel gelacht hat.« Und dass das die Dinge seien, die er »im Kopfe« brauche, um sich »aufzurichten«. In einer Nahaufnahme sieht man die geplatzten Äderchen auf seiner Nase. Das Gesicht wirkt fettig. In der eingeblendeten Unterzeile steht: »Egidius S. behauptet: Ich wurde zum Geständnis gezwungen.«
    Er schaut den Interviewer kurz an, sein Blick ist unstet. Es sei »nicht einfach, hier drinne eingesperrt zu sein«.
    Ein Beamter kommt herein, holt S. für den Besuch ab.
    Die Frau, der Sohn und die Eltern seien die einzige Verbindung des Mannes nach draußen, sagt der Kommentator. Freunde und Bekannte gäbe es nicht mehr. Egidius S. beteuert, dass er sehr froh sei, dass seine Frau weiterhin zu ihm stehe. Dann sieht man ihn mit einer Klappkiste, wie sie zum Einkaufen benutzt wird, über einen Gang laufen. S. trifft sich mit seiner Frau in einer »Langzeitbesuchszelle«, in der Gefangene drei Stunden ohne Aufsicht miteinander verbringen dürfen; jedoch müssen die Gefangenen vorab eine »Eignungsprüfung« für die Benutzung absolvieren. Wie diese aussieht, erzählt der Sprecher nicht. Die »Langzeitbesuchszelle« ist mit einer Küchenzeile, einer Sitzecke und einer schwarzen Couch ausgestattet. An der Wand hängt ein einziges Bild.
    Egidius S. packt die Kiste aus – Kekse, löslicher Kaffee, Süßstoff, ein Karton Saft. Er hat Schweißperlen auf der Stirn, schnauft.
    Anke S. passiert inzwischen diverse Sicherheitsschleusen und wird kontrolliert. Die Prozedur – an die sie sich nach eigenem Bekunden »nicht gewöhnen kann«, weil sie dabei von einer Beamtin »angefasst« wird, gleicht den Kontrollen auf einem Flughafen.
    Dann endlich darf sie zu ihrem Mann. Egidius S. steht in der Tür der Besuchszelle, sie läuft schneller, lächelt verlegen, ein schneller Seitenblick zur Kamera. Er zieht sie an sich, in den Raum hinein, küsst und umarmt sie. Es könnte eine ganz normale Begegnung zwischen zwei Eheleuten sein, die sich einen Monat lang nicht gesehen haben – wären da nicht der nüchterne Raum und die Beamten auf dem Gang.
    S. fragt, wie es dem Sohn gehe. Seine Frau Anke wünscht sich, dass man ihr auch ab und zu mal wieder »etwas abnimmt«, sie sich nicht allein mit den »Ärgernissen rumquälen« muss. Dabei hält sie die Hand ihres Mannes. Er nickt. Während die beiden Kaffee trinken, schildert der Kommentator den Zuschauern die Taten des Egidius S., erklärt, dass auch die Revision abgelehnt wurde, sich der 54-Jährige jedoch noch immer für ein Justizopfer hält.
    »Du weiß genau, du bist unschuldig und kannst nichts dagegen tun«, sagt Egidius S. in die

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